Blut Licht
auf meinem Mund. Jäh erwachte ich aus meiner Starre und begann, gehetzt um mich zu schlagen. Unterdessen umspannte ein Schraubstock meine Taille. Gleichzeitig fühlte ich eine feste Schlinge an meinen Beinen, dann wurde ich von den Füßen gerissen. Panisch suchte ich nach Halt und griff nach dem Erstbesten, das ich erwischen konnte. Es war weich.
Den gefluchten Schmerzenslaut vernahm ich nur unterschwellig. Das blonde Haar zwischen meinen Fingern drang da schon gezielter in meinen von Panik umnebelten Verstand.
Ich fühlte den Aufprall durch einen Haufen gestählter Muskeln und intensivem Körperkontakt, wobei ich nicht verhindern konnte, das angewinkelte Knie abermals - aber diesmal immerhin unfreiwillig -schmerzhaft in die empfindliche Leistengegend meines vermeintlichen Angreifers zu rammen.
Oh mein Gott. Stocksteif verharrte ich und wagte keine weitere Bewegung.
„Bist du fertig?“, vernahm ich seine schmerzverzerrte Stimme und fühlte, wie er mich mit sanftem Unwillen von sich schob. „Falls dem so ist, dann wäre ich dir dankbar, wenn du von mir runter gehen würdest.“
„Es tut mit leid“, murmelte ich betreten und kam seiner Bitte nach. Darians Antwort bestand aus einem unverständlichen Murmeln und nachdem er sich aufgesetzt und mit Akribie sein malträtiertes Körperteil abgetastet hatte, blickte er mich missmutig an. „Entweder hat dich etwas dermaßen gefesselt, dass deine Konzentration ausschließlich darauf ausgerichtet war, oder ich muss befürchten, deine mentalen Fähigkeiten sind ein wenig aus der Übung gekommen. Ich habe dich zweimal angesprochen, ehe ich dich umarmte, was in diesem Nahkampf endete.“
Die Überraschung stand mir in das Gesicht geschrieben. Ebenso ein Unbehagen aufgrund meiner Fehlinterpretation seiner Umarmung wegen. Ich räusperte mich verlegen. „Habe ich dich sehr verletzt?“ Er verzog das Gesicht. „Ich hatte zu dieser nächtlichen Zeit körperliche Aktivitäten ohnehin ausgeschlossen, von daher spielt es kaum eine Rolle.“ Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. „Bis zum Arbeitsantritt ist alles wiederhergestellt.“
Ich konnte gerade noch verhindern, ihm einen vorwurfsvollen Schlag gegen den Oberarm zu verpassen. Vermutlich hätte ich ihn sowieso nicht erwischt, denn allein schon bei dem Gedanken daran schlich ein wissendes Lächeln um Darians Mundwinkel. Er beugte sich ein wenig vor, während sein Blick meinen festhielt. Zudem bekam seine Stimme ein Gänsehaut hervorrufendes Timbre: „Es sei denn, geliebtes Weib, du hättest anderes im Sinn und findest Mittel und Möglichkeiten zu einer sofortigen Genesung, die fernab jeglicher Vorstellung von göttlichen Wundem läge...“
Ich schluckte trocken, überlegte fieberhaft und öffnete bereits den Mund zu einer entsprechenden Antwort, als Darian sich abrupt abwandte, auf den Boden sank und unter das Bett langte. Romantik sah anders aus. Insbesondere, da er nun die kleine Kiste hervorzog, die ich unter dem Bett verwahrte.
„Ist es das, was ich denke?“
Ich nickte.
„Dann hast du sie aufgehoben?“ Er blickte mich mit intensiv leuchtenden Augen an.
„Natürlich.“ Behutsam zog ich die Kiste zu mir. „Warum fragst du?“ „Zeig sie mir.“
Ich nahm sie auf den Schoß und klappte den Deckel auf. Eingehend betrachtete er die Rosen. Jene Blumen, die ihm vor einigen Monaten beinahe das Leben gekostet hatten. Mich schauderte in Erinnerung daran. Beunruhigt musterte ich Darian und versuchte seine Gedanken zu ergründen. Warum wollte er sie sehen?
Da blickte er mich wieder an, lächelte - und griff zielstrebig hinein. Mein panischer Aufschrei blieb in meinem Hals stecken, denn die Rosen befanden sich bereits in seinen Händen. Innerlich wartete ich darauf, dass er sich sofort vor Schmerz krümmte, die Rosen ihm die Hände aufrissen und er sie freigab. Doch nichts geschah. Rein gar nichts. Stattdessen betrachtete er in aller Ruhe die Rosen, drehte sie in seinen unversehrten Finger hin und her und roch an den Blüten. Ich blinzelte ungläubig.
„Das dachte ich mir“, hörte ich ihn murmeln und fühlte seinen wissenden Blick auf mir.
„Aber wie ...?“ Meine Stimme versagte. Ich konnte nur die Rosen anstieren und darauf hoffen, dass die Harmlosigkeit der Blumen weiterhin währte.
„Lilith gab mir einen winzigen Teil von sich selbst, als sie mich in New York vor dem Tod bewahrte“, erklärte Darian und legte die Rosen vorsichtig zurück in die Kiste. Dann sah er auf und mir direkt in die Augen.
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