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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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anhand ihrer gezierten Gesten überall wiedererkannt. Wie immer war sie topmodisch gekleidet. Weiße Hosen mit goldenen Riemchensandalen, dazu eine bunte Bluse mit flatternd weiten Ärmeln, unter der ein weißes Top zu erkennen war. Dennoch verknotete mir ihr Anblick schon jetzt die Stimmbänder, und ich befürchtete, anfänglich kein Wort an sie richten zu können. Als ich aber den grauhaarigen, etwas dickeren Mann im hellbraunen Anzug neben ihr erblickte, atmete ich erleichtert durch.
    Frederico di Domenico, seines Zeichens Staatsanwalt, war im wahren Leben der charakterfeste Wellenbrecher und ehelich beglaubigter, leidgeprüfter Prellbock der Stimmungsflutwellen meiner Mutter. Seine Anwesenheit beruhigte mich sehr, denn seine Umsicht und stoische Ruhe im Umgang mit meiner Mutter war beinah schon legendär. Ich kannte niemanden, der mit ihr in den Ring stieg und dermaßen unbeeindruckt wieder herauskam, wie dieser Mann. Beeindruckende Leistung.
    „Mein liebes Kind“, hörte ich ihn ausrufen und mit ausgestreckten
    Armen auf mich zueilen. Ehe ich mich versah, landete ich schwungvoll in seinen Armen, wurde kräftig an seine breite Brust gedrückt und schmatzend auf mein Haar geküsst. Dann schob er mich wieder von sich, sah mich mit funkelnden braunen Augen an und seufzte theatralisch: „Mo dio, ragazza. Wie sehr du dich in den letzten Jahren verändert hast. Che bella.“
    „Du hast dich jedenfalls kaum verändert, Frederico“, antwortete ich mit leicht belegter Stimme, trat etwas beiseite und verwies auf meine Begleitung: „Ich gehe davon aus, dass du meinen Ehemann Darian Knight noch nicht kennst. Wenn ich euch einander vorstellen darf?“
    „Ich bin sehr erfreut, Signor Knight.“ Die Männer schüttelten einander die Hände, tauschten mit wenigen Worten belanglose Freundlichkeiten aus und nahmen mich dann in ihre Mitte, um mich zum Tisch und zu meiner, inzwischen auf mich wartenden Mutter zu geleiten.
    Ihr strenger Blick sprach Bände und ich fühlte mich augenblicklich in meine Kinderzeit zurückversetzt. Wie schon damals, während meiner Kinder- und frühen Jugendzeit fühlte ich mich von ihrer Präsenz erdrückt, klein gemacht und selten für voll genommen. Fast erwartete ich, dass mir sofort diverse Pickel sprießen würden und ich wieder diese fürchterlich verhasste Zahnspange trug, die meine Zähne in ein ebenmäßiges Erscheinungsbild pressen sollte. Instinktiv strich ich meine geglätteten Haare noch glatter, ertappte mich dabei und verstrubbelte sie absichtlich. Aufsteigender Trotz ließ mich mein Kinn höher tragen, verdrängte die kindliche Unsicherheit in mir und verlieh meinen Augen einen kriegerischen Ausdruck. Schlagartig war der Knoten in meinem Hals verschwunden und in mir keimte der unstillbare Wunsch, ihr all das an den Kopf zu werfen, was sich im Laufe der Vergangenheit in mir angestaut hatte. Ich wusste, ich würde des Anstands halber schweigen, aber niemals wieder würde ich zulassen, dass sie mich einschüchterte. Das war vorbei. Endgültig. Ich war erwachsen und kein kleines Kind mehr, das um die Liebe und Aufmerksamkeit seiner Mutter buhlte.
    Als hätten die Männer an meiner Seite meine Gedanken als Worte vernommen - wobei ich von einem wusste, dass er dies tat - drückten sie mir synchron aufmunternd die Hände.
    „Warum schickst du deinen Vater zusammen mit deinem Kind voraus, Faye?“ Ihre blauen Augen blitzten mich tadelnd an. „Um der
    Höflichkeit willen hätte ich mehr von dir erwartet.“
    Wie hatte ich sie doch vermisst. Ich erzwang mir ein Lächeln, trat auf sie zu und gab ihr pflichtschuldig einen Kuss auf beide Wangen, wobei ich freundlich antworte: „Es freut mich auch, dich zu sehen, Mutter. Und du hast dich in all den Jahren nicht ein bisschen verändert. Wie schaffst du das nur?“
    „Durch strikte Belehrungsresistenz“, hörte ich Dad hinter mir auf Gälisch nuscheln, blickte kurz zu ihm und erntete ein völlig unschuldiges Gesicht.
    Meine Mutter schien nichts bemerkt zu haben, denn sie legte ihre Hände an meine Wangen und musterte mich gewissenhaft. Dann folgte ihr unverblümtes Urteil: „Du hast zugenommen.“
    „Das bringt ansteigendes Alter sowie eine Schwangerschaft oftmals mit sich. Schließlich bin ich keine zwanzig mehr“, erwiderte ich und befreite mein Gesicht von ihren Händen. „Abgesehen davon gedenke ich gleich noch etwas mehr an Gewicht zuzulegen, indem ich etwas essen werde.“ Dann erwischte ich Darians Ärmel und zog ihn an meine

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