Blut klebt am Karlspreis
schon mit dem Kommissar über seinen Verdacht geredet habe, aber ebenfalls eine Abfuhr einstecken musste. „Der wollte vielmehr von mir Ross und Reiter wissen, woher meine angeblichen Kenntnisse von einem Attentat in Aachen stammen. Das sei eine abstruse Annahme, hat Böhnke mir gesagt.“
„Er hat ja Recht“, unterstützte ich den Kommissar. „Ein Attentat wird es nicht allein deswegen geben, nur weil Sie es sich einreden.“
„Was soll ich denn machen?“
„Nichts, lassen Sie die Finger von ungelegten Eiern.“ Insgeheim atmete ich auf, dass sich der Schreiberling offenbar so schnell ausschalten ließ. Vielleicht stimmte ja seine Vermutung sogar, aber das brauchte ich ihm nicht zu sagen.
Der Journalist blieb lange stumm.
„Ich habe etwas für Sie, falls Sie daran interessiert sind“, fuhr ich fort. „Ich kann Ihnen den heißen Tipp geben, heute um zwanzig Uhr an der Monheimsallee zu sein.“
„Was soll ich da?“ Der Schreiberling hörte sich lustlos und enttäuscht an.
„Was wohl? Mit den Studenten und mir reden. Die Hausbesetzer dürften heute als Gemeinschaft vom Amtsgericht die Durchschrift eines Schreibens bekommen haben, in dem die Räumung angeordnet worden ist.“ Mit der Bitte, mich nicht als Informanten zu verraten, beendete ich das Telefonat.
Ich hastete zum Adalbertsteinweg und kam einige Minuten zu spät. Sabine hatte bereits geduscht und stand in der Küche am Herd.
Pünktlich kam ich an der Rezeption im Quellenhof an. Misstrauisch wurde ich vom Türsteher und auch vom Personal hinter dem Tresen beäugt. Mit Jeans und Sweatshirt war ich trotz der inzwischen gelockerten Kleiderordnung immer noch nicht angemessen gekleidet, schienen sie mir sagen zu wollen. Ich kümmerte mich nicht um ihre Blicke, lungerte mich in einen Sessel und beobachtete den Aufzug. Hoffentlich lässt Brandmann nicht zu lange auf sichwarten, sagte ich mir. Zwei Stunden hatte ich mir als Zeitvorgabe gesetzt, dann wollte ich mich mit Sabine, Do und Dieter in einer Kneipe am Markt treffen.
Zu den soldatischen Eigenschaften schien Pünktlichkeit nicht zu zählen, oder Brandmann hatte sie mit dem Ende seiner Dienstzeit gemeinsam mit der Uniform abgelegt. Jedenfalls ließ er mich fast eine Viertelstunde warten, ehe er endlich kam.
Für eine Entschuldigung hatte er keine Zeit, vielmehr drängte er mich sofort hinaus auf die Straße. „Lassen Sie uns die missliche Angelegenheit über die Bühne bringen. Ich habe keine Lust auf lange Diskussionen.“ Der Quellenhof sei wohl das letzte Hotel, beschwerte er sich, während wir die Monheimsallee überquerten. „Die erwarten tatsächlich von mir, dass ich nicht länger als drei Tage bleibe. Danach sei das Hotel für das Publikum gesperrt.“ Brandmann schnaubte wütend. „Und das alles wegen so einer politischen Scheiße!“
Ob er etwa den internationalen Karlspreis meine, fragte ich vorsichtig.
„Nennen Sie den Quatsch, wie Sie wollen. Für mich ist das ausgemachter Humbug.“ Das sei alles scheinheiliges Gehabe. „In diesem Jahr ist ein Linker an der Reihe, demnächst gibt es wieder einen Rechten, dann folgt irgendein König und wenn niemand zu finden ist, nimmt man einfach ein komplettes Volk.“
Viel hielt Brandmann offensichtlich nicht von der größten europäischen Auszeichnung für politische Leistungen. „Dafür kann ich mir nichts kaufen“, polterte er weiter. „Das ist ein Spielzeug für Politiker und Sie und ich, wir spielen nicht mit. Wir dürfen nur als gaffende Statisten Beifall klatschen.“ Eigentlich sei ihm der Karlspreis einerlei, lenkte er ein. „Aber ich ärgere mich darüber, dass ich deswegen in, meinem Hotelaufenthalt reglementiert werde. Ich habe vorgehabt, in Aachen zu bleiben, bis das Haus geräumt ist und die Bauarbeiten begonnen haben.“ Das könne er sich von der Backe schmieren, sagte er verärgert. „Politiker sind denen in Aachen wichtiger als Leute, die hier Geld investieren“, schimpfte er. „Sämtliche Hotels in Aachen und Umgebung sind bereits jetzt für die Zeit der Karlspreisverleihung komplett belegt.“
Ich hätte meinem Mandanten sicherlich widersprechen können. Aber ich hatte keine Lust dazu, ihn darauf hinzuweisen, dass die Karlspreisverleihung mit einem großen Rahmenprogramm für die Bürger verbunden war. Der pensionierte Soldat hätte garantiert auch diesen Aspekt negativ beurteilt.
Zielstrebig steuerte Brandmann sein Haus an. „Ich habe heute schon eine Ortsbesichtigung
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