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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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meinem Mann verabschiedete, verstand wohl keiner von uns mehr die Welt.
    »Nein«, wandte Darian auf meinen fragenden Blick ein. »Ich will nichts mehr wissen. Mir reicht es.« Sein Arm landete an meiner Hüfte, und mit liebevollem Druck zog er mich Richtung Vorhang.
    »Egal, was jetzt noch passiert – und wenn die Hütte brennt – ich möchte Ruhe haben. Wie siehst du das?«
    »Gute Nacht, Alistair«, gab ich knapp zur Antwort und huschte hinter die Vorhänge.
    Keine zwei Minuten später lagen wir eng umschlungen unter den weichen Fellen. Schläfrig legte ich meinen Kopf auf seinen Brustkorb, und zum ersten Mal überhaupt spürte ich das Heben und Senken und lauschte andächtig dem gleichmäßigen Schlagen seines Herzens.

- Kapitel Vierundvierzig -
    L eise rauschte der Wind durch das Blätterdach einer Palme, umspielte dessen gefiederten und zerfaserten Stamm und wirbelte dabei etwas Sand auf, der wie kleine Nadelstiche gegen meine nackten Beine prasselte. Um die Echtheit des Stammes zu überprüfen, drückte ich mit der Handfläche dagegen. Das Stechen der abgestorbenen Blätter in meine Haut machte klar, dass es sich um keinen schnöden Traum, sondern eine neuerliche Vision handelte.
    Erst einmal blieb ich, wo ich war, und sah mich um. Es war Nacht oder zumindest schon dunkel. Aus Erfahrung wusste ich, dass es in Ländern wie diesem keine langen Dämmerungsphasen gab, sondern dass die Dunkelheit rasch hereinbrach, als habe jemand einen Schalter umgelegt und das Licht einfach ausgeknipst. Am Firmament leuchteten die Sterne, und als Seebär hätte ich daran vielleicht eine Uhrzeit festmachen können, so aber blieb dieses Wissen ebenfalls im Dunkeln. Vor mir raschelte und wogte trockenes Gras im Rhythmus der seichten Briese und unter meinen nackten Füßen spürte ich warmen, feinen Sand, der ringsum den Boden bedeckte. Gegen den nachtklaren Himmel hoben sich rund um mich herum die Silhouetten weiterer Palmen und kleinerer Büsche ab. Anscheinend befand ich mich in einer Oase. Mein Blick wanderte den Baum empor, und ich erkannte weit oben eine Ansammlung kleiner, grünlicher Früchte. Dattelpalmen wuchsen hauptsächlich im afrikanischen Raum. Vielleicht hatte es mich erneut in genau diese Region verschlagen, und ich sollte wieder etwas Wichtiges sehen.
    Also wartete ich. Und wartete. Und ich übte mich in Geduld. So lange, bis ich mich langweilte und meine Geduld aufgebraucht war. Gerade als ich mich ernsthaft fragte, was ich hier überhaupt verloren hatte, tauchten in einiger Entfernung mehrere Gestalten auf schaukelnden Wüstenschiffen auf. Der sanfte Wind trug mir Stimmen zu; ich vernahm Worte in einer Sprache, die ich nur schwer einordnen konnte. Arabisch? Recht ähnlich, aber nicht wirklich. Ich lauschte noch aufmerksamer, trat um den Palmenstamm herum und nutzte ihn als Deckung. Inzwischen waren die Gestalten näher gekommen, hielten ihre Reittiere an und ließen sie absinken. Es waren vier Personen, sie waren wie Beduinen gekleidet und führten insgesamt fünf Kamele mit sich, wobei eines als Lasttier diente.
    Kaum waren sie abgestiegen, ging zwischen zwei eindeutig männlichen Personen ein großes Lamentieren los. Wortgewaltig und mit raumgreifender Gestik sprachen sie aufeinander ein, schienen sich nicht einigen zu können, wo nun genau das Lager aufgeschlagen werden sollte. Inzwischen war mein Interesse bezüglich meiner Landeposition doch arg gestiegen. Naher Osten stand schon mal fest. Jetzt fehlte nur noch Land oder Region. Anhand der Sprache ließ es sich zumindest nicht feststellen.
    Plötzlich hob eine dritte Person ihre Arme und verschaffte sich mit einem einzigen, scharfen Wort Ruhe. Es wirkte, als kuschten die anderen unter ihrem Blick, denn sie machten sich sofort daran, das Lastentier zu entladen. Ich war erstaunt, in welcher Windeseile ein provisorisches Zelt aufgestellt, kleineres Mobiliar hineingetragen und ein kleines Feuer entzündet wurde. Schon wenig später wehte mir das Aroma starken Tees um die Nase. Und kurz darauf kam der Geruch einer Wasserpfeife hinzu.
    Noch immer war ich im Unklaren darüber, warum es mich hierher verschlagen hatte, was genau ich hier sollte. Es lag nichts Ungewöhnliches in der Handlungsweise dieser Menschen. Auch hatte ich nicht das Gefühl, dass sie ein zu ergründendes Geheimnis umgab. Im weitläufigen Sinne waren es lediglich wilde Camper, die in einer Wüstenoase ihr Zelt aufschlugen.
    Drei Personen, alles Männer, hatten sich am Feuer niedergelassen,

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