Blut Licht
„Warum sollte mich etwas von ihr schädigen wollen, wenn ich einen Teil davon in mir trage?“
Oh, und wie ich mich daran erinnerte. Den Anblick, wie sie sein Herz in der Hand gehalten und ihr eigenes Blut darauf hatte tropfen lassen, würde ich niemals wieder vergessen können. Und mal ehrlich, trotzdem sie ihn gerettet hatte - auf diese spektakuläre Impfung hätte ich verzichten können, auch wenn sie ihn gegen die übliche Zerstörungswut der Rosen immun machte. Was würde mich in der nächsten Zeit noch alles erwarten? Ich mochte es mir kaum vorstellen.
Konsequent klappte ich den Deckel zu und schob die Kiste zurück unter das Bett. „Gut, dann droht dir von diesen Blumen keine Gefahr mehr. Trotzdem würde ich gern wissen, was das für ein merkwürdiger Kollege vor dem Fenster gewesen ist, der gruseliger kaum hätte sein können.“
Darian wirkte verwundert. „Von welchem Kollegen sprichst du?“ Konnte es möglich sein, dass ihm dieser nächtliche Besucher ent-gangen war? Ich wollte es nicht glauben und wies zur Terrassentür. „Da draußen. Auf der Balustrade.“
„Wann?“ Darian hatte sich erhoben und sah hinaus in die stürmische Nacht.
„Kurz bevor du mich zu Tode erschreckt hast, verpasste mir der Anblick eines gruseligen Geschöpfes auf unserer Terrasse eine Schockstarre“, brummte ich ärgerlich und trat neben ihn. „Genau dort, auf dem Mauersockel hat es gesessen, mich angesehen und sich im nächsten Moment in Luft aufgelöst. Jetzt mach mir nur noch weiß, dass meine Fantasie Purzelbäume geschlagen hat und ich mir das eingebildet habe.“
Sein Blick glitt über mein Gesicht, ehe er nach der Klinke griff und schwungvoll die Tür öffnete. Bevor ich etwas sagen konnte, trat er hinaus in den peitschenden Regen und an die Brüstung. Ich beobachtete, wie er eine Hand über die Umrandung wandern ließ, sie abtastete und den Sockel genauer untersuchte. Dabei hielt er mehrmals die Hand an seine Nase und roch daran. Schließlich richtete er sich auf, starrte eine Weile hinaus in den dunklen Garten und kehrte dann zu mir zurück.
Während er sich das nasse Haar zurückstrich und die Tür hinter sich schloss, drückte seine Miene Unbehagen aus. „Sie hätten gar nicht hier sein dürfen. Ich werde mich darum kümmern.“
„Sie?“, echote ich entsetzt. „Willst du damit andeuten, dass es mehrere gewesen sind?“
„Nicht gewesen. Sie sind, Faye“, geruhte er meinen Schreck zu verstärken. Dabei berührte seine rechte Hand mein Gesicht. „Mach dir darüber keine Gedanken. Ich werde das Nötige veranlassen und danach werden diese Kollegen dich nicht weiter behelligen.“ „Behelligen?“ Gerade noch rechtzeitig bemerkte ich den schrillen Tonfall in meiner Stimme und mäßige mich zu einer ruhigeren und vor allem leiseren Tonart. „Du klingst fast, als würden diese Kollegen lediglich ihre Aufwartung zu einem Teekränzchen machen und nicht ahnungslosen Menschen einen Beinahe-Infarkt verabreichen. Was sind das für Dinger und wo kommen sie her?“
„Du bist einem von ihnen bereits begegnet. Erinnere dich an Thalions Gefangennahme und der Urteilsvollstreckung im Elysium von Naridatha. Erinnere dich an den Wraith. Der, den du gesehen hast, ist einer von ihnen. Doch seine Aufgabe war nicht zerstören, sondern bewachen. Er und die anderen sind zu deinem Schutz hier.“
Fast hätte ich ein zynisches Lachen erklingen lassen. Ich beherbergte Todesalpe im Garten und sollte mich dabei sicher fühlen? Das war blanker Hohn. Ich hatte gesehen, was diese Wesen im eigentlichen Sinn waren. Sie wurden aus den Tiefen der Hölle beschworen und verrichteten auf Befehl ihres Beschwörers umgehend das, was ihrem Innersten entsprach. Durch ihren tief verankerten blanken Hass brachten sie Tod und Verderben und mähten dabei alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Sie machten keinen Unterschied zwischen schuldig und unschuldig.
Allein dem Kleid aus Tausenden von Diamanten hatte ich damals zu verdanken, dass ich wegen seiner blendenden Leuchtkraft nicht ebenfalls zu Wraith-Futter verarbeitet worden war. Mich schauderte. Solche Wesen lungerten die ganze Zeit im Garten herum?
„Bevor du die Fassung verlierst, Faye“, deutete Darian mein Mienenspiel richtig, „lass dir versichern, dass du, sowie jeder andere im Haus niemals gefährdet war.“
Ich wusste, dass Darian mich beruhigen wollte. Mein Blick huschte zum Bett unserer schlafenden Tochter und der Gedanke daran, dass diese Wesen hier waren und sie
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