Blut muss fließen
Hells Angels neuerdings denselben Rechtsanwalt: Sven Rathjens aus Rostock, der als »Bikerkanzlei« firmiert. Er hat wiederholt Hells Angels vor Gericht vertreten, wirbt mit »weitreichenden Erfahrungen als MC-Charter Anwalt« und verkündete am 26. Juli 2012 bezüglich der Schwarzen Schar im Internet: »Es erfüllt mich mit Stolz, als Anwalt eures Vertrauens auserkoren worden zu sein, und ich danke für das mir entgegengebrachte Vertrauen.«
Wer ist diese Schwarze Schar aus selbst ernannten Onepercentern, an deren Bekanntschaft den berühmt-berüchtigten Hells Angels gelegen ist?
Rückblende und Szenenwechsel: 12. August 2006, mitten in der Wismarer Altstadt. Etwa 150 Antifaschisten demonstrieren vor dem Werwolf-Shop, eine Hand voll Neonazis erwartet den politischen Gegner im Eingangsbereich. Plötzlich greifen die Skinheads nach Baseballschlägern, die sie hinter der Tür bereitgestellt hatten. Mehrere Polizisten ziehen ihre Pistolen, um die gewaltbereiten »Kameraden« in Schach zu halten. So ist es in einem Clip des Videoportals Youtube zu sehen.
Einer der schlagkräftigen jungen Männer war Philip Schlaffer, der Eigentümer des Ladens und heutige Präsident des Rockerclubs Schwarze Schar MC Wismar. Er betrieb damals einen der größten deutschen Nazi-Versände – den H8Store, gesprochen »Hatestore«. Ein Geschäft mit dem Hass. Geboten wurden in den Verkaufsräumen des Werwolf-Shops »T-Hemden« für Sympathisanten der Terrorgruppe Combat 18. Ebenfalls zum Sortiment gehörten CDs, deren Cover und Lieder Straftatbestände erfüllen – in einem Koffer, | 267 | der hinter der Ladentheke versteckt war. Dort stand bei der Eröffnung am 3. Juni 2006 Eigentümer Philip Schlaffer, der dem eigentlichen Verkäufer an der Kasse erklärte, wie er das mit den (illegalen) CDs aus dem Koffer zu regeln hatte: »Das musst du separat machen.« Von diesen Tonträgerverkäufen sollte wohl nicht nur das Finanzamt nichts erfahren .
Anfang des Jahres 2007 kam es für Schlaffer knüppelhageldick: Szeneversände aus ganz Deutschland kritisierten seine Geschäftspraxis und riefen zum Boykott gegen ihn auf. In Internetforen wurde er als »Szene-Jude« gehandelt, weil es ihm bei seinen Geschäften vor allem um den Profit ginge. Außerdem wurde ihm eine Nähe zur Polizei unterstellt, weil er »Kram« (gemeint waren wohl CDs) verkauft hätte, »wofür anderen in der Vergangenheit durch staatliche Repressalien der Laden dichtgemacht wurde, ihre Existenz zerstört wurde und teilweise jahrelange Haftstrafen folgten«. Was hinzukam: Nach der Neujahrsnacht lag in einer Wismarer Neonazi-Wohnung ein Toter. Tatverdächtig waren »Kameraden«, darunter zwei Mitarbeiter von Schlaffers CD- und Bekleidungshandelsimperium, zu dem auch das Tonträger-Label NorthX gehörte.
Den Boykott seines Flaggschiffs H8Store hielt Schlaffer nur wenige Monate durch: Zum 5. April 2007 übergab er die Geschäfte an seinen bisherigen Mitarbeiter Norman Peters. Und der versuchte unter dem Namen Totenkopfversand einen Neustart, indem er sein wachsendes Sortiment an Combat-18-Klamotten bewarb und Klamotten mit dem Zahlencode 28, der für Blood & Honour steht, ins Programm nahm. Und er wollte das »größte legale deutsch-nationale Meinungsforum der Bewegung« schaffen – unter der Adresse: www.combat18.de.
Schlaffer verkündete bei der Firmenübergabe im April 2007: »Wer immer in der Vergangenheit mit seinem Versand aufhörte, kehrte auch der Bewegung den Rücken. Dies wird bei mir nicht geschehen, da die Bewegung und der national-sozialistische Grundgedanke mein Lebensinhalt ist. […] Dem Klub, in dem ich immer noch aktiv bleibe, habt ihr auch ermöglicht, dass hier in Wismar eine Kameradschaft mit Klubhaus geschaffen wurde.«
Rund eineinhalb Jahre später, am 1. Dezember 2008, gründete | 268 | sich sein neuer Club: der Schwarze Schar MC Wismar. Wieder zählt Norman Peters zu Schlaffers Gefolgsleuten. Der hatte bereits im Sommer desselben Jahres den »Neuigkeiten-Rundbrief« (Newsletter) des Totenkopfversandes aufgegeben. Dadurch bekam er Zeit für das Rockerleben. Zeit zum Schießtraining hatte er ebenfalls. Entsprechende Bilder präsentierte er bei Facebook.
Was sagte das Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern zu den Nazis im Rockermilieu, knapp drei Jahre nach der Gründung der Schar im Herbst 2011? »In sehr wenigen Einzelfällen gibt es aufgrund persönlicher Beziehungen Kontakte zwischen Mitgliedern von Rockerclubs und Personen der rechten
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