Blut Schatten
und zudem einen breiten, silbernen Gürtel um ihre Hüften geschlungen.
»Freut mich, dass er dir gefällt, Kim.« Ich legte ihr einen Arm um die Schultern und gemeinsam gingen wir in die Küche, aus der mir schon frischer Kaffeeduft in die Nase stieg. Wie umsichtig von dieser jungen Dame, uns ältere Semester nach einer ermüdenden Shopping-Tour mit diesem belebenden Elixier zu beglücken.
»Ich dachte mir, dass du danach lechzt«, erklärte sie und nahm eine Tasse aus dem Schrank. »Außerdem wollte ich dir auf diese Weise danken, wenn ich dir schon kein Geschenk machen kann, Tante Faye.«
»Dieser Jeff, begann ich vorsichtig, doch Kim hob abwehrend die Hand. »Keine Bange, Tante Faye. Da ist kein Fettnäpfchen in Sicht. Jeff und Daddy kennen sich, seit wir hier wohnen. Er ist bereits der fünfte und wohl hartnäckigste Freund von Madame Pöbel. Diesmal scheint er es aber ernst zu meinen, er hat seine Sachen mitgenommen.«
»Dann ist er schon öfter getürmt?«, schaltete sich Ernestine ein, ließ sich neben mir nieder und griff wie selbstverständlich nach meiner Kaffeetasse. Während ich eine Grimasse schnitt, lachte sie mich über den Rand hinweg an.
»In schöner Regelmäßigkeit. Falls ich mich nicht verzählt habe, dann in den drei Jahren ihrer Beziehung mindestens sechsmal. Dreimal war es, weil er sie angeblich beim Fremdgehen erwischte. An Daddy hat sie sich aber die Zähne ausgebissen. Er mag keine tiefergelegten Mietwagen mit schwacher Beleuchtung. Jeff fährt zur See, und in der Zwischenzeit erliegt die dusslige Landpomeranze dem bestechenden Charme der Großstadt.« Kim lachte zynisch und hielt sich dann verlegen den Mund zu. »War ich jetzt gemein?«
»Man kann sich seine Nachbarn nicht immer aussuchen, Miss Kimberly. Miss McNamara, ich habe Ihre Kleidung nach oben gebracht. Ist eventuell ein Tee vorbereitet?«
»Danke, Jason. Sehr umsichtig.«
»Wasser kocht und muss nur noch aufgebrüht werden, Jason.« Kimberly nahm den Kessel von der Flamme und füllte eine weiße Keramikkanne, in der ein Sieb mit losem Tee steckte. Jason honorierte es mit einem anerkennenden Nicken.
»Wo sind Dad und Darian?«, erkundigte ich mich nach den beiden fehlenden Männern und nahm gleichzeitig eine neue Tasse Kaffee in Empfang.
»Sie wollten ein paar Dinge erledigen.« Kimberly kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Ein Handwerker ist vorhin hier gewesen, hat sich die leckende Heizung angesehen.«
So, wie ich den kompletten Zustand des Hauses einschätzte, war die Heizung nicht das einzige, was marode war. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Dad dagegen etwas unternehmen wollte. Vermutlich hätte ich es auch getan, wenn ich über die nötigen Mittel verfügte. Daher nickte ich knapp, behielt meine Meinung jedoch für mich.
»Wie läuft es in der Schule?«, fragte Ernestine und rutschte etwas beiseite, als Jason die Zeitung vom Stuhl neben ihr nahm und sich setzte.
Kimberly zuckte leicht zusammen, entfernte das Teesieb und stellte eine Tasse vor Jason. Während sie ihm Tee einschenkte, sah sie bemüht gelangweilt auf. »Geht so. Der übliche Kram halt.«
»Und was wäre der übliche Kram?«, hakte die Ältere nach.
Ich hörte nur noch mit einem halben Ohr zu und ließ meinen Blick über die Rückseite der Zeitung streifen, die Jason aufgeschlagen vor sich hielt. Plötzlich sprang mir ein Artikel ins Auge, und ich rückte näher. Das konnte jetzt nicht wahr sein!
»Möchten Sie eventuell diesen Teil lesen, Miss McNamara?« Er hatte die Zeitung gesenkt und sah mich neugierig an, als ich mit schief gelegtem Kopf mehr zu erfahren suchte.
»Nur den einen Artikel, Jason.« Beinahe hektisch zog ich das Blatt hervor, breitete es auf dem Tisch aus, und hielt die Luft an. Ich hatte richtig gelesen. Und dann das Bild. Unmissverständlich und absolut eindeutig. Eine Person inmitten einer riesigen Blutlache, verdeckt von einem Tuch, unter dem ein Stück eines dunklen Mantels hervorlugte. Der umgekippte Einkaufswagen, die verstreuten Habseligkeiten, entleerte Tüten. Gelbes Band sperrte den Tatort ab, mehrere Cops standen drumherum. Darunter der Artikel über den Fund einer Frauenleiche in einer Gasse nahe der Brooklyn Bridge. Der vermutete Zeitpunkt des Todes wurde mit zwei Uhr nachts angegeben.
Ich sah auf das Datum. Es war die aktuelle Ausgabe. Mein Blick begegnete Jasons. Er sah auf den Artikel und dann wieder mich an. In seine Augen trat eine Frage, die ich ihm mit einem angedeuteten Nicken beantwortete. Kurzerhand
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