Blut Schatten
Blick zu Kimberly. Flugs sprang sie auf und schüttelte der Rektorin ein wenig linkisch die Hand. »Ja, danke noch mal. Und Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten, Mrs. Randal.«
Die Frau lächelte freundlich und wandte sich dann an Ernestine. »Auch Ihnen meinen Dank, Mrs. Morningdale. Falls es gestattet ist, würde ich gern einen Wunsch äußern.«
»Nur heraus damit«, erwiderte Ernestine gutmütig.
»Wir haben in der Bibliothek eine Ihrer Publikationen. Wenn es Ihnen nicht allzu viele Umstände bereitet -«
»Aber natürlich, Mrs. Randal«, unterbrach sie die Rektorin souverän und überging dabei meinen erstaunten Blick.
»Wenn Sie mir vielleicht folgen würden?« Die Frau wies auf die Tür und ließ uns vorangehen. Und obwohl ich neugierig geworden war, wurde Kimberlys Ziehen an meinem Ärmel recht eindringlich. Also blieb ich im Gang stehen. »Wenn es dir nichts ausmacht, Ernestine, werden wir auf dem Parkplatz warten.«
Sie winkte lachend ab. »Sicher doch. Ich bin gleich da.«
Noch einmal nickten wir einander zu, dann trennten sich unsere Wege. Draußen am Wagen atmete ich einmal tief durch. »Ich bin froh, dass wir das geschafft haben, Kim.«
»Frag mich mal«, gab sie zurück und kramte in ihrer Tasche herum. Mit zittrigen Fingern zog sie eine Zigarette hervor und steckte sie sich zwischen die Lippen. Das Feuerzeug brauchte drei Anläufe, ehe es aufglimmte. Dann erst konnte Kim inhalieren und blies den Rauch anschließend nach einem langen Atemzug aus.
»Du rauchst?« Ich sah sie überrascht an, und sie schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht, hab aufgehört. Die habe ich aber vorhin von Grandpa geklaut, weil ich ahnte, dass ich sie nach dieser Aktion gebrauchen könnte. Boah, tut das gut.«
Da sie gleich darauf leicht zu husten begann, keimten in mir leichte Zweifel auf, doch behielt ich meine Gedanken für mich. Stattdessen fischte ich das Handy aus meiner Tasche und wählte Darians Nummer.
»Wir sind hier durch«, erstattete ich Bericht, nachdem er sich gemeldet hatte. »Die Kuh ist vom Eis, und du bist mal eben um knappe 12.000 Dollar ärmer. Aber das Geld wurde gut investiert.«
»Wenn es weiter nichts ist«, troff die pure Ironie durch den Hörer. »Das ist ja nur Kleingeld.«
Ich lachte, wurde dann wieder ernst. »Wusstest du, dass Ernestine Bücher veröffentlicht hat?«
,Ja. Vier verschiedene Lehrbücher. Warum?«
Ich starrte verblüfft den Hörer an, fing mich jedoch sogleich. »Oh.
Okay. War nur so eine Frage. Hast du Thalion erreicht?«
»Noch nicht. Eileen lässt dir Grüße ausrichten. Wann kommt ihr zurück?«
»Gleich. Sobald Erni aus ihrer Signierstunde kommt. Warum lachst du jetzt?«
»Nichts weiter, mein Herz. Dann bis gleich ... Ach, bevor ich es vergesse: Ich liebe dich.« Klick. Aufgelegt.
Entgeistert blieb mein Blick am Telefon hängen. Was war das denn? Da erhielt ich seit Längerem mal wieder eine Liebeserklärung, und der Kerl legte sofort auf. Mein Finger berührte bereits die Wahlwiederholungstaste, als ich mich selbst davon abhielt. Kurz darauf surrte eine SMS mit dem Wort dito durch die Leitungen.
»Was hat er gesagt?«, erkundigte Kimberly sich interessiert und schnippte die Kippe ins Gebüsch.
»Wollen wir auf dem Rückweg eine Pizza organisieren?«, wich ich aus und winkte gleichzeitig Ernestine zu, die soeben vergnügt lachend aus dem Gebäude trat.
»Ja, cool. Ich habe einen Hunger, ich könnt' ein ganzes Schwein auf Toast futtern. Hier ums Eck ist gleich eine Pizzeria, die sind ganz gut. Müssen nur zweimal links rum.«
»Hach, war das ein Spaß.« Lachend stieg Ernestine auf den Beifahrersitz und zog die Tür zu. Dabei zwinkerte sie mir verschwörerisch zu. »Es ist etwas vollkommen anderes, mal auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen. Wie oft habe ich mir die elterlichen Verteidigungen der lieben Kleinen anhören müssen und wurde zur Zielscheibe allgemeiner Frustration.«
»Du hast dich als elterliche Verteidigung hervorragend geschlagen«, gab ich zurück, stieg ein und steckte den Zündschlüssel ins Schloss. »So gut, dass ich mich schon gefragt habe, warum ich mitgekommen bin. Wieso hast du nicht erwähnt, dass du auch als Autorin deine Brötchen verdienst?«
»Ach Gottchen, das ist schon so lange her. Ich habe dir doch hoffentlich nicht die Show gestohlen?«
»Nein, ich war froh, dass du dabei warst. Ganz so gezielt hätte ich die Situation nicht entschärfen können.«
»Geschenkt. Wenn du dein eigenes Kind verteidigen musst,
Weitere Kostenlose Bücher