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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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überprüfen. Er hatte den Mietwagen-Abdruck im Kopf. Er kannte jede Schleife und jeden Wirbel. Er hatte sich seit dem 21. Juni durch sechs Zillionen Fingerabdruckkarten gearbeitet.
    Er prüfte, steckte Karten um, gähnte, streckte sich aus, zwinkerte. Ihm verschwamm alles vor den Augen. Dann ging es wieder ganz schnell - eine Karte pro Minute und -
    Dann:
    Eine frische Karte. Bekannte Schleifen und Wirbel. 1,2,3,4,5, 6, 7, 8, 9,10 Vergleichspunkte - gerichtsfeste Übereinstimmung.
    Crutch studierte die Karte und die Vergrößerung. Er wischte sich die Augen, kniff sie zusammen, er schaute. 11,12,13, 14 -vollkommene Übereinstimmung.
    Er drehte die Karte um. Er las die Angaben.
    »Klein, Joan Rosen/weiblich/weiß/geb. 31.10.26, New York City. 1,62 m, 55 kg, Augen: braun, Haar: dunkelbraun 8c grau. Besondere Kennzeichen: Messernarbe an rechtem Oberarm.«
    Diejenige welche, sie, die Frau. Sie hatte einen Namen: JOAN.
    Sie war einundvierzig. Sie war an Halloween geboren. Ihr Vorstrafenregister wirkte unvollständig. Crutch sah Festnahmen, aber keine Verurteilungen. Rote Straftaten. Vergehen gegen Ausländer- und Demonstrationsrecht, Eintragungen seit '44. Zwei Festnahmen wegen bewaffnetem Raubüberfall - '51, '53, Aktennummern von Urteilen nicht angeführt.
    Rote Straftaten. Raubüberfälle. Keine Abzüge von Verbrecherfotos dabei. Crutch rannte ins Fotolabor.
    Auch die neue Aktenkammer war gedrängt voll. Aktenordner, Aktenstapel, eine große Wandgrafik. Er besaß zwei Absteigen in einer Stadt. Und übernachtete in beiden. Er hatte die Akte der Mutter in den Vivian Apartments abgelegt. Die seines Falls im Elm-Hotel. Und Kochplatten-Fraß und Rasierapparate in beiden.
    Crutch fuhr zum Elm. Zunächst mal nahm er sich die Grafik vor. Er hatte Abdeckpapier mit Klebstreifen auf Augenhöhe festgeklebt. Und darauf herumgezeichnet. Das Papier mit Linien und Pfeilen versehen und tägliche Fortschrittsberichte und Zusammenfassungen notiert.
    Er holte den Fettstift und fand eine freie Stelle. Er schrieb »Joan« und zog einen Kreis um den Namen. Er zeichnete ein paar Hinweispfeile mit schwarzen Federn und scharfen kleinen Spitzen:
    »Farlan-Brown-Hinweise (10.08.68) unergiebig. Brown-Tref-fen im Golden Cavern (23.08.68). F. T. soll Suite verwanzen.«
    »Gretchen Farr/Celia Reyes: alle Akten (10.08.68) negativ.«
    »>Grapevine<, >Tommy< & >Spitzel<: Was meinten sie damit?«
    »Tätowierung, Wandmarkierungen & Puder auf Leichenteilen: noch (10.08.68) keine Erkenntnisse.«
    »Illegale Telefonnr.: Telefongesellschaft recherchiert.«
    Crutch studierte die Grafik. Crutch zeichnete Pfeile, die auf »Joan« verwiesen. Crutch versah den Namen ringsum mit großen Fragezeichen.
    Er warf sich aufs Bett. Er studierte die Bilder aus dem Fotolabor. Ein einziges Verbrecherfoto: eine Frontal- und zwei Profilaufnahmen. Joan Rosen Klein mit einem Schild um den Hals.
    Die Zahlen auf dem Schild gaben das Datum an. 12.07.63. Er wusste, was die Zahl vor der Einweisungsnummer bedeutete. »Festgenommen auf Verdacht«. Das konnte auf eine Straßenrazzia oder auf ein Zusammenspiel unglücklicher Umstände hindeuten. Joan war eine Rote Socke und zweimal des Raubüberfalls verdächtig - da bekam man leicht Ärger.
    Sie war damals sechsunddreißig gewesen. Sie sah heute genauso aus. Sie trug Brille. Sie lächelte ins grelle Blitzlicht. Das fast schwarze Haar mit den grauen Strähnen. Das breite und harte Kinn. Der beherrschte Gesichtsausdruck.
    Crutch schloss die Augen, öffnete sie und studierte das Bild erneut. Er nahm ein paar graue Strähnen wahr, die er bisher übersehen hatte.
    Das Bett war mit Büchern aus der Bibliothek bedeckt. Die er sich nach Miami ausgeliehen hatte. Alle über ein und dasselbe Thema: Kuba.
    Er war mit Jean-Philippe Mesplede in Verbindung geblieben. Der Franzmann war sein Freund geworden. Sie unterhielten sich per Ferngespräch, von L. A. nach Miami. Der Franzmann hatte was für ihn übrig. Der Franzmann hielt ihn für einen jungen Tunichtgut, der sich übernahm, und mochte seinen »Fall« nicht ernst nehmen. Scheiß drauf - und wennschon. Der Franzmann meinte, hier ginge es nur um ein diebisches Freundinnen-Paar. Von den unheimlichen Seiten des Falls hatte er ihm nichts erzählt.
    Wayne Tedrow Jr. hatte Donald Linscott Crutchfields Tod gefordert, aber Jean-Philippe hatte ein menschliches Rühren verspürt. Dem Franzmann zufolge war Wayne Junior »labil und politisch suspekt«. Wayne Junior unterhielt rechte Verbindungen, während

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