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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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Verstummen – um dann dem »Absurd«-Sänger das Mikro zu entreißen und »Schnauze!« hineinzubrüllen. Vier Mal gesungen wurde der Refrain trotzdem, und den Polackentango stimmten die Metaller ebenfalls ungeniert an.
    Wo »Absurd« spielte, war oft auch ein Stand von »Wolfs« Black-Metal-Label Nebelfee-Klangwerke präsent. Die beiden Möbus-Brüder versuchten frühzeitig, ihre Aktivitäten auf eine geschäftsträchtige Basis zu stellen. Während das Label Darker Than Black Records für das Geschwisterpaar mit einer Hausdurchsuchung endete, war Ronald Möbus im zweiten Anlauf mit seiner damaligen Lebensgefährtin Heike Langguth erfolgreicher. Sie gründeten ein kleines Szeneversandimperium mit Mittelalter- und Black-Metal-Devotionalien. Dolche, Trinkhörner und CDs gehörten zum Sortiment. Die Mutter von »Wolfs« Kind erwies sich als Organisationstalent. Sie mischte obendrein beim Germanischen Freyfrauen-Bund mit und betrieb die Solidaritäts-Homepage für Hendrik Möbus.
    Nachdem die junge Frau zur leidenschaftlichen Thai-Boxerin geworden war und mit Ronald Möbus nicht mehr viel außer dem Sohn gemeinsam zu haben schien, zerfiel die »Absurde« Firmenstruktur. Der Drachenhort in Jena, wie der Laden hieß, hat geschlossen. Die Nebelfee-Klangwerke sind – dem Homepage-Eigentümer nach zu urteilen – an neue Besitzer übergegangen. Die Kasse klingelte ab sofort bei anderen. Einige Zeit nach der Freilassung von Hendrik Möbus tauchte Darker Than Black Records jedoch wieder im Internet auf, um erklärtermaßen an die Firmengeschichte aus den 90er Jahren anzuknüpfen. Den »exklusiven Vertrieb« für Darker Than Black Records hat der Berliner Black-Metal-Versand Merchant Of Death übernommen, der unter anderem mit »Absurd«-T-Shirts handelt. Inhaber ist Hendrik Möbus.
    Fanartikel für Nazis boten Händler auch auf unpolitischen Festivals wie dem Ragnarök im fränkischen Lichtenfels an. Das größte heidnische Black-Metal-Event in Deutschland zieht mehrere tausend Metaller, die Wotan oder Odin vergöttern und teilweise die Christen hassen, in die katholische Stadt. Etliche von ihnen ver | 285 | ehren obendrein Bands wie »Absurd«, was auf dem Parkplatz nicht zu überhören war, als ich dort am 8. April 2006 einlief. Hätten die Veranstalter einschlägige Händler aus der Stadthalle verbannt, hätten sie sich im Nachhinein die Zeit sparen können, um sich von der Nazi-Szene zu distanzieren. Zu kaufen gab es Fanbedarf von »Absurd«, »Burzum« und »Magog«, einer weiteren deutschen NS-Black- Metal-Combo, sowie von »Ad Hominem«. Nazis musste man unter selbst ernannten »Germanischen Gotteskriegern« im Publikum nicht lange suchen. Eine junge Frau kam beispielsweise im »Race War«-Shirt daher. Ein junger Mann im »Crew 28«-Hemd bekannte sich zu Blood & Honour. Und sein Kumpel trug ein »Aryan Rebels«- Shirt mit dem Aufdruck »2yt4u«. Too white for you? Naja, vor allem war er zu blau, um sich ohne seine Freundin auf den Beinen halten zu können.
    Ein ähnliches Bild bot sich auf dem Festival Ultima Ratio in Krefeld, das ich am 6. Mai 2006 besucht habe. Shirts von »Ad Hominem« und »Burzum« gehörten ebenso zum Händlersortiment wie CDs von »Magog«. In deren Feuer der Dunkelheit lautet der Refrain: »Wir marschieren in eine neue Zeit, die uns von Juden und Christen befreit.« Die CD mit diesem Titel war damals weder indiziert noch verboten, obwohl sie seit Jahren auf dem Markt war. Wahrscheinlich hatten Ermittler und Jugendschützer das Gekreische nicht verstanden.
    Die als unpolitisch geltenden »Stormwarrior« aus Hamburg hatten es beim Ultima Ratio schwer, obwohl sie sich mit Valhalla gleich zu Beginn zum Germanentum bekannten. Selbst Lieder wie Odin’s Warriors konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nordmänner nur Heavy-Metal machen. Mindestens ein Drittel der elitären Black-Metal-Gemeinde verließ den Saal. Draußen war es schließlich nicht nur sonnig, sondern aus Autoboxen röhrten Songs wie Für Germanien von »Absurd«. Das vermochte das handgemalte Anti-Nazi-Papier am Kassenhäuschen nicht zu verhindern – es überstand nicht einmal den morgendlichen Publikumsansturm. Selbst ein Fan der Neonazi-Band »Spreegeschwader« stellte beim Konzert seine Gesinnung auf einem T-Shirt zur Schau.
    »No Politics in Metal« schreiben manche Konzertveranstalter auf | 286 | ihre Plakate – und meinen, sich dadurch von Neonazis ausreichend abgegrenzt zu haben. Ignoranz, Unwissen und eine

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