Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
Vom Netzwerk:
Weltherrschaft. Zu kaufen gab es die CD beim Calling for Battle in Wurzen.
    Ein Deutschlandauftritt von »Ad Hominem« wurde am 28. Februar 2004 nahe Abbendorf in Sachsen-Anhalt gefeiert. Schleuser hatten von einem Parkplatz aus rund 250 Black-Metaller ins Niemandsland gelotst – in eine Art ehemaligen Landgasthof. Das Publikum skandierte unter anderem: »Hisst die rote Fahne mit dem Hakenkreuz.« Und als die Polizei kam, wurde der Konzertsaal verbarrikadiert, was mir die Filmarbeit erschwerte. Denn ich konnte nicht nach draußen, um zwischendurch meine Technik zu kontrollieren. | 278 | Den Saalschutz übernahmen Skinheads des »Selbstschutz Sachsen-Anhalt« – ihr Kürzel: SS.
    Ein zweites Mal habe ich mir »Ad Hominem« am 4. April 2009 im belgischen Hekelgem angesehen und angehört. Im düsteren Konzertkeller des dortigen Clubs 162 war die Bühne ähnlich hergerichtet wie weiland bei den Auftritten Hitlers: Sie war seitlich von zwei raumhohen Bannern begrenzt, die den einstigen Nazi-Flaggen nachempfunden waren. Statt des Hakenkreuzes prangte eine Triskele im weißen Kreis, umgeben von rotem Tuch. Der Sänger, der sich »Kaiser Wodhanaz« nannte, hatte eine gleichermaßen gestaltete Armbinde über den linken Oberarm gestreift, die an die Führer-Armbinde erinnerte.
    Einer der Roadies an diesem Abend trug stilistisch passend eine SS-Mütze. An den Verkaufsständen fanden sich Black-Metal-CDs und Werke von Skinhead-Bands wie »Endlöser«, »Stahlgewitter« und »Blutstraße«. Auch »Die Braunen Stadtmusikanten« waren als Tonträger vertreten.
    Nicht nur die Bühnenshow wirkte bei diesem Konzert teilweise wie eine schwarze Messe, sondern auch die Art und Weise, wie politische Botschaften vermittelt wurden. »White Power!« Diese Parole hämmerte »Ad Hominem« in einem Song immer und immer wieder in die Köpfe, mit einer Penetranz, wie man sie von gebetsmühlenhaften Gesängen aus Sekten kennt. Genauso: »ZOG is dead, dead, dead!« So sollte wohl das Ende der angeblich zionistischen Weltherrschaft herbeigeschrien werden.
    In einem Szeneinterview erklärte der »Ad Hominem«-Sänger, wie seine Endlösung aussehen würde (übersetzt): »Der totale Völkermord, um die Erde zu reinigen. Das ist die einzige Lösung in meinen Augen.« Und er schilderte, wie »einfach« man im Black-Metal- Milieu berühmt werden könne: »Töte einen Jungen, dann wirst du eingesperrt und ein Star sein.«
    Diese Aussage bezog er auf Hendrik Möbus, der als Gründungsmitglied der Gruppe »Absurd« gilt. Er saß bis 2007 im Gefängnis, weil er mit zwei anderen Bandmitgliedern einen Mitschüler umgebracht hatte. Das Verbrechen, begangen 1993, machte als »Satansmord« Schlagzeilen. Ende der 90er Jahre hätte er wieder auf freiem | 279 | Fuß sein beziehungsweise bleiben können, wenn er nicht einige Wochen nach seiner Haftentlassung mit Hitlergruß auf der Bühne gestanden und »Sieg Heil« geschrien hätte, wie ein Gericht erörterte. Und das während der Bewährungszeit. Der Thüringer Verfassungsschutz stellte in seinem Bericht über das Jahr 1999 fest: »Aus Äußerungen Möbus’ in verschiedenen Interviews lässt sich der Schluss ziehen, dass aus dem früheren Satanisten heute ein Neonazi geworden ist.«
    »Absurd« ist aufgrund dieser Vorgeschichte in der deutschen Black-Metal-Szene das, was »Burzum« international ist: Kult. »Burzum« ist ein Projekt des Norwegers Varg Vikernes. Er wurde 1994 zu einer 21-jährigen Haftstrafe wegen Mordes an einem anderen Musiker und Brandstiftung in mehreren Kirchen verurteilt. Nach 15 Jahren, anno 2009, kam er auf Bewährung frei. Er dürfte der berühmt-berüchtigtste Black-Metaller weltweit sein.
    Aber nicht weit dahinter rangiert Hendrik Möbus. Während seiner Haft profitierte sein älterer Bruder von der satansmörderischen Legendenbildung: Ronald »Wolf« Möbus. Er hatte bei »Absurd« das Mikro übernommen und kämpfte in der Szene darum, als Repräsentant der Band akzeptiert zu werden. Über das Verbrechen von Hendrik sagte er in einer Befragung, die im Dezember 2003 auf der Internetseite des Online-Musikportals HatecoreTK veröffentlicht wurde:
    »Zum Tatzeitpunkt im April 1993 war das Opfer 15 Jahre und die Täter waren 17 Jahre alt, mir ist jetzt also nicht ganz klar, wer in dieser Sache nun das Kind sein soll  … Ich kann die Tat im Nachhinein zwar trotzdem nicht gutheißen, da es ein völlig unnötiger Exzess war, der dort ausgetragene private Zwist hätte sich gewiss auch

Weitere Kostenlose Bücher