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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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dass ihn die Aussicht darauf etwas entschädigte.
    „Sehr gern.“ Der junge Kellner deutete eine knappe Verbeugung an und entfernte sich.
    „Warum habt ihr mir von eurer Hochzeit eigentlich keine Bilder geschickt?“, fragte meine Mutter derart unverhofft, dass ich vor Schreck kerzengerade saß.
    Ich war froh, dass sie ihr Augenmerk auf Darian gerichtet hielt und mein Schock ihr somit entging. Dad und Alistair war es jedoch keineswegs entgangen und ich spürte unter dem Tisch den Fuß meines Vaters beruhigend gegen mein Bein stupsen. Gleichzeitig mahnte Alistairs Blick mich zu schweigen, während er das Sprechen übernahm. Aalglatt und ohne zu stolpern, brachte er die Worte über seine lächelnden Lippen: „Aber natürlich haben wir dir Bilder zugeschickt, Adriana. Dad hat sie sofort nach der Eheschließung ausgedruckt und per Luftpost durch eine Poststelle in Manhattan abgeschickt. Sag bloß, du hast sie nicht erhalten?“
    „Nein“, gab sie unsicher zurück und sah ihren Mann an, der ahnungslos mit den Schultern zuckte. „Tut mir leid, bella. Ich weiß von keiner Sendung aus den Staaten.“
    „Das ist ja blöd“, murmele Dad, warf Darian einen langen Blick zu und kramte dabei umständlich sein Telefon aus der Hosentasche. „Ich habe eins auf dem Handy. Allerdings nur von Faye, bevor ich sie zum Altar führte. Hier.“
    Während der Kellner mit zwei Karaffen Wein und den gewünschten Bieren zurückkam und uns passend zur jeweiligen Vorspeise die Gläser füllte, suchte Dad das Foto heraus und reichte meiner Mutter anschließend das Telefon. Nie zuvor hatte ich im Gesicht meiner Mutter dermaßen deutliche Regungen ausmachen können, doch als sie das Bild betrachtete, traten ihr tatsächlich Tränen in die Augen. „Mein Gott, wie schön du bist“, flüsterte sie ehrfurchtsvoll, reichte das Telefon an Frederico weiter und sah ihren Exmann bittend an. „Kannst du es mir bitte zusenden, Duncan? Es würde mir sehr viel bedeuten.“
    „Aber sicher mache ich das“, zeigte er sich großzügig. „Schließlich ist sie unsere gemeinsame Tochter.“
    „Die Einzige, die uns geblieben ist“, entgegnete sie mit brüchiger Stimme.
    Flugs reichte ich ihr meine Serviette und betete inständig darum, dass uns eine Tränenflut und dieses unsägliche Thema erspart blieben. Wir hatten es bei unserem letzten Telefonat ausgiebig durchgekaut und ich wollte die wenigen gemeinsamen Stunden dadurch nicht ruiniert wissen.
    Als hätte sie meine Gedanken vernommen, tupfte sie sich die Augen trocken und schaffte sogar ein winziges Lächeln. „Danke, Faye. Es ist schon gut. Wir sollten uns aneinander erfreuen und nicht in Trauer verfallen.“
    Holla. Ein Einsehen? Nein, nicht nur. Es kam sogar noch mehr und tur einen Moment lang überlegte ich ernsthaft, ob ich geschockt oder erfreut sein sollte. Ihre Hand langte über den Tisch hinweg nach meiner und ihr Blick wirkte aufrichtig, als sie leise einräumte: „Ich war ungerecht, Faye. Bitte entschuldige mein Verhalten dir gegenüber. Aber die Trauer, der Verlust um Julie ... Es war nicht richtig, es an dir auszulassen.“
    „Oder an mir“, brummte Dad, zuckte dann unter unseren Augen pflichtbewusst zusammen und ergänzte: „Schon gut, aber wahr ist es trotzdem.“
    „Lass uns die Vergangenheit begraben“, warf Frederico nun ein. „Es ist geschehen und lässt sich nicht ändern. Die Toten sollten ruhen und ihren Frieden finden, die Lebenden sich am Leben erquicken. Ihr seid hier, gesund und wohlauf und habt uns obendrein diese bildhübsche, kleine Enkelin mitgebracht. Mehr können wir nicht verlangen.“ Es war Ernestine, die nun ihr Weinglas erhob und das aussprach, was wir alle fühlten: „Wunderbar gesprochen, Signor Frederico. Darauf sollten wir anstoßen. Auf die Lebenden.“
    Für einen kurzen Augenblick war das leise Klirren der Gläser das einzige Geräusch, das an unserem Tisch erklang.
    Inzwischen hatte sich die Sonne etwas zurückgezogen und der Garten versank allmählich im Schatten der umliegenden Gebäude. Nur auf den höher gelegenen Terrassen waren noch vereinzelte Sonnenstrahlen zu erhaschen, deren Intensität aber auch dort langsam abnahm. Daher war es kaum verwunderlich, dass um uns herum sämtliche Öllampen entzündet wurden, die binnen Kürze die gesamte Kulisse in ein fantasievolles Meer aus malerischer Beleuchtung tauchten.
    Bevor mich die traumhafte Umgebung jedoch gänzlich verstummen lassen konnte, traf die Vorspeise zusammen mit einem kleinen Korb

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