Blut Licht
nicht vorhanden. Unglaublich!
Ich setzte bereits zu einer entsprechenden Antwort an, als Kahina mir zuvor kam: „Das wird sie, denn sie ist nicht allein.“
„Dein Wort, khahar.“ Magdalena di Angelis langte in die Sakkotasche ihres Kostüms und zog eine kleine Visitenkarte hervor. Mit einem Kugelschreiber schrieb sie auf die Rückseite eine lange Nummer und überreichte diese an Kahina. Dabei sah sie mich ernst an. „Ich vertraue auf das Wort meiner Ordensschwester, Mrs. McNamara. Erweisen Sie sich als würdig.“ Dann erfasste ihr Blick meinen Mann. "Heute Abend gegen 22.00 Uhr endet eine Privatführung. Ich werde am Ausgang des Museums sein, um die Gäste hinauszulassen. Danach befinden sich nur noch ein paar Angestellte der Sicherheitsfirma im Gebäude ...“ Sie ließ den Satz unvollendet ausklingen, doch war jedem von uns augenblicklich klar, worauf sie hinaus wollte.
Darian nickte daher. „Kein Problem. Ich bekomme uns ungesehen hinein und wieder hinaus.“
Sie wirkte sichtlich erleichtert. „Gut, dann sehen wir uns später. Falls doch etwas dazwischen kommt, meine Nummer steht hinten auf der Karte.“
Kapitel zwanzig
„E ntschuldigt mich bitte, ich habe noch etwas zu erledigen“, ließ Darian uns wissen, nachdem wir das Museum verlassen hatten. Er gab mir einen geistesabwesenden Kuss und drehte sich ohne weitere Erklärung um. Kurz darauf war er in der Menge der Regenschirme verschwunden.
Verblüfft sah ich ihm nach, spürte noch einen Moment lang seinen Kuss auf meinen Lippen und versuchte, das dazugehörige Gefühl zu ergründen. Es war kein angenehmes, soviel stand fest. Ich lauschte in mich hinein und fühlte einen unangenehmen Druck in der Magengegend. Nein, es war keineswegs angenehm. Eher besorgniserregend.
„Was hat er vor?“, fragte mein Bruder schließlich, woraufhin ich ahnungslos mit den Schultern zuckte. „Keine Ahnung, aber ich finde es heraus. Unterrichte Dad und Ernestine, sie müssten noch irgendwo im Museum stecken. Wirtreffen uns später im Hotel.“
Ich drückte ihm kurzum die Chipkarte für das Appartement in die Hand und wurde ebenfalls von der beschirmten Menschenmasse wie ein Tropfen im Meer aufgesogen. Als würde ich von einem unsichtbaren Strahl geleitet, zog es mich an der hohen Mauer entlang, die den Vatikan umgab. Ich lief an gut gefüllten Parkplätzen vorbei, umrundete ein riesiges Gebäude und folgte einer breiten Straße. Instinktiv bog ich rechts ab und eilte auf die Piazza Pio XII zu. Dann sah ich auch schon den Petersplatz vor mir, in dessen Mitte ein riesiger Obelisk stand. Übergroß und beeindruckend machtvoll thronte am hinteren Ende der Petersdom.
Wegen des anhaltenden Nieselregens war es nicht ganz so voll wie an sonnigen Tagen. Dennoch waren zahlreiche Touristen unterwegs, die unter dem Schutz ihrer Schirme die zahlreichen auf den barocken Kolonnaden aufgestellten Statuen bewunderten. Lebensgroß und unbewegt blickten seit gut drei Jahrhunderten die 140 steinernen Heiligen von ihrer erhobenen Position auf die Gläubigen nieder und erweckten in so manchem Betrachter ein Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit. Ein Gefühl, das hervorragend in diese getragene, altehrwürdige Umgebung eindrucksvoll mächtiger Bauten passte, und von jeher dazu angelegt schien, Besucher und Gläubige mit ihrer Symbolik zu erdrücken.
Zumindest ging es mir so, als ich auf den riesigen Platz vor die Basilika trat. Blitzartig fühlte ich mich klein, fast winzig, als sollte ich auf das vermutlich notwendige Mindestmaß eines gläubigen Untertanen der heiligen, römisch-katholischen Mutter Kirche schrumpfen. Ein Untertan, eingeschüchtert durch die offensichtliche Pracht und die dadurch hervorgerufene Unterwürfigkeit, wobei mir die Bauten zuriefen: „Krieche, Unwürdige! Beuge dein Haupt in Ehrfurcht, auf dass du die Allmacht dessen erfährst, der hier regiert.“
Und genau in diesem Augenblick reckte ich den Kopf, straffte die Schultern und warf dem gewaltigen Gebäude am Ende des Platzes einen trotzigen Blick zu. Ich ignorierte die Statuen, missachtete den Obelisken und brachte mich lieber unter einem der Säulengänge in Sicherheit vor dem fallenden Nass-obwohl das inzwischen irgendwie unsinnig erschien, denn ich war bis auf die Haut durchnässt.
Soweit es mir möglich war, nutzte ich auf dem Weg zur Basilika den Säulengang. Dann rannte ich die Stufen hinauf, drängte mich ein wenig vor und schlüpfte zusammen mit einem älteren Paar in das Gebäude. Hier war erst
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