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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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herum und schraubten Schubladenauszüge ab. Crutch ging sechs Gänge weiter und tat wie die anderen.
    Er arbeitete langsam. Die anderen Burschen schleppten Metallplatten rum. Jetzt kapier ich. Die Aktenablagen abdecken. Zugang nur noch mit Schloss und Schlüssel.
    Aktenregale, Aktenablagen, Aktenreihen. Angekettete Verzeichnisse. »CBI«. FBI-Abkürzung für »Confidential Bureau In-formants« - Vertrauliche FBI-Informanten.
    Die richtigen Arbeiter arbeiteten. Platten und Schlosseinsätze wurden blitzschnell montiert. Crutch ging schnell weiter. Jetzt offiziell aussehen. Ein paar Schrauben festdrehen.
    Er ging von den anderen Burschen weg. Er öffnete Verzeichnisse. Er fand sechzehn Aktenreihen. Die Abkürzungen gerieten durcheinander. Nummer 17: »CBI/00001«.
    Er schluckte. Er schaute hoch. Er zählte Nummern und Ablagen bis zur Decke. Motherfucker - die hohen 4er-Nummern befanden sich ganz oben.
    Regalleitern gab's nicht. Hochhangeln war angesagt.
    Er kletterte. Die Regale wackelten. Er klammerte sich verzweifelt mit den Zehen fest, suchte nach Halt und zog sich hoch. Er erreichte das letzte Regal. Über ihm hing bedrohlich nah die Decke.
    Er kroch. Er schluckte Staub, Gummibänder und uralte tote Insekten. Er spähte über den Rand und sah Aktenzeichen. Er gelangte zu den 4-5ern, den 4-6ern, den 4-7ern. Er unterdrückte seinen Niesreiz. Das Regal wackelte gefährlich. Er gelangte zu den 4-8ern. Er sah die rote Markierung des Dokuments.
    Er holte die Akte raus.
    Er las die erste Seite.
    Der stolze schwarze Saubermann - als unterwürfiger FBI-Spitzel.
    Er verpfiff ausschließlich bewaffnete Räuber. Sein Führungsoffizier war der örtliche FBI-Chef, Jack Leahy. Die Beziehung hatte '63 begonnen. Die Namen der Räuber waren alle mit Tinte unleserlich gemacht. Alles dicht beieinander, alles hängt mit allem zusammen. Zufälle gibt's nicht - das halte ich hier in meiner Hand.
    Das Regal wackelte. Crutch kotzte beinahe das Mittagessen aus. Raubüberfall-Denunziationen. Gerüchteverbreitung und Gerüchteverfälschung. Das also.
    Crutch musste niesen. Das Regal schwankte heftig. Er ließ beinahe die Akte fallen. Eine Seite rutschte heraus. Er sah einen mit schwarzer Tinte gelöschten Absatz. Gott sprach zu ihm: Jack Leahy hat Joan Rosen Kleins Akte redigiert.
    (Los Angeles, ländliches Mississippi, 15.03.71 -18.11.71)
    Die Operation.
    Sie gaben ihr keinen Namen. Das brauchten und wollten sie nicht. Sie tauschten nie Notizen aus. Es gab keinen Grund, ihr Vorhaben auf Papier festzuhalten. Abkürzungen waren selbstgefällig und satirisch. Und rochen nach pubertären FBIlern, die den Entrechteten zum Spaß eins reinwürgten.
    Er ging seiner Arbeit im Aktenraum nur oberflächlich nach und arbeitete rund um die Uhr an der Operation. Ein Nixon-Mitarbeiter hatte ihm Mr. Hoovers Reiseliste geschickt. Das alte Mädchen wurde gebrechlich. Hoover reiste nun weniger. Für dieses Jahr war keine Reise nach L.A. geplant.
    Sein Schlaf war gut. Seine Nerven gesund. Er warf den Schnaps-und Schlafpillen-Vorrat in den Müll. Er glaubte Beschattungen zu bemerken. Er wich ihnen aus. Die Beschattungswagen verschwanden. Abklingende Restangst.
    Das alte Mädchen traute ihm. Die Operation war sicher. Die Notunterkunft unberührt. Völlig ohne Überwachung.
    Er erledigte eine Aufgabe nach der anderen, ganz ohne Paranoia. Die Operation war unverständlich. Niemand würde deren Ziel in Betracht ziehen oder sich über deren Ausgang auseinandersetzen. Danach würde eine Papierflut losbrechen. Media war die Vorankündigung. Ein zwangsläufiges Großereignis.
    Joan arbeitete mit ihm zusammen, Aufgabe nach Aufgabe. Sie wusste, welche Bedeutung den Einzelheiten zukam. Sie sprachen, planten, errichteten ein riesiges Papier-Labyrinth. Joan weigerte sich, ihre erstaunliche Feststellung weiter zu erläutern.
    »Ich wollte ihn umbringen, seit ich ein Kind war, und werde dir nicht sagen, wieso.«
    Er fragte sie kein zweites Mal. Ebenso wenig Karen. Er führte weitere Aktenüberprüfungen über ihre Familienmitglieder durch. Die Akten waren verloren, falsch abgelegt, umgeleitet, zerstört oder gestohlen. Er gab auf. Das sollte er nicht wissen. Entweder sie ließ es ihn wissen, oder eben nicht. Er bemerkte, wie seine Neugier sich verlor. Sie hatten die Operation. Deren brutale Erfordernisse sie aneinanderband.
    Der Media-Einbruch war ein Erfolg. Karen und ihr Team blieben anonym. Sie gab die Akten durch eine Reihe von Zwischenträgern weiter. Die Washington Post

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