Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
Vom Netzwerk:
Szene. Eine strukturierte Zusammenarbeit beziehungsweise ein aufeinander abgestimmtes Wirken ist nicht bekannt. […] Gemeinsame Aktivitäten zwischen Personen der rechten Szene und Mitgliedern von Rockerclubs zur Erreichung gemeinsamer Ziele sind nicht feststellbar.«
    In Wismar haben nicht nur Mitläufer, sondern auch Drahtzieher der Neonazi-Szene einen Rockerclub gebildet, dessen Mitglieder sich zu ihrer »deutschen Herkunft bekennen«. Die Initialen der Schwarzen Schar, die ihren Namen einem Freikorps aus der Zeit der Napoleonischen Kriege entliehen hat: SS. Dementsprechend lautet der Leitspruch der Mitglieder: SSFI – Schwarze Schar Für Immer! Hinter dem Clubhaus finden sich die Buchstaben in runenartiger Schrift auf Pfählen. Im Schein des Lagerfeuers erinnern die beiden verschnörkelt gestalteten »S« an Hakenkreuze. Auf ihren Lederkutten tragen die Rocker den Namen »Seestadt«. Das war die amtliche Bezeichnung Wismars während der Nazi-Diktatur.
    Noch einmal das Landesinnenministerium: »Rocker-Clubs gehören in Mecklenburg-Vorpommern auch Personen an, welche ehemals der rechten Szene zuzuordnen waren. Diese Personen haben sich in den vergangenen Jahren entsprechend neu ausgerichtet. Kommerzielle Interessen haben die politischen Aktivitäten abgelöst.« Das klingt nach einem groß angelegten Ausstiegsprogramm, das sich Wismarer Neonazis selbst verordnet haben – darunter Neonazis, die seit jeher kommerzielle Interessen verfolgt haben. Unter anderem mit dem Handel von Terror-Fanartikeln für braune Brüder. | 269 |
    Norman Peters, der angeblich neu ausgerichtete Ex-Chef des Totenkopfversandes, postete am 18. Oktober 2011 bei Facebook einen Liedtext der Band »Bloodshed«, die der Brandenburger Verfassungsschutz als rechtsextreme Gruppe führt: »Der Feind bringt uns zum Schweigen, um ungestört zu raffen. Political Correctness ist eine seiner Waffen. Er will an die Macht, er will immer weiter und er hat dafür seine Wegbereiter. Er steht mit feuchten Augen vor der Medienmeute, die uralten Geschichten nutzen ihm bis heute.« Ein Song voller Anspielungen: Neonazis dürften ihn so interpretieren, dass »der Feind« die Juden sind und mit den »uralten Geschichten« der Holocaust gemeint ist.
    Die Liste mit Rockern, die aus dem nationalistischen und fremdenfeindlichen Lager stammen, ließe sich mit Gremium- und Bandidos-Membern fortsetzen. Wie bei den Hooligans kann es in der Bikerszene zu Auseinandersetzungen kommen, bei denen sich Nazis gegenüberstehen – und Ausländer aus ihren Clubs jeweils als »Brüder« an ihrer Seite. Von ihrer Ideologie her ergibt das keinen Sinn. Aber Widersprüche sind Nazis gewohnt, weil sie nach einer irrationalen Weltanschauung leben, geprägt von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Außerdem scheinen sie in deutschen MCs allenfalls mit Südeuropäern zu tun zu haben. Einen Schwarzafrikaner habe ich noch bei keiner Rockerparty gesehen.
    Die vermutlich prominentesten Rechtsrocker sind der ehemalige NPD-Landesvorsitzende aus Schleswig-Holstein, Peter Borchert, und das ehemalige NPD-Bundesvorstandsmitglied Sascha Roßmüller, die beide beim Motorradclub Bandidos anheuerten – Borchert in Neumünster und Roßmüller in Regensburg. Während Borchert (wieder einmal) ins Gefängnis ging, blieb Roßmüller in der NPD aktiv, als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Bayern. Von Berufs wegen geht er einer rockertypischen Beschäftigung nach: Er ist einer von zwei Leitern des Taranis-Sicherheitsdienstes in Rain bei Regensburg.
    Fazit: Rockermilieu und Neonazi-Szene wachsen zusammen, auch wenn Verfassungsschutzämter nur von Einzelfällen oder Aussteigern wissen. Verschlafen die Schlapphüte nach dem Rechtsterrorismus die nächste bedrohliche Entwicklung – die Verschmelzung | 270 | des Rechtsextremismus mit der Organisierten Kriminalität? Der Informationsstand der Bundesregierung lässt das befürchten. Am 5. Juni 2012 hat sie in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage geschrieben:
    »Ausweislich von Informationen, welche als Randerkenntnisse bei der Beobachtung rechtsextremistischer Bestrebungen anfallen, sind lediglich einige wenige, einzelfallbezogene Kontakte von Rechtsextremisten zu Angehörigen von Rockerclubs feststellbar. Dabei handelt es sich überwiegend um persönliche Kontakte, teilweise auch personelle Überschneidungen meist auf lokaler Ebene. Diese betreffen vorzugsweise Verbindungen zum Hells Angels MC, den Bandidos und dem Gremium

Weitere Kostenlose Bücher