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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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Transit mit kaputten Fensterhebern und zwangsläufigem Dauerdurchzug. Darian hatte den Wagen, kurz nach dem Verkauf der Kamele, nur durch hartes Verhandeln einem einheimischen Bauern aus den Rippen leiem können. Anhand des erfreuten Verkäufergrinsens vermutete ich, dass der Preis für das Gefährt, im Gegensatz zum Verkauf der Kamele maßlos überteuert gewesen war. Doch das war zweitrangig, solange der Wagen uns Meile für Meile unserem Ziel entgegentrug.
    Nach einem Mal tanken und insgesamt vier Stunden Fahrzeit erreichten wir die Stadt Abadan und es wunderte mich ein wenig, dass Darian dort keine Stippvisite einlegen wollte, um „alten Freunden“ einen kleinen Freundschaftsbesuch abzustatten. Seine Argumentation, nicht auffallen zu wollen, war dann doch stichhaltig genug. Dennoch warf ich jedem Hotel, das wir in der Stadt passierten und das garantiert über ein Bad mit Dusche verfügte, einen sehnsuchtsvollen Blick zu.
    Auf dem Weg in das Grenzgebiet passierten wir eine große Zeltstadt. Graue und grüne Zelte schienen jeden Meter der staubig ausgetrockneten Fläche zu bedecken und man sah Flüchtlinge, soweit das Auge reichte. Wieder einmal traf der Größenwahn einiger Diktatoren die Zivilbevölkerung des Landes. Hauptsächlich Kinder, Alte und Frauen. Doch auch ein paar jüngere Männer waren darunter. Einige waren zu jung für das Leben als Soldat, andere wiederum wiesen Verletzungen auf, die ihnen den Rest ihres Lebens die Gräueltaten des Krieges Vorhalten würden. Es war ein beklemmender Anblick. Er zeigte mir die gesamte Hilflosigkeit auf, mit der die westliche Welt diesem gnadenlosen Unrecht gegenüberstand, selbst wenn ein großes weißes Zelt mit dem Symbol eines medizinischen Hilfswerks aus der Mitte der provisorischen Zeltstadt wie ein zürnendes Mahnmal herausragte. Ich sah so lange durch das Rückfenster, bis die letzten Zelte meinen Blicken entschwunden waren. Dann wandte ich mich dem Weg vor uns zu. Hin und wieder begegneten uns neue Flüchtlinge, beladen mit ihren Habseligkeiten. Manche hatten einen
    Packesel, andere Schubkarren dabei und einige waren mit an Menschen überfüllten und völlig überladenen Fahrzeugen unterwegs. Eine weitere Stunde Fahrzeit verging, dann erreichten wir den Grenzposten. Er war recht einfach gehalten und bestand aus je einem Schlagbaum nebst jeweils vier bewaffneten Soldaten und deren Fahrzeugen auf jeder Seite der Grenze. Zwischen den Schlagbäumen lag das Niemandsland. Dort war ein gut zwanzig Meter langer und etwa zwei Meter breiter Korridor, durch den sich momentan eine weitere Welle von Flüchtlingen auf uns zu bewegte. Da es jeweils nur in eine Richtung voranging, hatte sich auf unserer Seite der Grenze eine nur sehr kleine Schlange von Wartenden gebildet. Genauer gesagt war es ein verrosteter VW-Bus und ein Mann mit einem bepackten Maultier. Anschließend kamen wir an die Reihe.
    Nachdem die Menschentraube aus dem Irak iranischen Boden erreicht hatte, waren wir dran. Erst kam der Bus, dann der Maultiertreiber und schließlich fuhren wir auf den geöffneten Schlagbaum zu. Mein Herz begann aufgeregt zu trommeln, als auf jeder Seite des Wagens plötzlich ein Soldat mit Gewehr im Anschlag auftauchte und der grimmig wirkende Mann auf meiner Seite die Papiere verlangte.
    Was hatte ihre Aufmerksamkeit auf uns gelenkt? Kahina und ich trugen den Tschador und die Männer waren ebenfalls mit der landestypischen Kleidung ausstaffiert. Ich sah hinter mich zur Rückbank und seufzte still. Trotz unserer durchdachten Verkleidung keimte in mir der Verdacht auf, dass ich mit meinem Bruder vielleicht hätte tauschen sollen. Gewiss hätte der Tschador seinem wilden Wikingerabbild ein wenig mehr Unaufdringlichkeit verliehen. Denn er hatte sich mindestens eine Woche lang nicht mehr rasiert und sich auf diese Weise einen rotleuchtenden Vollbart zugelegt. Zudem wirkten seine offenen langen Haare, mit den an den Seiten geflochtenen dünnen Zöpfen auf fremde Augen nicht sonderlich vertrauenserweckend, selbst wenn er sich wie ein Araber ein kariertes Tuch um den Kopf geschlungen hatte. Das satte Grün seiner Augen tat das Übrige. Darians Hand streifte unauffällig meinen Oberschenkel und ich sah ihn aus den Augenwinkeln heraus auf den Soldaten auf meiner Seite weisen. Manipuliere ihn, fingen zeitgleich meine Gedanken auf.
    Das sollte nicht schwer sein. Meine Sorge rieselte von mir ab wie totes Laub von einem Baum. Sogleich setzte ich ein halbseidenes Lächeln auf, legte wie

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