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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zufallen.
     
     
    7. Die erste Nacht
     
    Mr. McVey arbeitete als Fleischer in Bridgton, seit ich zwölf oder dreizehn war, aber ich hatte keine Ahnung, wie alt er war oder wie er mit Vornamen hieß. Er hatte einen Gasgrill unter einem der kleinen Dunstabzugsventilatoren aufgebaut – die jetzt still waren, aber vermutlich immer noch ein wenig zur Belüftung beitrugen –, und gegen halb sieben durchzog der Duft von gegrillten Hähnchen den Supermarkt. Bud Brown hatte keine Einwände erhoben. Vielleicht war das auf seinen Schock zurückzuführen, aber wahrscheinlicher war, dass er begriffen hatte, sein Frischfleisch und Geflügel würden nicht frischer werden. Die Hähnchen rochen gut, aber nur wenige hatten Appetit. Mr. McVey, klein, mager und adrett in seinem weißen Kittel, grillte trotzdem unverdrossen weiter, legte jeweils zwei Stücke auf Pappteller und stellte sie auf der Fleischtheke nebeneinander wie in einer Cafeteria.
    Mrs. Turman brachte Billy und mir je einen Teller mit Kartoffelsalat. Ich aß so viel ich konnte, aber Billy rührte seins nicht einmal an.
    »Du musst etwas essen, Großer«, sagte ich.
    »Hab keinen Hunger«, sagte er und stellte den Teller beiseite.
    »Du kannst nicht groß und stark werden, wenn du nicht …«
    Mrs. Turman, die ein Stück hinter Billy saß, sah mich an und schüttelte den Kopf.
    »Okay«, sagte ich. »Hol dir einen Pfirsich und iß wenigstens den. Okay?«
    »Und wenn Mr. Brown etwas sagt?«
    »Wenn er etwas sagt, kommst du zurück und sagst es mir.«
    »Okay, Dad.«
    Er entfernte sich langsam. Irgendwie schien er zusammengeschrumpft zu sein. Es tat mir im Herzen weh, ihn so gehen zu sehen. Mr. McVey grillte weiterhin Hähnchen, es war ihm offensichtlich egal, dass nur wenige Leute aßen – er war glücklich, kochen zu können. Ich glaube, ich habe schon einmal gesagt, es gibt verschiedenste Möglichkeiten, mit einer Situation wie dieser irgendwie fertigzuwerden. Das sollte man nicht für möglich halten, aber es ist so. Der Verstand ist ein Affe.
    Mrs. Turman und ich saßen etwa in der Mitte des Gangs mit Arzneimitteln. Die Leute saßen in kleinen Gruppen im ganzen Supermarkt. Außer Mrs. Carmody war niemand allein; sogar Myron und Jim waren zu zweit – sie schliefen beide neben der Bierkühlung ihren Rausch aus.
    Sechs neue Männer hielten an den Gucklöchern Wache. Einer davon war Ollie, der an einem Hühnerbein nagte und Bier trank. Die Besenstielfackeln lehnten neben jedem Wachtposten, daneben stand jeweils ein Kanister mit flüssigem Holzkohleanzünder … aber ich glaube nicht, dass jemand noch so an die Wirksamkeit der Fackeln glaubte wie zuvor. Nicht nach dem tiefen und fürchterlich vitalen Grunzen, nicht nach der zerbissenen, blutgetränkten Wäscheleine. Was immer da draußen im Nebel sein mochte  – wenn es beschloss, uns zu bekommen, würde es uns bekommen. Es oder sie.
    »Wie schlimm wird es heute Nacht werden?«, fragte Mrs. Turman. Ihre Stimme war ruhig, aber ihre Augen verängstigt und traurig.
    »Hattie, ich weiß es nicht.«
    »Lassen Sie mich so viel wie möglich auf Billy aufpassen. Ich … Davey, ich glaube, ich habe Todesangst.« Sie lachte trocken. »Ja, ich glaube, dass das der richtige Ausdruck ist. Aber wenn ich Billy habe, werde ich mich zusammennehmen. Für ihn.«
    Ihre Augen glänzten. Ich beugte mich vor und tätschelte ihre Schulter.
    »Ich mache mir solche Sorgen um Alan«, sagte sie. »Er ist tot, Davey. Tief im Herzen spüre ich, dass er tot ist.«
    »Nein, Hattie. Das können Sie nicht wissen.«
    »Aber ich fühle, dass es so ist. Fühlen Sie denn nichts wegen Stephanie? Haben Sie nicht wenigstens eine … eine Vorahnung?«
    »Nein«, log ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    Ein erstickter Laut kam aus ihrer Kehle, und sie hielt eine Hand vor den Mund. Ihre Brillengläser reflektierten das trübe, matte Licht.
    »Billy kommt zurück«, murmelte ich.
    Er aß einen Pfirsich. Hattie Turman klopfte neben sich auf den Boden, und nachdem er sich gesetzt hatte, sagte sie, sobald er den Pfirsich aufgegessen hätte, würde sie ihm zeigen, wie man aus dem Kern und Draht ein Männlein basteln könnte. Billy lächelte sie schwach an, und Mrs. Turman lächelte zurück.
     
    Um acht wurden die sechs Männer an den Gucklöchern abgelöst, und Ollie kam zu mir herüber. »Wo ist Billy?«
    »Bei Mrs. Turman weiter hinten«, sagte ich. »Sie betätigen sich handwerklich. Sie haben schon Pfirsichkernmännchen und Masken aus

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