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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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geschnittenen Weißbrots ein. Selbstredend war ich mehr als nur besorgt - und gleichzeitig überaus darauf gespannt - wie sich mein bislang lebensmittelallergischer Gatte aus dieser delikaten Situation, sowie der real anstehenden Gaumenfreude herauswinden würde. Ich muss nicht betonen, dass es mich schier paralysierte, als er eine der Schinkenscheiben zu einer Rolle formte und diese ohne Vorwarnung in seinen Mund beförderte. Gebannt hing mein Blick an seinem kauenden Kiefer, während meine eigene Gabel mit aufgespießtem Meeresgetier untätig darauf wartete, selbst zum Einsatz zu kommen. Desgleichen konnte ich meine Augen nicht von diesem ungewohnten Anblick lösen und beobachtete voller Ehrfurcht, wie seine Kaumuskulatur ihre Arbeit einstellte und kurz darauf sein Adamsapfel hüpfte, um den zerkleinerten Leckerbissen rohrpostgleich in die darunter gelegene Etage zu verfrachten.
    Inbrünstig flehte ich darum, dass der Schinken dort verweilen und nicht den blitzartigen Rückwärtsgang einlegen würde, wodurch jegliche vorher erarbeitete Würde mitsamt ihrem feinsinnigen Habitus unweigerlich zum Teufel ging.
    Mir fiel meine Geistesabwesenheit erst auf, als das Meerestier von meiner Gabel gepflückt wurde und wenig später im Mund meiner Tochter verschwand. Zuerst folgte ein Schock, dann ein beherztes Zugreifen und schon erhielt ich das besabberte Schalentier zusammen mit einem kindlichen Glucksen zurück.
    „Ich denke auch, dass Lilianna es besser mit der Zucchiniblüte nebst Weißbrot statt mit dem gegrillten Meeresbewohner aufnehmen sollte. Möglicherweise könnte sie allergisch reagieren“, kommentierte Ernestine mit lockerer Stimme und einem strengen Blick den Vorfall. Ich pflichtete ihr bei, indem ich ihr zunickte, gleichzeitig das klebri-ge Etwas auf meinem Tellerrand platzierte und meine Hände an der Serviette reinigte. Unterdessen hatte Ernestine die Raubtierfütterung übernommen und meiner Tochter ein Brot gereicht, auf dem sie sogleich begeistert herumlutschte.
    Mein erneuter Versuch der Nahrungsaufnahme fand ein jähes Ende, als Frederico wie nebenbei fragte: „Was machen Sie eigentlich beruflich, Darian?“
    Abermals erstarrte ich mitten in der Bewegung, sah hinüber zu meinem Mann und wartete gespannt auf dessen Auskunft. Wäre die Frage an mich gerichtet worden, würde ich um Worte ringen, denn so genau war es mir, trotz unserer gemeinsamen Zeit nicht klar, was er machte. Stroh zu Gold spinnen, kam als adäquate Antwort wohl ebenso wenig in Betracht wie die Aussage, er könnte seine Kundschaft nicht nur finanziell bis auf den letzten Tropfen aussaugen. Folglich hing nicht nur ich an seinen Lippen, die er sich nun mit der Serviette abtupfte, bevor er antwortete: „In erster Linie führe ich ein international agierendes Unternehmen, das auf branchenunabhängige Unternehmensberatungen spezialisiert ist. Je nach Anforderung bieten wir individuell zugeschnittene Seminare in den Bereichen Logistik, Managementtraining, Ressourcenoptimierung, Produktivitätssteigerung, Kapitalausweitung und mehr an.“ Dann lächelte er meiner Mutter bedauernd zu. „Ich befürchte, ich würde Sie mit den Einzelheiten meiner Tätigkeiten nur langweilen, da es sich dabei hauptsächlich um die Verarbeitung von Daten handelt. So interessant ist es nicht.“
    Ich war begeistert und empfand das Betätigungsfeld meines Holden keineswegs als langweilig. Endlich wähnte ich mich ein wenig informierter. Unbemerkt gelangte die Garnele nun doch in meinen Mundraum und der Automatismus des Kauens setzte ein, während ich weiterhin auf weniger salziges denn eher informatives Futter wartete.
    „Du hast den Antiquitätenhandel vergessen“, warf Dad kauend ein, woraufhin Darian salopp abwinkte. „Das ist lediglich ein Hobby.“ Ich schluckte das Schalentier hinunter und verkniff mir dabei die Erwähnung Darians Exportfirma in Südamerika, die unter anderem mit Tropenholz handelte, soweit ich mich erinnern konnte. Vermutlich wäre es weiterhin in Vergessenheit geblieben, wenn er unsere hilfreiche, italienische Schriftrollenwächterin nicht ausgerechnet in Brasilien in Sicherheit hätte bringen wollen. Na, und der Aktienhandel mit Eusebius war daher reine Formalität und gehörte in diesen Kreisen ohnehin zum guten Ton - wie eine weitere Garnele auf meiner Gabel.
    „Und was ist mit dem Medical Insitut?", hakte mein Bruder indes nach und erntete unter dem Tisch meinen mahnenden Fußtritt.
    „Es ist ein Teil meiner Erbmasse“,

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