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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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schlanke, große Gestalt betrat den Innenraum. Auch sie war vollkommen schwarz gekleidet, dennoch bemerkte ich anhand der feucht glänzenden Spuren auf ihrer Kleidung, dass sie bereits in den Genuss der Mitreisenden des Mädchens gekommen war. Von der anderen Seite des Zeltes war indes kein Laut mehr zu vernehmen. Mir war klar, dass die Männer nicht mehr am Leben waren, und nun würde es das Mädchen erwischen. Und ich war absolut machtlos.
    Der Vampir blickte auf und sah den Eintretenden an, ließ für einen Augenblick von seinem Opfer ab und gewährte ihr damit eine trügerische Gnadenfrist. Sie wechselten ein paar Worte, und der Neuankömmling wies dabei erzürnt auf die Kiste. Was hätte ich in diesem Moment für ein Universalübersetzungsgerät gegeben. Mit genervtem Gesichtsausdruck stieß der Vampir das Mädchen in einen der Kissenstapel und trat auf die Holzkiste zu. Er nahm den Deckel ab, nickte knapp und verschloss sie wieder. Dann übergab er sie dem anderen, der sogleich einen ungeheuer zornig klingenden Wortschwall über den ersten Vampir ausschüttete. Für einen kurzen Moment hob er dabei den Kopf so weit, dass ich sein Gesicht erkennen konnte.
    Mein Herz setzte einen Schlag aus und raste dann umso schneller. Letavian. Allem Anschein nach war ihm dieses Artefakt schon einmal entwendet worden. Mein Hirn schlug Saltos, und ich wollte wissen, wer die Menschen waren, denen das vor uns geglückt war. Wer war dieses Mädchen? Sie schien zu wissen, dass der Inhalt der Kiste von enormer Wichtigkeit war. Und was hatte die Schriftrolle zu bedeuten, die irgendwo unter den Kissen verschwunden war?
    Ich blickte zu ihr zurück. Sie bewegte sich schwach und stöhnte leise. Für den Moment befand sie sich außerhalb des Fokus der beiden Vampire, die sich mitten im Raum gegenüberstanden und gegenseitig aufs Übelste zu beschimpfen schienen. Und vielleicht lag genau hierin eine Chance.
    Vorsichtig schätzte ich die Entfernung von mir zu dem Tisch mit den Öllampen ab. Ein, eventuell zwei Meter, mehr waren es nicht. Ich sah nach rechts, konnte mit Glück eines der Kissen erwischen. Wenn ich es warf und wie gewünscht traf, würde das Öl die Kissen binnen Sekunden in eine flammende Hölle verwandeln. Dazu aber musste ich meine sichere Deckung aufgeben. Konnte ich das wirklich wagen?
    Ich blickte wieder zum Mädchen hinüber. Sie hatte sich etwas gedreht und versuchte nun, unbemerkt zu entkommen. Millimeter für Millimeter kroch sie von den streitenden Vampiren fort. Da hielt sie plötzlich inne, und ich fühlte ihren erschrockenen Blick auf mich gerichtet. Blitzschnell legte ich einen Finger an meine Lippen, wies mit den Augen auf die Lampen und dann auf die Kissen. Sie schien mich zu verstehen, nickte kaum merklich. Doch statt ein Kissen als Wurfgeschoss zu verwenden, erhob sie sich schwankend.
    Abermals verschlug es mir den Atem. Was hatte sie vor? Innerlich rief ich ihr eine Warnung zu, doch sie blieb unbeachtet. Als sei sie schwer verwundet, torkelte sie zwei Schritte und stürzte ihrem Peiniger in den Rücken. Er stolperte vor und fuhr herum. Sie hingegen fiel seitwärts und landete direkt neben dem Tisch. Einen Wimpernschlag später schoss eine der Öllampen auf den Vampir zu. Sein Ausweichen nützte in dem engen Raum wenig. Brennendes Öl spritzte auf seine Kleidung. Sofort fraßen sich die Flammen durch sein Gewand, und binnen Sekunden stand alles lichterloh in Flammen. Einer lebenden Fackel gleich rannte er aus dem brennenden Inferno und folgte dem flüchtenden Letavian.
    Hurtig hob ich die Stoffbahn an. Das Mädchen wühlte panisch in den brennenden Kissenbergen, fand schließlich das Gesuchte und stürzte auf mich zu. Ich packte sie am Arm und zog sie durch den Spalt, zerrte sie hinter mir her in die Dunkelheit.
    An meiner Palme kamen wir zum Stehen und sahen uns vorsichtig um. Das Zelt brannte lodernd und erhellte die halbe Oase. Neben dem Zelt sah ich die Leichen der drei Männer liegen; für sie kam jede Hilfe zu spät. Von Letavian war nichts mehr zu sehen, und wie ich ihn einschätzte, hatte er seinem kokelnden Kameraden kurzerhand die Freundschaft gekündigt und selbst Fersengeld gegeben. Eines der Kamele fehlte. Die anderen scharrten unruhig und ängstlich an ihren Fußfesseln.
    Das Mädchen zupfte mich energisch am Arm und sah mich mit seinen großen, dunkelbraunen Augen interessiert an. Sie hatte keinerlei Angst vor mir, auch wenn sie nicht wusste, wer ich war und woher ich kam.
    »Faye McNamara

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