Blut Schatten
Babyartikel.
Mein Bruder verschloss die Werkstatt früher als sonst und kam mit seinen Gästen zu uns. Da es allmählich auf den Abend zuging, kamen Ernestines frisch gebackene Apfelkuchen gerade recht. Binnen Kürze wurden sie vollständig vertilgt.
Als es dunkel wurde, stieß Steven zu uns, und während er seine Konserve naschte, durfte ich nochmals einen Abriss des vergangenen Tages abliefern. Schließlich entschuldigten sich mein Bruder und sein indianischer Freund und verließen gemeinsam das Apartment, um sich auf das Dach zurückzuziehen.
»Das machen sie immer, wenn er hier ist«, erklärte Kim, und ich nahm es wortlos hin. Sie hatten sicherlich ihre Gründe.
Dad und Ernestine verließen uns bald darauf, und Steven begab sich auf seine nächtlichen Ausflüge. Ich plänkelte noch eine Weile mit Kimberly herum, dann verschwand auch sie Richtung Bett, und ich ging nach oben, wo ich Jason mit den Pergamenten und Darian mit einem Telefon am Ohr vorfand.
»Nein, aber ich bin sicher, dass ich weiß, wo ich es finden kann, Thalion.«
Ich horchte auf und schickte Darian einen bedeutungsvollen Blick. Er winkte ab. »Ja, aber darüber sollten wir später sprechen. Ist Eileen noch in deiner Nähe? Gut, Jason möchte gern mit ihr sprechen.« Er reichte das Telefon weiter und kam auf mich zu. »Sieh mich nicht so grimmig an, Liebes. Ich werde mit Thalion eine Unterhaltung darüber führen, aber nicht jetzt. Er lässt dir seine Glückwünsche ausrichten.« Ein Kuss auf die Stirn folgte, dann wandte er sich dem Blatt zu, das Jason zuvor auf dem Tisch abgelegt hatte.
Ich war wohl erst einmal entlassen. Da ich wusste, dass weitere Nachfragen gegen Wände aus Schweigen prallen würden, trollte ich mich hinter die Abgrenzung, zog mich aus und kroch zwischen die Felle.
Es schienen nur wenige Minuten verstrichen, als ich deutlich das leise und vorsichtige Anschleichen einer Person fühlte. Auf Zehenspitzen und mit angehaltenem Atem kam sie näher, achtete darauf, keinen Laut zu verursachen. Darian war es nicht, er war von Natur aus lautlos, und Steven würde es nicht wagen, sich anzuschleichen. Jason würde selbst an Stoffbahnen anklopfen, und mein Bruder bevorzugte die etwas polternde Anschleichmethode. Der Rest schlief, soweit ich wusste. Daher blieben nicht viele Alternativen übrig. Und wäre ich in Gefahr, hätte es der Anschleicher gar nicht erst bis zu mir geschafft.
Ich stellte mich schlafend und lauschte gebannt. Sehr bedächtig kam er näher, berührte an meinem Rücken die Decke und tastete sich höher. Ich ließ ein leises Seufzen erklingen, bewegte mich sachte und rollte auf den Rücken. Der Eindringling erstarrte mitten in der Bewegung. Unter halb geschlossenen Lidern spähte ich hindurch und hätte mich vor Überraschung fast verraten.
Ich schnellte hoch. Zielsicher schoss meine Hand unter dem Fell hervor und umspannte ein schmales Handgelenk. Ein kräftiger Ruck, und der kleine Kerl fiel mit einem heiseren Schrei quer über mich.
»Verrätst du mir, was du hier möchtest, Val?«
»Lass mich los«, schimpfte er und wehrte sich energisch, konnte meinem Griff jedoch nicht entkommen. »Kein Weib darf einen Krieger festhalten.«
»Mag sein, aber dazu musst du Dreikäsehoch erst mal ein Krieger werden. Denn wärst du einer, könnte ich dich gar nicht festhalten«, gab ich ungerührt zurück. »Abgesehen davon darf man das mit Einbrechern durchaus machen.«
Für einen Augenblick gab er seine Gegenwehr auf und sah mich mit großen Augen schockiert an. Dann zerrte er weiter an meiner Hand. »Ich bin kein Einbrecher.«
»Für mich bist du so lange einer, bis du mir sagst, warum du hergeschlichen bist. Vorher werde ich dich nicht loslassen.«
»Dann beiße ich dich.«
»Das«, klang es da eindeutig männlich aus dem Bereich hinter der Stoffwand, »möchte ich dir nicht raten, Sohn.«
»Danke, das wollte ich auch gerade sagen«, murmelte ich Richtung Vorhang, ließ den Jungen nun los und zog mir hurtig Slip und T-Shirt über.
Derweil war Val geflüchtet, und ich nahm aus dem Nebenraum wahr, dass ihn die große Hand seines Vaters am Schlafittchen erwischt haben musste und daran festhielt. Als ich die Stoffbahn beiseiteschlug, entsprach das Bild, das sich mir bot, ziemlich genau meinen Erwartungen. Val stand vor seinem Vater, dessen Hände schwer auf seinen Schultern lasteten. Um mich nicht ansehen zu müssen, hielt der Junge den Kopf gesenkt. Dafür war Thomas' Blick umso strenger.
»Entschuldige, dass mein
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