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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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weiteren, in der ich kleine Fleischstücke in einer dunklen Soße ausmachen konnte. Auf einem kleinen Teller daneben lagen dünn geschnittene Zwiebeln.
    „Das ist Khorescht-e Ghorme-Sabsi, ein Fleischgericht auf der Grundlage von roten Bohnen und Gewürzen, wie zum Beispiel Safran und Koriander“, klärte Darian mich auf und fächerte sich genießerisch den Geruch zu. „Hm, wie das duftet. Sind da Limetten drin?“ Da Shekinah ihn unergründlich betrachtete, wiederholte er seine Frage auf Persisch. Sogleich glättete ein strahlendes Lächeln ihre runzeligen Züge. Sie nickte und antwortete. Darian übersetzte für mich: „Da sind getrocknete Limetten drin.“
    Unterdessen kam Sanaz mit einem Krug frischen Wassers herein und stellte diesen ebenfalls auf der Decke ab. Dann holte sie mehrere Tonbecher aus dem Schränkchen und bat mich und Darian, Platz zu nehmen. Es folgte eine kleinere Diskussion zwischen meinem Mann und der Herrin des Hauses, die er nach wenigen Augenblicken anscheinend für sich entschied. Denn, obwohl ihr anzusehen war, dass ihr das, was sie tat, nicht behagte, ließen sie und Sanaz sich ebenfalls vor den Speisen nieder.
    „Die Gastfreundschaft gebietet ihr, zunächst uns zu bewirten, bevor sie selbst etwas isst“, raunte er mir zu. „Doch habe ich sie überreden können, diese Tradition diesmal außer Acht zu lassen.“
    Sanaz hingegen war anzusehen, dass ihr das Arrangement gefiel. Sie strahlte mich an und klopfte einladend neben sich auf den Boden. Natürlich ließ ich mich neben ihr im Schneidersitz nieder. Dann erhielt ich aus ihren Händen einen kleinen Teller und ein Besteck. Puh! Ich hatte schon befürchtet, mit den Fingern essen zu müssen und hinterher wie eine Wildsau auszusehen. Das blieb mir Gottlob erspart.
    In diesem Moment kam Kahina vollkommen bekleidet, jedoch klatschnass und tropfend hereingestürmt, zuckte ob des finsteren Blicks ihrer Großmutter pflichtbewusst zusammen und murmelte etwas Undefinierbares. Dann eilte sie unter deren gestrengen Augen hinaus und die Treppe hinauf. Ich hörte sie in ihrem Zimmer herumfuhrwerken. Derweil erklang von draußen ein näher kommendes, fröhliches Trällern. Beschwingt hüpfte mein Bruder die Stufen hoch, überwand mit zwei Schritten die Terrasse und grinste uns entgegen, wobei er sein nasses Haar mit meinem Tuch trocken rubbelte. Möglicherweise hätte er sich neben seiner knallengen Wildlederhose auch ein Hemd anziehen sollen, denn das Spiel seiner Muskeln unter seiner gebräunten, tätowierten Haut war seit jeher für weibliche Blicke jeden Alters eine echte Herausforderung. Insbesondere für Shekinah, die instinktiv um ihre Enkelinnen fürchtete. Ihr stechender Blick erstickte die fröhliche Gesinnung meines Bruders schlagartig. Er ließ das Handtuch langsam sinken und sah hilfesuchend zu meinem Mann herüber.
    „Sie wünscht zu erfahren, ob du im Ziegenstall ihre Enkelin entehrt hast“, half diesmal Jason ihm auf die Sprünge.
    Alistair schüttelte zäh den Kopf und sah die alte Frau aufrichtig an. „Nein, ich habe ihre Enkelin nicht im Ziegenstall entehrt. Ich achte deine Gastfreundschaft.“ Jason übersetzte. Und fast flüsternd fügte
    Alistair hinzu: „Außerdem war dafür die Zeit zu knapp.“
    Jason unterließ eine weitere Übersetzung und Darian gab den Anschein, als habe er nichts gehört. Ich schloss mich dieser Taktik an und gab vor, mich intensiv mit dem Muster der Decke zu beschäftigen.
    Shekinah musterte meinen Bruder noch einem Moment lang prüfend, ehe sie schließlich nickte. Dann gebot sie ihm, sich uns anzuschließen. Er murmelte etwas von Anziehen und eilte ebenfalls hinaus. Noch vor Kahina kehrte er zurück und quetschte sich zwischen Jason und Darian, wohl darauf bedacht, außerhalb von Shekinas Reichweite zu bleiben.
    Endlich gesellte sich auch Kahina zu uns. Sie hatte sich umgezogen und nur noch ihr nass glänzendes Haar zeugte von ihrem Intermezzo im Stall. Schweigend nahm sie neben ihrer Großmutter Platz und wechselte mit ihr einen langen Blick.
    Dann sah sie uns der Reihe nach fragend an. „Warum greift ihr nicht zu? Soll es kalt werden?“
    Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Mann war das lecker. Ich schwor mir insgeheim, in London umgehend ein persisches Restaurant zu suchen, sobald wir wieder daheim angekommen waren.

Kapitel einundfünfzig
    D ie Auswertung der Fotos auf meinem Handy gestaltete sich als verhältnismäßig einfach. Darian nahm dazu den Chip heraus und las diesen auf

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