Blut und Harz
stand ein runder Tisch mit einem Plastikstuhl. Das kleine Häuschen war von allen Seiten mit dichtem Gestrüpp bepflanzt. Vor neugierigen Blicken der Nachbarn war man zweifelsfrei sicher.
Hier konnte man laue Sommerabende mit einem frisch gegrillten Steak und einem kühlen Bier gut aushalten, dachte Erik, während sie zur Eingangstüre traten. Er konnte den Geruch von Holzkohle, brennendem Fett und brutzelndem Fleisch beinahe riechen. Aber Schrebergärten waren ansonsten nicht nach seinem Geschmack. Genauso wenig wie Campen. Aber sie waren ja auch nicht zum Vergnügen hier und Alexander trieben ganz andere Motive, warum er sich ausgerechnet einen Schrebergarten zugelegt hatte. Wer vermutete schon einen Killer inmitten der gartelnden Rentner und Gartenliebhaber?
Die Holztür schnappte auf und bleiches Licht einer Neonröhre flackerte behäbig, bis sie sich doch entschied, das Zimmer zu erleuchten.
Was Erik sah, ließ ihn die Stirn runzeln.
»Was wollen wir hier?« fragte er beim Eintreten. »Für Getränke und Rasendünger hätten wir nicht herkommen müssen.«
Der Rabe schenkte ihm einen vorwurfsvollen Blick.
»Der Schein trügt. Du als Investor müsstest das wissen.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, schloss Alexander die Tür hinter ihm und machte sich an einem hohen, schmalen Schrank zu schaffen, der an der Längswand stand. Gelangweilt sah sich Erik nochmals um, doch die Hütte hatte wenig zu bieten.
Spartanisch würde als Beschreibung passen. Es gab ein schmales Klappbett, auf dem eine säuberlich zusammengefaltete Wolldecke lag und einen winzigen Tisch mit einem weiteren Plastikstuhl. Ein voller Wasserkasten stand dazwischen. Eine offene Kommode war unterhalb des Fensters platziert worden, die Regale säuberlich eingeräumt mit den nötigsten Gegenständen. Erik sah ewig haltbare Gemüsekonserven, einen Dosenöffner, einen PKW-Verbandskasten, eine Schüssel mit Besteck, einen zerbeulten Topf, einen Heizlüfter und eine verstaubte Campingkochplatte. Daneben standen Kerzen, Feuerzeuge, eine Taschenlampe und ein Satz Batterien. Im untersten Fach schlummerte ein zwanzig Kilosack Blaukorndünger.
»Das ist eine weitere Notunterkunft, oder?«
Der Rabe nickte, während er sich weiterhin an dem Schrank, dem letzten Einrichtungsgegenstand in der Hütte, zu schaffen machte. »Ich bevorzuge zwar den Wohnwagen rein aus Bequemlichkeit, aber dieses kleine Grundstück gehört mir und deshalb ist diese Hütte nicht nur Rückzugsort, sondern auch ein Lager.«
Etwas knackte hörbar vor Alexander. Neugierig trat Erik daneben.
»Ein Lager?« fragte er. »Für was?«
Alexander grinste grimmig. »Wirst du gleich sehen.«
Mit einem weiteren Klicken löste sich ein Rückwandbrett des Schrankes und ein Griff mit zwei Metallriegeln kam zum Vorschein. Nachdem Alexander beide zurückgeschoben hatte, packte er den Griff und zog. Ein Drittel der Holzwand schwang geräuschlos zur Seite.
Mit staunenden Augen sah Erik, wie die kleine Hütte ihre verborgenen Schätze preisgab. In die Wand war ein verstecktes Regal eingearbeitet, akkurat und präzise. Man hatte keine auffälligen Kanten, nicht einmal den kleinsten Hinweis gesehen, dass überhaupt ein Regal existierte, wenn die Vertäfelung davor geklappt war.
Dafür war die Ablage randvoll gefüllt mit Waffen aller Art. Etwa auf Augenhöhe waren vier Pistolen aufgehängt, baugleich mit den Modellen, die der Rabe in seinen Holstern trug. Daneben lagerte glänzende Munition, die für einen Kleinkrieg locker gereicht hätte. Im Regal darüber standen Handgranaten Spalier. Erik hatte zwar von dieser Materie keine Ahnung, aber er kannte aus dem Fernsehen Rauchgranaten, Blendgranaten und normale Granaten. Hier war alles vertreten.
Eine Ebene unter den Handfeuerwaffen thronten zwei Maschinengewehre. Von diesen weltberühmten Modellen kannte sogar Erik den Namen: AK-47. Kalaschnikow. Munition im Überfluss wartete nur, verschossen zu werden. Als letztes, hing eine Art Scharfschützengewehr in einer Halterung. Zumindest vermutete das Erik. Er schluckte schwer angesichts des Waffenarsenals.
»Willst du Natalja befreien oder das Kloster verdampfen?«
»Beides.« Alexander zuckte gleichgültig mit den Schultern.
Gleichzeitig griff er nach den Handgranaten und füllte die leere Halterung in seinem Gürtel auf. Ein zweiter Granatenhalter kam zum Vorschein, den er gewissenhaft mit vier Granaten bestückte und sich anschließend am Gürtel befestigte.
»Hattest du schon Mal eine Waffe in der
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