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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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Faye.“
    Wieso nur hatte ich soeben das untrügliche Gefühl, Michael zahlte mir meine leichte Ironie mit gleicher Münze heim? Durften Engel das überhaupt? Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken und folgte daher seiner Anweisung ohne weiteres Murren.
    Zunächst erblickte ich etwas Durchsichtiges, leicht Wogendes und von undeutlichen Umrissen Gezeichnetes nur wenige Zentimeter vor mir. Mit konzentriertem Blick nahm ich es genauer in Augenschein und zuckte zusammen, als Michaels Stimme erneut und zudem eine Spur zynischer als vorher erklang: „Das vor dir bin ich, Kind. Schau durch mich hindurch.“
    Hätte er den Begriff ,Dummkopf angefügt, wäre seine Aussage kaum sachdienlicher gewesen, schwang er doch ohnehin bereits in der nicht vorhandenen Luft. Ich verkniff mir einen erstaunten Ausruf, folgte mit dem Blick dem, was sich wie ein ausgestreckter Arm darstellte und machte in einiger Entfernung tatsächlich etwas aus. Es wirkte wie vereinzelte Lichtpunkte, die sich langsam vermehrten und eine Reihe bildeten. Weit von mir entfernt, und doch so nah, dass ich sie erkennen konnte und glaubte, sie auch berühren zu können. Allmählich bildeten sich aus den Lichtpunkten Gestalten, zogen sich in die Länge und breiteten sich aus, fächerten auf, bis sie vereinzelte, deutlich erkennbare Wesen ergaben. Sie wuchsen heran, kamen bewegungslos näher als schwebten sie auf mich zu und strahlten dabei eine solche Liebe und Frieden aus, dass es mir den Atem nahm. „Wer sind sie?“, brachte ich kaum hörbar heraus.
    „Meine Brüder, Kind.“ Ich spürte seine lichte Berührung an meiner rechten Körperseite und wusste intuitiv, dass er mich ansah. Gleichzeitig verstand ich nicht, warum er mir das hier alles zeigte. Welchen Sinn machte es und was genau hatte es mit Darian zu tun? Seine nächsten Worte jedoch gaben mir mehr Antworten, als ich tatsächlich hatte haben wollen. „Sie sind auch seine Brüder, Faye, und es ist jener Ort, den du Heimat nennen würdest.“
    Unwillkürlich fuhr meine Hand zu meinem Hals empor und meine Finger umfassten die Phiole. Zugleich schossen mir einzelne Fragmente dieser unliebsamen Vision durch den Kopf und noch einmal sah ich, wie sich spitze Reißer in weiche, helle Haut bohrten, um ein fließendes, strahlendes Licht in eine teerartig klebrige, tiefschwarze Dunkelheit zu stoßen. Und wieder erschauderte ich.
    „Ich sehe, du weißt, wovon ich spreche“, deutete Michael meine Reaktion.
    Ich nickte geknickt. „Ja, mehr als mir lieb ist.“ Dann sah ich ihn an und hoffte, meinen Blick dorthin zu lenken, wo ich in der durchsichtigen, wabernden Gestalt seine Augen vermutete. „Wird er zurückfinden, Michael?“
    Als hätte ich die denkbar ungünstigste Frage gestellt, spürte ich mich blitzartig schwerer werden. Es knackte unter meinen Füßen und der Nebel löste sich jäh auf. Sogleich erlosch die Helligkeit und ich hatte das Gefühl, als zerfielen um mich herum diverse Spiegel in unzählig viele, aufblitzende Scherben. Dann fühlte es sich an, als würde mir der Halt unter den Füßen entzogen und ich stürzte kopfüber ins Bodenlose.
    Mir entwich ein lautloser Schrei. Ich sah den Boden auf mich zurasen und befürchtete bereits den todbringenden Aufprall, als mich abermals ein fast schwereloser Zustand umfing. Ängstlich kniff ich die Augen zusammen, spürte eine behutsame Festigkeit um mich herum und klammerte mich daran fest. Kurz darauf bemerkte ich festen Boden unter meinen Füßen und öffnete vorsichtig die Augen. Unter mir entdeckte ich den mir bekannten Marmorboden des Petersdoms und meine Erleichterung darüber ließ sich kaum in Worte fassen. Mehrfach atmete ich tief durch, sah auf und direkt in Michaels deutlich erkennbares Antlitz. Alles an ihm war wieder auszumachen. Mund, Augen, dunkelbraunes Haar, klar definiert. Verwundert mustere ich ihn.
    „Ängste und Sorgen beschweren Geist und Seele“, erhielt ich die Antwort auf meine unausgesprochene Frage. „Die Bürde deiner Erinnerungen und Gedanken brachte dich zurück.“
    Erneut nickte ich verstehend und verkniff mir die Bemerkung über einen fehlenden Fahrstuhl. „Ich fragte, ob Darian eines Tages den Weg zurückfinden würde“, erinnerte ich ihn an meine letzte Frage und war insgeheim froh, nicht noch einmal ins Bodenlose abzustürzen.
    „Er befindet sich bereits auf dem Weg“, erwiderte Michael in einer Ruhe, die so gar nicht mit meinen derzeitigen Empfindungen harmonierte.
    Darian war auf dem Weg. Seit wann? Und

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