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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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ohne dass es ihn berührt hatte.
    Alexander schlug hinter dem Hauseck auf dem Boden auf.
    Der Ball raste auf seiner Flugbahn vorbei und krachte mit ohrenbetäubendem Bersten in die efeubewachsene Schutzwand, die das Kloster umgab.
    Massive Gesteinsbrocken explodierten, Eissplitter regneten wie spitze Dolche durch die Luft und Blätter rieselten zu Boden. Als Alexander keuchend auf die kribbelnden Beine kam, sah er ein gewaltiges Loch in der Mauer klaffen. Die Ränder waren mit einer glitzernden Schicht aus zentimeterdickem Eis überzogen. Dahinter das undurchdringliche Schwarz des Waldes.
    Wahnsinn! Wenn ihn diese Kugel erwischt hätte, wäre er in schockgefrorene Fleischstücke zerrissen worden und Erik hätte ihn portionsweise einsammeln dürfen.
    Er schluckte schwer angesichts dieser unmenschlichen Kräfte.
    Erik rappelte sich ebenfalls neben ihm auf. »Was zur Hölle war das?“ fragte er stöhnend.
    »Keine Ahnung, aber es hätte uns umgebracht.“ Alexander strich sich Laub und Schnee aus dem Gesicht und fuhr sofort zur Hausecke herum. Er packte die Kalaschnikow fester und trat an den Rand. Er wusste nicht, ob Reimund ihnen nachstellen würde, doch er vermutete es.
    »Und seit wann können Mönche zaubern? Seit wann kann überhaupt jemand ZAUBERN?« fragte Erik hinter ihm. Er klang vollkommen perplex.
    Alexander hielt inne. »Frag deinen Freund, wenn du noch Gelegenheit dazu bekommst! Hättest du vorhin nicht so kopflos gehandelt, wäre Raphael bereits tot!«
    Ohne einen weiteren Kommentar von sich zu geben, spähte Alexander vorsichtig um die Steinecke. Zu seiner Überraschung sah er gerade noch, wie Reimund mit wehenden Stoffen im Tor verschwand.
»Scheiße, er will uns raussperren!« rief Alexander zu Erik. Die AK schmiss er sich am Gurt über die Schulter, gleichzeitig griff er an seinen Gürtel.
    Eine der Handgranaten sprang fast wie von selbst in seine Finger. Das kalte Metall schmiegte sich wohlig an seine Haut. Mit einem entschlossenen Ruck riss Alexander den Ring heraus.
    »Was tust du?« rief Erik entsetzt und trat einen Schritt zurück. Die Haare hingen ihm nass und strähnig in die Stirn und immer mehr Schneeflocken landeten auf seinen Schultern.
    »Uns einen Weg zu Natalja freisprengen«, knurrte der Rabe und warf die scharfe Granate Richtung Eingangstor. Er biss sich auf die Unterlippe, als er den trudelnden Flug beobachtete, doch er hatte sich nicht verschätzt. Die Granate explodierte direkt auf dem Treppenabsatz. Ein sanftes Zittern lief durch den Untergrund, begleitet von einem lauten Grollen. Gleichzeitig wurde das Eingangsportal in eine lodernde Flammenhölle getaucht.
    »Treffer!« triumphierte Alexander.
    Schon hatte er eine zweite Granate in den Fingern.
    ***
    Das sollte sie aufhalten!
    Reimund hatte die Eingangstür gerade in die Angeln gewuchtet und war mehrere Schritte Richtung Kreuzgang rückwärts durch den steinernen Flur geeilt, als eine heftige Explosion das dicke Holz erschütterte.
    Er selbst stolperte vor Überraschung und verlor dabei das Gleichgewicht. Mit ungebremster Wuchte schlug er auf den Steinquadern auf, die nahezu fugenlos den Boden bedeckten. Ein sengender Schmerz durchzuckte sein Steißbein, ließ ihn gequält aufstöhnen, doch er ließ das Tor nicht aus den Augen. Stattdessen sammelte er seine Kräfte für eine Abwehraktion, falls der Rabe durch den Schlund der Hölle hereinbrechen würde.
    Was er sah, ließ trotzdem sein Herz heftiger gegen seine Rippen hämmern. Das uralte Eichenholz, armdick und eisern wie die Ewigkeit, stand lodernd in Flammen. Die brennenden Holzflügel hingen gesplittert und schief in den schwarzen Scharnieren. Der Eingang, der seit Jahrhunderten für Unbefugte verschlossen war, existierte nicht mehr. Der Gang war meterweit mit Spreißeln, Bruchstücken und Steinchen übersät. Staub hing wie eine zähe Wolke in der Luft.
    Was zum Teufel war das gewesen? Hatte der Rabe einen Raketenwerfer im Gepäck?
    Hektisch robbte Reimund nach hinten weg, den Blick starr auf das Feuer gerichtet. Er spürte die kalten, glattgelaufenen Steinfliesen unter seinen aufgerissenen Fingern. Irgendwo hatte er sie sich blutig geschlagen.
    Doch was waren schon Kratzer an den Händen? Hier innerhalb des Flures war er jedem Angriff auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ein todsicheres Ziel. Er musste verschwinden! Er musste hinein in den Kreuzgang, an den Rand des Haines. Dort konnte er die geballte Macht des Waldes entfesseln und Erik und Alexander zu Staub

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