Blut Licht
du?“ Er lächelte spitzzahnig und deutete neben sich. „Du wirst nicht glauben, wie beglückt er war, als er durch das Blut des Verräters von deiner weiteren Existenz erfuhr. Er brennt regelrecht darauf, dich wiederzusehen, Dahad.“
„Das kann ich mir lebhaft vorstellen“, murmelte Darian kaum hörbar und fügte danach an sein Gegenüber gewandt hinzu: „Nur zu. Soll ich ihm einen Rollator besorgen, damit er sich dir anschließen kann, oder schafft er es auf allen Vieren kriechend von allein?“ Zuerst entdeckte ich ein kaltes, hellblaues Glimmen. Es wurde intensiver, kam näher und offenbarte sich als zwei glühende Augen, die in einem eingefallenen, kantigen Gesicht unter buschigen Brauen lagen. Uralter, schwelender Zorn ließ sie auf perfide Art erstrahlen und schien sich sogar auf das rote Feuermal auf der bleichen, pergamentartigen Haut in der Mitte seiner Stirn zu übertragen. Jenes Merkzeichen in Form einer gebogenen Sichel, das seine göttlich befohlene Unantastbarkeit symbolisierte. Das Kainsmal.
Er war groß, verdammt groß. Fast auf Augenhöhe mit Darian. Ich schluckte meine Furcht herunter. So riesig hatte ich mir den Kerl nicht vorgestellt und er wirkte noch dominanter als in meinen Erinnerungen. Dennoch fiel mir auf, dass er sich weniger geschmeidig, eher ein wenig ungelenk bewegte. Geschwächt und ausgelaugt durch die Zeit der Abstinenz. Fast noch ein dürres Gerippe ohne Substanz, soweit ich das unter dem lappig grauen, etwas zerschlissenen Umhang erkennen konnte. Doch machte ihn das gleichzeitig ungefährlicher? Trotz seines sichtbar ausgemergelten Zustands benötigte er keinerlei Hilfe. Er stand allein und ohne jegliche Stützte da, und sah meinen Mann dabei an, als ziehe er ihn als seine nächste Nahrungsquelle in Betracht.
„So, ist der alte Sack tatsächlich von den Halbtoten auferstanden“, hörte ich meinen Bruder nuscheln und fuhr überrascht zu ihm herum. Er grinste mich feist an. „Die Dackel sollten nur ablenken und waren keine wirklichen Gegner, Faye. Aber wie ich sehe, hat unterdessen das magersüchtige Grauen bei euch Einzug gehalten.“
„Wie bist du unbemerkt hereingekommen? Bist du durch die Flammen gesprungen?“ „Sicher.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Die sind kalt, Faye. Göttliches Feuer, das nur die bösen Buben verbrennt. Du kannst sogar hören, wie diese Nebelschwaden darin verbrennen.“
Nun nahm auch ich das leise Zischen wahr, das jedes Mal erklang, sobald einer dieser nebelhaften Tentakel der Wand zu nahe kamen. Ein wahrhaft perfekter Schutz. Beruhigter betrachtete ich meinen Bruder eingehender und sog sogleich scharf die Luft ein. „Du bist verletzt.“
„Ach das. Winzige Blessuren, Faye. Kein Grund zur Besorgnis.“ Er wischte sich mit einer Hand das Blut vom Arm und legte eine hässliche Wunde frei, die sich allerdings schon wieder verschloss. „Das ist nichts im Vergleich zu dem, was die Kläffer davongetragen haben.“
Wie überaus tröstlich.
„Dahad“, schnarrte Kains heisere Stimme aus dem vertrockneten Körper. Das Sprechen bereitete ihm sichtlich Mühe, aber der Ausdruck seiner Augen war dafür umso deutlicher. Hasserfüllt, rachsüchtig und lauernd.
„Kain.“ Darian deutete eine dezente Verbeugung an, die eher eine grobe Beleidigung als einen Gruß darstellte.
„Ich hätte dich vernichten sollen, als du noch schwach warst und nur unter ihrem Schutz gedeihen konntest“, krächzte Kain mit eiserner Kontrolle über seine innerlich tobenden Empfindungen, die einzig an seinem Blick abzulesen waren.
„Deine Reue diesbezüglich kommt etwas zu spät, Kain“, entgegnete Darian unberührt und stellte, wie nebenbei das Katana vor sich mit der Spitze auf den Boden. Dabei beschrieb er eine einladende Geste. „Doch wenn es dich befriedigt, kannst du es nachholen. Ich stehe dir gern zur Verfügung.“
„Hast du einen Knall?“, rutschte es mir schockiert heraus.
Darian reagierte nicht darauf und sah weiterhin gelassen seinen alten Widersacher an. Seine Gelassenheit aber war lediglich aufgesetzt, denn das nervöse Zucken seines Wangenmuskels verriet die innere Anspannung.
Meine spontane Bemerkung hatte jedoch einen unangenehmen Nebeneffekt. Kains Aufmerksamkeit war mir nun gewiss. Seine kalten Augen erfassten mich und schlagartig fühlte ich mich von ihnen bis auf meine Seele entblößt. Das anschließende, eisige Lächeln seiner runzeligen Lippen ließ nichts Gutes erahnen.
„Ja. Sie. sie ist es.“ Ich erschauderte, als er
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