Blut Schatten
meldet oder beide zurückkommen«, meinte Alistair. »Legen Sie sich hin, Jason. Wenn sich etwas ergibt, wecken wir Sie.«
Seit Ernestines Ankunft hatte mein Vater das Sofa gegen die gemeinsame Matratze mit seiner Herzdame eingetauscht. Daher war es nur logisch gewesen, dass Jason seinerseits das freigewordene Sofa bezogen hatte, um Darian und mir ein Stockwerk höher die nötige Privatsphäre einzuräumen.
Nachdem die Tür mit leisem Klicken ins Schloss gezogen worden war, sah Alistair mich fest an. Dabei schob er seine Hand über meine und drückte sie aufmunternd. »Mach dir nicht zu viele Gedanken, Faye. Dein Darian weiß, was er tut. Außerdem ist Steven bei ihm oder zumindest in seiner Nähe.«
Ich lachte bitter auf. »Möglicherweise ist es ja genau das, was mir Sorgen macht. Steven ist meist derjenige, auf den man aufpassen muss.«
»Das kann ich kaum glauben. Als er Kimberly aus Letavians Zugriff befreite, wirkte er alles andere als unzuverlässig.«
Mein Blick wurde forschend. »Dann vertraust du ihm inzwischen vollkommen?«
»Ich vertraue dem Urteil meiner Tochter. Selbst wenn ich persönlich noch einige Vorbehalte gegen gewisse Wesenszüge von ihm habe, so vertraue ich Kimberly, weil sie Steven blind vertraut.« Er grinste und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Ich muss aber zugeben, dass ich den Bengel irgendwie mag.«
»Das fällt nicht schwer, wenn man ihn erst einmal genauer kennt.« Ich schmunzelte, erinnerte mich an Stevens und meine erste Begegnung und brach in lautes Lachen aus. Auf Alistairs neugierigen Blick hin erzählte ich ihm von diesem Treffen.
»Ich hätte gerne Mäuschen gespielt«, meinte er schließlich mit Lachtränen in den Augen. »Allein Darians Blick, als er die Beule in seinem Wagen gesehen hat, wäre sicher jede Mühe wert.«
»Er war göttlich. Aber verrat es ihm nicht, er ist sehr empfindlich, was seine Autos betrifft.«
»Zu Recht, Schwesterherz.« Er prostete mir mit seinem Gebräu zu, nahm einen Schluck und schüttelte sich. »Zur Hölle damit. Soll ich einen neuen aufsetzen?«
Diesmal landete meine Hand auf seiner und verhinderte, dass er aufstand. »Nein. Lass uns ausnutzen, dass alle schlafen und wir alleine sind. Erzähl mir, was du in all den Jahren getrieben hast. Wie kommen diese Tierbilder auf die Wand? Hast du sie gemalt?«
»Die Spirits oben?« Er lächelte matt. »Nein, die hat ein Freund von mir gezeichnet. Thomas Silent Runner Andrews, ein wahrer Künstler. Er lehrte mich, den spirituellen Weg zu gehen, mit den Ahnen zu kommunizieren und Rituale durchzuführen. Leider habe ich es nie geschafft, auf dem Dach dieses Gebäudes eine Schwitzhütte zu errichten.« Sein Finger flog in die Höhe. »Obwohl ich es ernsthaft versucht habe.«
»Eine Schwitzhütte auf dem Dach?«, wiederholte ich skeptisch.
»Ja, das stellte sich allerdings als Schwachsinnsidee heraus. Ich durfte nach dem Versuch erst mal einen großen Teil des Daches neu eindecken.« Er gluckste leise. »Das hat vielleicht gequalmt. Sogar die Feuerwehr ist angerückt. Und wir durften feststellen, dass Schwitzhütten nicht wirklich wasserfest sind. Thomas würde dir übrigens gefallen, da bin ich sicher. Vielleicht kann ich etwas organisieren und er kommt mit seinem vierjährigen Sohn Val Little Leaf her. Allerdings weiß ich nicht, wie er auf deinen Mann reagiert.«
»Meinst du, er wird erkennen, was Darian ist?«
»Thomas ist Lakota Sioux, Faye. Er nahm mich in seine Familie und seinen Kreis auf und lehrte mich alles, was ich weiß. Er brachte mich dem nahe, was ich heute bin. Und glaub mir, ich weiß nur die Hälfte von dem, was Thomas an Kenntnis über die alten Gebräuche und Riten seines Volkes hat. Ich kann mich glücklich schätzen, dass er mich überhaupt in die Lehre nahm. Außenstehende werden normalerweise nicht unterrichtet.«
»Also verhält es sich bei ihm so ähnlich wie bei Darian«, mutmaßte ich. »Den alten Aufzeichnungen und Dads Worten zufolge unterweist Darian ausschließlich Mitglieder unserer Familie.«
»Ich weiß, ich habe Dad ebenfalls danach gefragt. Es sind jeweils die Erstgeborenen unserer Familie, die besondere Fähigkeiten besitzen.«
Verblüfft starrte ich ihn an. »Das kann nicht sein. Denn dann wärst du der Einzige, der diese Bedingung erfüllt. Ich bin nach dir geboren.«
Mein Bruder stupste mir tadelnd auf die Nase. »Das schon, du Dummchen. Aber hast du vergessen, dass ich aus Dads erster Ehe stamme, du aber das erste Kind aus seiner zweiten Ehe
Weitere Kostenlose Bücher