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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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Black-Metal-Recherchen von 2004 bis 2009 hat dieser Prozess an Eigendynamik gewonnen. Antifaschisten haben darauf mit Öffentlichkeitsarbeit reagiert. In der Folge scheiterten einige Black-Metal-Gigs. Teilweise haben Behörden eingriffen, teilweise haben auch Saaleigentümer die Mietverträge aufgelöst, weil Propagandadelikte zu befürchten waren.
    Die Headbanger mussten von den Skins lernen, ihre Konzerte konspirativ zu organisieren – wie jenes bei der Wurzener Neonazi-Firma Front-Records. Diese hatte Deutschland zum »No Go Area« | 276 | erklärt. So stand es samt der Hooligan-Losung »Sport frei« auf T-Shirts, die der Versand mit angeschlossenem Ladengeschäft passend zu den damaligen Warnungen des Afrika-Rates, des Dachverbandes afrikanischer Vereine und Initiativen, vor der Fußball-Weltmeisterschaft herausbrachte. »No Go Areas« sind Orte, an denen sich dunkelhäutige Menschen in Deutschland nicht sicher fühlen können – die Nazi-Läden dürften dazugehören.
    In solchen Gegenden herrschen ideale Bedingungen, um rassistisches Gedankengut in unpolitische (Musik-)Szenen hineinzutragen. Bands wie »Nachtfalke« haben sich darauf spezialisiert, mit dem Feuer zu spielen. Und das betrifft nicht nur ihre Feuerspucker-Show, die in Wurzen ausfallen musste, weil der Raum zu klein und vor allem zu niedrig war: 12 Meter lang, 6 Meter breit und 2,50 Meter hoch. Nazi-Bezüge wiesen die Musiker übrigens von sich. Beim Calling for Battle II hatten sie das Front-Records-Transparent hinter der Bühne sogar mit ihrem Bandbanner verdeckt. Allerdings zeigte ihre eigene Dekoration ein Keltenkreuz, wie es Neonazis gerne als Symbol verwenden.
    Die Black-Metaller in Ostdeutschland liebten die weißgesichtigen Musiker mit den falkentypisch schwarzen Augenbinden insbesondere für einen Song, den »Nachtfalke« gewöhnlich als Zugabe spielte: Hail Teutonia . Der Titel stammt von der CD Hail Victory Teutonia . Das ist zwar kein Reichs deutsch, aber »Sieg Heil« heißt es trotzdem. Die Fans nutzten das Lied regelmäßig zum Abhitlern. Jedes »Hail« im Refrain wurde mit dem verbotenen Gruß quittiert – so war es auch am 27. Mai 2006.
    »Nachtfalke« waren nicht die einzige Band an diesem Abend, die Nazi-Metaller anlockte. Die Leipziger Band »Kankra« bezeichnete auf ihrer Homepage die Bassgitarre beispielsweise als »Holocaust- Bass«. Ihre Liedtexte waren allenfalls bruchstückartig zu verstehen. Das schützt im Zweifel vor strafrechtlicher Verfolgung, weil der Vorwurf der Volksverhetzung voraussetzt, dass die musikalische Botschaft verständlich ist.
    Beim Opener, der Newcomer-Band »Suicide Solution«, verhielt sich das ähnlich. Eine der Gitarren bediente ein Mitorganisator des Calling for Battle, der als »Zyankali-Carsten« bekannt war. Der | 277 | übergewichtige Scheitelträger streifte für den Auftritt sein Bubi-Image samt seinem T-Shirt ab und bemalte seinen Oberkörper mit blutigem Rot. Zumindest was die kärgliche Bühnenbeleuchtung betraf, von der er das meiste abbekam, mutierte er an diesem Abend zur Lichtgestalt des »Unholy German Black Metal«. Grausam waren Musik und Show gleichermaßen. Der Sänger malträtierte sich, indem er mit einem Beutel voller Glasscherben auf seinen Rücken schlug.
    Welch unheiligen Gesellen es gelungen war, sich die gut 100 Karten des konspirativ organisierten Konzertes zu reservieren, das offenbarten T-Shirts und Aufnäher. Einschlägige Bands wie »Absurd«, »Burzum« und »Ad Hominem« waren mit ihren schnörkeligen bis unleserlichen Schriftzügen vielfach vertreten. »Ad Hominem« ist eine französische NS-Black-Metal-Kapelle, auch wenn sie sich selbst nicht so einordnet – NS steht für nationalsozialistisch. Bekannt wurde sie mit Liedern wie Shoot the Pope und Auschwitz Rules. Bilder mit Leichenhaufen, wie sie aus den Konzentrationslagern der Nazis bekannt sind, nutzte die Band zur Illustration ihrer Homepage. Der Refrain der »Auschwitz-Herrschaft« ist ein Rundumschlag gegen die Weltreligionen: »Auschwitz rules over the torah. Auschwitz rules over the coran. Auschwitz rules over the bible. Auschwitz rules over you bastards.« In der ersten Strophe des Stückes heißt es (übersetzt): »Zusammengepfercht wie Tiere, ihr seid der Abfall aller Existenz, verdammt zur Unwissenheit, ihr werdet verschwinden in Schande und Schmerz.« Zu hören ist das auf einer Scheibe namens Planet ZOG . ZOG steht in der »nazionalen« Verschwörungstheorie für eine zionistische

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