Blut muss fließen
Jugendliche verteilt werden sollte. Anfang September 2005 gab es | 48 | wegen der Scheibe zwei Hausdurchsuchungen, wie im Wikingerversand-Forum nachzulesen war: »NoSurrender und Beethoven777 bitten daher, nicht mehr per SMS kontaktiert zu werden, da auch die Handys beschlagnahmt wurden.« Betroffen waren demnach die stellvertretende AFF-Führerin und ihr Freund Stefan S., der Sänger von »Act of Violence«.
Nach einem Akt der Gewalt sah auch das AFF-Logo aus, das auf den Tops der »Mädels« prangte, die beim Saga-Konzert Thekendienst leisteten: Es zeigte eine Frau mit emporgerecktem Sturmgewehr. Celti erklärte mir: »Das Militante an dem Logo repräsentiert uns ganz genau, da wir auch teilweise militant arbeiten.« Darüber war natürlich nichts auf der Internetseite zu lesen.
Auch bei der Organisation von Konzerten ging die AFF tendenziell konspirativer vor als die männlich dominierten Kameradschaften. Sie arbeitete teilweise mit persönlichen Einladungen, um so den rechtlichen Status einer privaten Feier vorzutäuschen. Im Unterschied zu einer öffentlichen Veranstaltung ist es im privaten Rahmen nicht strafbar, Hitlergrüße zu zeigen – Propagandadelikte setzen die Öffentlichkeit voraus.
Celti nahm die Konzertvorbereitungen gerne selbst in die Hand. Am Abend des 4. Mai 2004 berichtete sie mir: »Ich hab Wohnungen besorgt für Bands und die AFF, und ne komplette Anlage und ne Kneipe. Ohne Probleme. Ich bin guuuuutt, hehe.« Die fragliche Veranstaltung musste sie tags darauf allerdings absagen, »weil ein Konzert 20 Kilometer von meinem Treffen weg ist«. Bei der Konkurrenzveranstaltung sollte unter anderem die Band »Oidoxie« auftreten – ein Publikumsmagnet in der Szene.
Obwohl mindestens vier Rechtsrockveranstaltungen der AFF über die Bühne gegangen waren, sagte der Vizepräsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Jürgen Doll, Ende des Jahres 2004: »Diese Gruppe ist mir als ein führender Konzertveranstalter nicht bekannt.« Auch von »bundesweiten Aktivitäten dieser Frauengruppierung« wusste er nichts, obwohl die AFF zwischenzeitlich Sektionen in Bayern, Sachsen und Thüringen aufgebaut hatte.
Celtis Ziele waren ehrgeizig. Sie verglich ihre Organisation mit Blood & Honour, dem international operierenden Neonazi-Netz | 49 | werk: »So wie Blood & Honour einen festen Platz in der Bewegung aufweist, so werden wir, die Aktive Frauen Fraktion, auch einen gefestigten Platz in der Bewegung erhalten.«
Nebenher wollte sich die AFF noch als eine Art germanisches Gegenstück zum katholischen Donum Vitae betätigen: »(Schwangere) Mädchen, die dringend Hilfe benötigen, können sich auch an uns wenden. Da wir Mütter unter uns haben, wird es ein Leichtes sein, eine Abtreibung zu verhindern.« Und: »Wir werden nicht zusehen, wie unsere Gene, unser Stolz, unsere Moral, Treue, Disziplin und Pünktlichkeit, all die Eigenschaften eines Deutschen, zu Grunde gerichtet werden durch die Multikulti-Spaßgeneration.«
Die AFF-Skingirls schienen kollektiv unter Verfolgungswahn zu leiden: »Lehrer werden auf Schulen von ihren Schülern bedroht, Jugendbanden machen sich breit und verängstigen ganze Stadtviertel, Deutschland ist hochverschuldet und steckt dem Ausland trotzdem noch das Geld, was nicht mehr da ist, in den Arsch.« Ein Beispiel: »Wenn ein Krankenhaus dem zehnjährigen Achmed aus dem Irak eine Beinoperation spendet, anstatt einem hilfebedürftigem deutschen Mädchen ein paar Impfungen zu gewährleisten, dann ist das keine Gnade für Achmed, sondern eine Schande für das deutsche Volk.«
Die AFF warb mit feministisch klingenden Parolen: »Wir stehen gemeinsam. Vor unseren Kindern. Hinter unseren Männern. Für unser Land. Hast du es satt, als Anhängsel betrachtet zu werden? […] Dann komm zu uns!!!« Und: »Wir freuen uns auf neue kämpferische Frauen, die es leid sind, nur hinter dem Herd zu stehen.«
Diesen emanzipatorischen Ansatz konnte ich durchaus nachvollziehen. Mir war es bis dato unerklärlich gewesen, warum sich junge Frauen in die Skinhead-Szene begeben. Skingirls fungierten beispielsweise als Sexobjekte, Bomberjacken-Halterinnen und Putzfrauen, wenn ihr besoffener Freund sich übergeben hatte. Richtig reizvoll war das nicht. Auch der Glatzkopf als Schönheitsideal ist eine wenig überzeugende Erklärung. Allerdings waren weibliche Neonazis auch kein Massenphänomen, als ich Ende der 90er Jahre mit meinen Recherchen begann. Bei Partys kam auf 100 Skinheads oft nur ein
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