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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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sprachen miteinander, rauchten und tranken. Eine vierte, wesentlich kleinere Person hielt sich im Hintergrund und trat nur nach Aufforderung auf die Männer zu, um ihre Gefäße zu füllen, Essen zu bringen oder sonstige Dienste zu verrichten, die deren Bequemlichkeit dienten. War sie mit der Verrichtung ihrer Aufgaben nicht schnell genug, erntete sie Schelte oder Tritte. Ich merkte, wie ich wegen dieser Behandlungen immer zorniger wurde.
    Allmählich brannte das Feuer herunter, die Reichweite des Lichtscheins wurde geringer und die Gespräche leiser. So wagte ich mich vorsichtig aus meiner Deckung und schlich auf leisen Sohlen hinüber zum nächsten Busch. Ich huschte hinter ihm hindurch, nutzte einen weiteren Stamm als Sichtschutz und erreichte ungesehen die hintere Seite des Zeltes.
    Es war nicht sehr groß, vielleicht mit einem Viermannzelt zu vergleichen. Der Stoff war fest und dicht, vielleicht sogar wasserundurchlässig. Ich überlegte, ob es tatsächlich so ratsam wäre, einen Blick hineinzuwagen. Auf der anderen Seite musste es einen triftigen Grund geben, warum ich hier war. So legte ich mich so flach wie möglich auf den Bauch und schaufelte den Sandwall mit beiden Händen beiseite, bis ich unter der Stoffbahn hindurchsehen konnte.
    Einige Öllampen verbreiteten heimeliges Licht. Sie standen auf einem kleinen Tisch mit runder Messingplatte, die wie ein Tablett mit prächtigen Gravuren aussah. Auf den bunten Teppichen lagen mehrere Kissen zu Bergen aufgetürmt, vermutlich die Nachtlager der Herren vor dem Zelt. Drei kleine, flache Hocker standen neben jedem dieser Kissenberge, und auf einem dieser Hocker lag -ich traute meinen Augen kaum – die Holzkiste. Achtlos hingestellt, ohne jede Bewachung. Hatten die Herrschaften keinerlei Ahnung von dem, was sie mit sich herumschleppten?
    Ein verwegener Gedanke ergriff von mir Besitz. Was würde geschehen, wenn ich sie stehlen würde? Veränderte ich damit nicht den Lauf der Zukunft? Möglicherweise würde dann vieles anders passieren, teilweise auch gar nicht. Das Risiko dieses Eingriffs war nicht kalkulierbar.
    Und es war unnötig. Plötzlich entstand vor dem Zelt ein Tumult. Zornige Rufe wurden laut. Ein Pistolenschuss zerriss die Stille der Nacht. Die kleinere Gestalt stürzte ins Zelt hinein, sah sich blitzschnell um und ergriff eine Schriftrolle, die, von mir unbemerkt, hinter der Kiste gelegen hatte. Da stürmte auch schon ein schwarz gekleideter Riese herein und erfasste binnen Sekunden die Situation vor sich. Die Hände ausgestreckt, überwand er die wenigen Meter mit einem Schritt, erwischte die flüchtende Gestalt direkt am Hals und riss ihr dabei den Kopfschutz herunter. Langes welliges Haar fiel wie ein wilder Wasserfall über den Rücken der Person, und ein verschreckter, spitzer Schrei entwich ihren Lippen. Es war eine Frau, oder eher ein junges Mädchen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihren Peiniger an. Die Schriftrolle entglitt ihren Fingern und rollte zwischen die Kissen. Sofort versuchte sie sich aus seinem brutalen Griff zu befreien, doch je mehr sie an seinen Händen zerrte, desto diabolischer wurde sein Grinsen.
    Ich hielt die Luft an. Das Aufblitzen seiner scharfen Zähne war mehr als eindeutig. Ich fasste um mich, erwischte jedoch nur mein T-Shirt. Verdammt! Musste ich mir nun auch noch angewöhnen, mit einem Pflock einzuschlafen, damit ich ihn notfalls im Traum zur Hand hatte?
    Nichts war da, um dem Mädchen zu helfen. Ich würde nur tatenlos zusehen können, wie dieser Kerl sie umbrachte. Gleichzeitig musste ich darauf achten, nicht selbst bemerkt zu werden. Ich hatte bislang nichts von Lilith gesehen und wähnte mich hier in gewisser Weise ohne ihren Schutz. Also musste ich jedes Risiko vermeiden. Ob ich nun wollte oder nicht.
    Obwohl alles in mir fliehen wollte, konnte ich mich nicht losreißen. Das Mädchen wehrte sich mit aller Macht, trat um sich und wollte das Gesicht ihres Peinigers mit ihren Fingernägeln zerkratzen. Doch jede Wunde schloss sich sofort, und sein perfides Grinsen wurde nur noch grausamer. Er hob eine Hand und schlug ihr mit unbarmherziger Wucht ins Gesicht. Ihr Kopf flog herum, sie verlor das Gleichgewicht und drohte zu stürzen. Er hielt sie fest, riss sie an ihrem langen Haar zurück und beugte sich über ihren entblößten Hals. Seine Zähne bohrten sich in ihre weiche Haut, und dunkelrot sickerte das frische Blut aus den Bisswunden.
    Da wurde die Zeltwand ein weiteres Mal beiseite geschlagen und eine

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