Blut muss fließen
gar nicht öffentlich genug stattfinden. Also kämst du mit einem Verein sicher deinem Ziel näher, zu informieren und die Leute zu sensibilisieren.« Ihre Antwort: »Hehe, die Öffentlichkeit | 54 | erreichen, da sagst du was. Ich hatte gestern Post vom Bayerischen Rundfunk. Stell dir vor, die wollen ein Interview über die AFF und deren Arbeit gegen Kinderschänder. Ist das net ein Ding?« Sofort startete sie eine Diskussion im AFF-Forum: »Sollte man Interviews geben oder net?«
Celti sprach mit mir über ihre Zweifel:
»Ich ringe noch mit mir, ob ich das wahrnehmen soll. Live ist das auch net, das wird gedreht. Und ich hab den Verdacht, dass am Ende Dinge rausgeschnitten werden. Dazu kommt noch, dass sie filmen wollen, was wir gegen Kinderschänder tun, das heißt uns bei unserer Arbeit filmen. Also setz ich meine Anonymität aufs Spiel und meine Arbeit noch dazu. Wenn die Pädophilen das sehen, wissen die, wer wir sind in diversen Foren.«
Ich antwortete: »Dass da geschnitten wird, ist – soweit ich das weiß – immer so, also einfach normal.« Meine entsprechende Kompetenz hatte ich Celti signalisiert, indem ich mich schon Monate vorher als Redakteur für Public Relations vorgestellt hatte. Ich erklärte ihr:
»Du hast beim Fernsehen den Vorteil, dass sie dir keine Zitate verhackstückeln und zusammenschneiden können. Wir machen ja vereinzelt Werbefilme für Kunden. Und da ist es so, dass man jeden Schnitt vom Bild her sieht. Folglich kann keiner irgendwo einen Satzanfang hernehmen und ihn mit dem Ende eines anderen Satzes ›zusammenkleben‹, wie das beim Radio noch gehen kann. […] Vom Rausschneiden als solchem würde ich mich daher nicht schrecken lassen. So lange du kein strafbares Zeugs redest, kann dir da eigentlich nichts passieren. […] Aber du solltest in der Tat darauf achten, dass die Pädophilen nachher nicht wissen, wer du in den Foren bist. Sonst machst du dir ja echt viel Arbeit kaputt. Aber da kannst du dir ja einfach für die Aufnahmen einen neuen Forennamen verpassen, den du nachher nie mehr benutzt.«
Und dann machte ich sie vollends auf das Interview scharf: »Ich bin echt noch völlig baff, wie weit du es jetzt schon bringst. Ein Fernsehinterview, das ist schon eine Hammersache. Ich denke, dass andere dafür viele, viele Jahre arbeiten müssen, bis sie mal zu ihrem Thema im Fernsehen was sagen können. Wahnsinn! Aber du hat es verdient!!!« | 55 |
Alsbald kam die nächste Jubelbotschaft von Celti, gepaart mit einer gehörigen Portion Realitätssinn: »Es ist für den Report München , harhar. Ich bin so aufgeregt und hippelig. Entweder ist es ein großer Sprung nach vorn oder das Ende der AFF.« Als der Morgen des Drehtages gekommen war, hatte Celti noch mehr Lampenfieber: »Ich konnte die ganze Nacht net pennen, bin so aufgeregt.« Und ich habe ihr hernach versichert, dass ich ihr »den ganzen Mittag über tapfer Daumen gedrückt« hätte – in Wirklichkeit natürlich der Report -Kollegin, nicht Celti.
Isabell P. verplapperte sich in dem Interview, was ihre politischen Aktivitäten betrifft: »Was heißt politisch? Wir arbeiten da mehr im Untergrund.« Auf die Frage nach ihrer Unterstützung für »Race War« machte sie dicht: »Ich brech’ das jetzt hier ab. Das hat für mich keinen Sinn.« Sie lief weg …
Am Abend berichtete sie mir per E-Mail von ihrem Auftritt: »Ich bin total fertig, stinksauer und auch sonst total am Ende. […] Die machte ein Interview über Frauen in der Bewegung. […] Ich hab’s zu spät bemerkt, also wirst du mich wohl am Montag im Fernsehen sehen. Ich war so blöd.« Sie hatte offenbar die Anfrage der Reporterin nicht genau gelesen. Darin stand: »Ich würde gerne mit Dir mal ein Interview über Deine Gruppe führen.« Isabell P. war wohl zu sehr auf die »Kinderschänder«-Thematik fixiert.
Während die alleinerziehende Mutter um das Wohl deutscher Kinder sehr besorgt war, galt für dunkelhäutige Kinder offenbar das Gegenteil. Im AFF-Forum schrieb Isabell P. in einer Debatte über Patenkinder in Afrika: »Diese Kinder werden nicht alt. Ich würd auch nicht helfen. Und mich ärgert es tierisch, wenn man Weihnachten in den Fernseher kuckt und nur braune Kulleraugen sieht, die betteln. Und solang die Deutschen das noch zahlen und spenden, geht’s denen immer noch zu gut.« Und bezüglich der erwachsenen Afrikaner merkte sie an: »Solange die noch poppen können, da unten, geht’s denen noch zu gut.« | 56 |
Kapitel 4
DIE
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