Blut Licht
teuflische Telefon weiterhin auf dem Boden lag, sich zudem seiner wiedererweckten, vollkommenen Funktionsfähigkeit erfreute, vereitelte der Fuß meines Bruders erneute Lebenszeichen, indem er es schwungvoll unter sich begrub. Selbstverständlich gab das Material unter dem Absatz seiner robusten Treter nach und zersplitterte abermals.
„Das sollte reichen“, grollte Alistair ungeachtet meiner Fassungslosigkeit.
„Soll ich dir einen Hammer besorgen oder bist du jetzt fertig?“, kommentierte Darian den Vorgang gedehnt.
„Nein, ich glaube, jetzt ist das Horrorteil endgültig tot.“
Dieser Trottel! Ich riss mich zusammen, um ihm nicht augenblicklich den Hals umzudrehen. Dann betrachtete ich das Telefon. Hmm, wenn mein großer, sturer Bruder sich da mal nicht irrte. Was einmal funktioniert hatte, ließ sich vielleicht ein weiteres Mal bewerkstelligen.
Aufmerksam legte ich abermals meine Hand auf das Werk der Zerstörung und lächelte grimmig, als sich das Kunststück der unheimlichen Reparatur in Windeseile wiederholte. Nachdem ich es in einem fast neuwertigen Zustand vom Boden aufgehoben hatte, verpasste ich meinem Bruder ein triumphierendes Lippenspiel.
Kurz darauf zuckte ich verschreckt zusammen. Eine SMS kündigte sich mit einem wütenden Klingelton der Kategorie ,Ich erschreck dich zu Tode’ an und um ein Haar wäre es meinen Fingern entglitten. Rechtzeitig fing ich es ab, öffnete vorsichtig die Textnachricht und las deren Inhalt. Zum eigenen Verständnis las ihn nochmals, kicherte zunächst verhalten, um alsdann in haltloses Gelächter auszubrechen. Es trieb mir die Tränen in die Augen und kostete mich Mühe, mich verständlich zu machen. Atemlos vor Lachen und mit verschleiertem Blick hielt ich meinem verdutzten Bruder das Handy vor die Nase. „Es ist für dich, Bruderherz.“ ,Finger weg, Fellknäuel!’ blinkte ihm in knallroten Lettern eindrucksvoll entgegen.
Er knurrte aus tiefster Kehle das Display übelgelaunt an. „Was ist das für ein Mistding?“
„Der Prototyp eines Smartphones mit eingebautem Charakter“, antwortete ich spöttisch, klickte die Nachricht weg und öffnete abermals die Galerie.
„Und wieso weiß das Teil, dass ich es angefasst habe?“, ließ Alistair nicht locker und erhielt nun von meinem Mann die Antwort: „Es besitzt überaus sensible Sensoren, Schwager.“
„Wenn ihr meint.“ Sein scheeler Blick zeigte deutlich, dass er weder meinem Handy traute noch den Worten meines Mannes. Zudem befürchtete ich eine weitere Attacke, sollte ich es aus der Hand legen.
So ein Schisser! Gefährlichen Pelzmantel an, aber vor einem simplen Handy kuschen. Das passte ja prima zusammen.
Kopfschüttelnd öffnete ich das erste Foto. Dann begutachteten wir gemeinsam die Bilder, wobei einzig ich das Handy berührte, um einzelne Ausschnitte zu vergrößern oder eine weitere Ansicht aufzurufen. Darian hatte Lilianna zwischenzeitlich an Ernestine gereicht und verglich seine Bilder mit den meinen. Schließlich ließ er sich Stift und Zettel reichen und übertrug mit wenigen Strichen die Fotovorlage auf das Papier. Obendrein kopierte er dank der hervorragenden Zoomfunktion sämtliche Randnotizen.
Nachdem ich die Datei geschlossen hatte, bemerkte ich Alistairs skeptischen Blick und steckte das Telefon zu seiner eigenen Sicherheit zurück in die Hosentasche.
„Kann man mit dem Ding auch telefonieren?“, fragte mein Bruder nach einer Weile.
Ahnungslos zuckte ich mit den Schultern. „Ich habe es bisher nicht ausprobiert.“
„Solltest du mal machen“, knurrte er finster, „sonst macht das Ding kaum Sinn. Aber falls es nicht klappt, kannst du es als Waffe anwenden und damit werfen, denn offensichtlich ist es unkaputtbar. Jeder, der es fängt, wird sein blaues Wunder erleben.“
„Ich könnte es in Erwägung ziehen“, gestand ich ein und klopfte ihm gegen den Oberarm. „Du weißt ja am Besten, was dann passiert.“
„Das war ein Tiefschlag, Schwesterherz.“ Alistair schnaufte, blickte sich dann eilig um und senkte die Stimme: „Jetzt aber im Emst: Frag doch mal nach, ob ich auch so ein Ding haben könnte. Persönlich kodiert ist das Teil schon spitze.“
„Ich nehme nicht an, dass es von Erfolg gekrönt sein wird, aber nachfragen kann ich trotzdem ... Wenn ich ihn sehe.“
„Hah!“ Sein triumphierender Ausruf ließ mich zusammenfahren. „Habe ich es mir doch gedacht. Wer ist er?“
„Ein entfernter Bekannter von mir. Jemand aus grauer Vorzeit“, warf Darian
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