Blut Schatten
hereinbitten?«
»Ja«, krächzte ich heiser, räusperte mich und versuchte es erneut: »Ja, bitte.«
Ich hörte sie aufstehen und zur Tür gehen. Sie sprach kurz mit Darian, dann war er an meiner Seite. Sorge stand in seinen Augen. »Ist etwas mit dem Kind, Faye?«
»Ihrer Frau und dem Baby geht es gut«, erklärte Dr. Brooks ruhig, blieb stehen und winkte zurück zur Tür. »Na kommen Sie schon rein, bevor Sie mir noch Schützengräben in den Gang laufen.«
Alistairs grinsendes Gesicht erschien in meinem Blickfeld. Dann ächzte die Liege unter seinem Gewicht, als er sich zu mir ans Kopfende setzte. Während er sich leicht vorbeugte, flüsterte er: »Ich will's mit eigenen Augen sehen, bevor ich es glaube.«
Keine zwei Minuten später war er verstummt und starrte auf einen Monitor, der das Unmögliche in sichtbarer Form wiedergab. Darian hingegen hatte wohl zum ersten Mal in seinem Leben Tränen der Rührung in den Augen. Er küsste meine Hände, meinen Mund, und seine Stimme hatte einen heiseren Klang. »Ich konnte nie an Wunder glauben, Faye. Jetzt sehe ich eins vor mir.«
»Genug Kino für heute, meine Herren«, komplimentierte die Ärztin die beiden wieder hinaus und schloss die Tür hinter ihnen. Lächelnd drehte sie sich zu mir um, und ein schalkhaftes Funkeln trat in ihre Augen. »Ich hoffe doch, sie kippen mir draußen nicht um. Jetzt kommt nämlich der unangenehme Teil des Ganzen. Ich muss Sie zur Ader lassen.«
Schnell wischte ich mir das Glibberzeugs vom Bauch und zog mich wieder an. »Keine Bange, beide können Blut sehen.«
»Sie hoffentlich auch.« Sie führte mich den langen Gang entlang bis vor eine Tür, an der Laboratory stand. Dort wurde mir von einem Mitarbeiter Blut abgenommen, mein Gewicht überprüft, und anschließend durfte ich mit einem Becher zur Toilette pilgern, um diesen dann mit etwas Füllung wieder artig abzuliefern. Danach führte mich der junge Mann mit dem hellblonden Haar und dem aknenarbigen Gesicht zurück in ein kleines Dienstzimmer, das direkt neben dem Behandlungszimmer lag. Er bat mich, dort zu warten.
Die Ärztin war nicht da. Ihre Brille lag auf einem aufgeschlagenen Ordner auf dem Tisch, eine Tasse Tee stand dampfend daneben. Patientenkarteien lagen aufgestapelt neben einer Tastatur, die sich vor einem flimmernden Flachbildmonitor befand. Der Anblick ließ vermuten, dass die Ärztin gleich zurückkehren würde. Das tat sie auch. Die Tür ging auf, und mit energischen Schritten kam sie herein, umrundete den schmalen Tisch und setzte sich mir gegenüber auf den Stuhl. »Zucker vergessen. Pausen sind hier Mangelware.« Sie lächelte, setzte wieder ihre Brille auf und blickte mich über den Rand hinweg an. »Sind Sie länger in New York, Miss McNamara?«
»Ich gehe davon aus«, gab ich vage zurück.
Sie nickte knapp und kippte dabei den Zucker in ihren Tee. »Okay. Rufen Sie mich morgen Nachmittag an, dann liegen die Ergebnisse vor. Aber ich glaube kaum, dass wir Anlass zur Sorge haben müssen. Wenn Sie nicht zurück nach London fliegen, suchen Sie sich entweder einen Arzt, oder ...«
»Kann ich nicht bei Ihnen bleiben?«, fragte ich hoffnungsvoll. Irgendwie mochte ich diese Frau, sie strahle eine erstaunliche Ruhe aus.
»Das wollte ich Ihnen gerade vorschlagen.« Sie erhob sich, zog eine Karte aus einem Stapel und reichte sie mir. »Da steht mein Dienstanschluss drauf und auch die Nummer der Station. Sie werden immer jemanden antreffen. Also sehen wir uns in spätestens vier Wochen wieder. Einen Termin machen wir ebenfalls morgen am Telefon klar. Und bitte schonen Sie sich. So ein Treppensturz ist nicht ohne, auch wenn Sie anscheinend nichts weiter als blaue Flecken davongetragen haben.«
»Ich werde mich bemühen«. Dankbar schüttelte ich ihre Hand und begab mich zur Tür, wo ich mich nochmals zu ihr umdrehte. »Ich hätte da noch eine Frage, Doc.«
»Nur zu.«
Ich lachte kurz, schüttelte den Kopf und platzte schließlich heraus: »Mag für Sie irgendwie ungewöhnlich klingen, aber sind Sie verheiratet?«
Ihr Blick war göttlich. Dann begann sie plötzlich schallend zu lachen, wedelte mit der linken Hand zur Tür und meinte glucksend: »Sagen Sie ihm, er soll reinkommen und mir seine Telefonnummer abliefern. Und nun raus mit Ihnen.«
Mit einem breiten Grinsen trat ich hinaus auf den Gang, erblickte meinen Bruder und wies sogleich mit dem Daumen über meine Schulter: »Du bist dran, Alistair.«
,,Moi?« Er tippte sich mit dem Finger gegen die
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