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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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es überhandgenommen hat. Im Beruf konnte ich mich fast bis zum Schluss beherrschen. Ich trank beim Mittagessen und kam el blotto ins Büro zurück. Ich war trotzdem voll arbeitsfähig. Es waren die Drinks nach der Arbeit – zuerst im Zug und dann daheim –, die mich schachmatt setzten.
    Meine Frau und ich hatten Probleme, die nichts mit dem Trinken zu tun hatten, aber das Trinken machte die anderen Probleme noch schlimmer. Sie hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, mich zu verlassen, und eine Woche, bevor Reg Thorpes Geschichte kam, machte sie es.
    Ich versuchte gerade, damit fertig zu werden, als die Geschichte von Thorpe kam. Ich trank zu viel. Und zu allem hatte ich noch etwas, was man heute modisch als Midlife-Crisis bezeichnet. Ich wusste nur, dass ich mein Berufsleben als ebenso deprimierend wie mein Privatleben empfand. Ich setzte mich mit meiner wachsenden Erkenntnis auseinander – oder versuchte es zumindest –, dass die Lektoratsbearbeitung von Geschichten für die breite Masse, die von nervösen Zahnarztpatienten, Hausfrauen in der Mittagspause und gelegentlich von gelangweilten Collegestudenten gelesen wurden – keine sehr noble Tätigkeit war. Und ich setzte mich mit dem Gedanken auseinander – nochmals: versuchte es, wie alle damals bei Logan’s  –, dass es in sechs Monaten oder in zehn oder vierzehn kein Logan’s mehr geben würde.
    Und in diese trübe Herbstlandschaft von Midlife-Ängsten fiel die ausgezeichnete Geschichte eines ausgezeichneten Schriftstellers, eine unterhaltsame und faszinierende Schilderung der Mechanik des Verrücktwerdens. Es war wie ein heller Sonnenstrahl. Ich weiß, dass das bei einer Geschichte, wo der Held am Ende seine Frau und seine kleine Tochter umbringt, seltsam anhört, aber Sie können jeden Redakteur fragen, was echte Freude ist, und er wird Ihnen antworten, es ist, wenn unerwartet eine gute Story oder ein guter Roman auf dem Schreibtisch landen wie ein Weihnachtsgeschenk. Sie kennen alle die Kurzgeschichte von Shirley Jackson, ›Die Lotterie‹. Sie endet so niederschmetternd, wie man es sich vorstellen Kann. Ich meine, sie nehmen eine nette Frau und steinigen sie zu Tode. Ihr Sohn und ihre Tochter beteiligen sich an dem Mord, um Gottes willen. Aber es ist eine großartige Erzählung … und ich wette, dass der Redakteur beim New Yorker, der sie als Erster gelesen hat, am Abend pfeifend nach Hause ging.
    Ich will damit sagen, dass Thorpes Geschichte damals das Beste in meinem Leben war. Das einzige Gute. Und nach allem, was seine Frau mir an dem Tag am Telefon sagte, war die Tatsache, dass ich die Geschichte angenommen hatte, das einzige positive Ereignis für ihn in letzter Zeit. Zwischen Autor und Lektor ist immer gegenseitiges Parasitentum, aber im Fall von Reg und mir nahm dieses Parasitentum unnatürliche Ausmaße an.«
    »Kommen wir wieder auf Jane Thorpe zurück«, sagte die Frau des Schriftstellers.
    »Ja, stimmt, ich habe sie außen vor gelassen, richtig? Sie war wütend über die Fornit-Sache. Anfangs. Ich sagte ihr, ich hätte dieses Symbol Auge und Pyramide einfach unter meine Unterschrift gekritzelt, ohne zu wissen, was es bedeutete, und entschuldigte mich bei ihr.
    Sie beruhigte sich und redete sich alles von der Seele. Sie wurde immer unruhiger und besorgter und hatte keinen Menschen, mit dem sie reden konnte. Ihre Familienangehörigen waren tot, ihre Freunde lebten alle in New York. Reg ließ überhaupt niemand mehr ins Haus. Alles Leute vom Finanzamt sagte er; oder vom FBI, oder vom CIA. Kurz nach ihrem Umzug nach Omaha kam ein kleines Mädchen an die Tür, das für die Pfadfinderinnen Plätzchen verkaufen wollte. Reg schrie die Kleine an, sagte ihr, sie sollte sich zum Teufel scheren, er wüsste genau, warum sie hier war, und so weiter. Jane versuchte, ihn zur Vernunft zu bringen. Sie wies darauf hin, dass das Mädchen erst zehn Jahre alt gewesen war. Reg erklärte ihr, die Leute vom Finanzamt hätten keine Seele, kein Gewissen. Und außerdem, sagte er, könnte das kleine Mädchen ein Androide gewesen sein. Androiden fielen nicht unter die Gesetze über Kinderarbeit. Er traute den Typen vom Finanzamt durchaus zu, dass sie ihm eine Androiden-Pfadfinderin voller Radiumkristalle ins Haus schickten, um herauszufinden, ob er irgendwelche Geheimnisse hatte … und ihn gleichzeitig mit Krebs-Strahlen zu beschießen.«
    »Allmächtiger Gott«, sagte die Frau des Agenten.
    »Sie hatte auf eine freundliche Stimme gewartet, und meine

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