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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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seines Onkels nicht direkt in die Arme rennen. Er wollte keine Salve Blei einverleibt bekommen. So einfach würde er es ihnen nicht machen! Irgendwie schaffte er es auch durch die Hitze, den Rauch und den Kugelhagel hinaus in die märchenhafte Winterlandschaft. Dann wurden seine Erinnerungen bruchstückhaft. Er wusste, dass er sich auf dem Weg einen dicken Vorhang von einer Gardine gerissen, und sich darin gegen die Kälte eingewickelt hatte. Er hatte die beiden Katzen fauchen und lärmen hören, doch ihm blieb keine Zeit. Er musste aus der Flammenhölle hinaus in die Kälte. Irgendwie hatte er auch den schützenden dichten Wald erreicht, wo er den Rest des Brandes zwischen graugrünen Tannennadeln mit starrer Miene verfolgt hatte. Er schwor Vergeltung für die Brandwunden zweiten Grades, die er davongetragen hatte. Er schwor Rache für die Mörder. Er würde jeden einzelnen von diesen Männern ausfindig machen und ihnen langsam die Kehlen durchschneiden und sie ausbluten lassen, so wie er es auch Monate nach dem verheerenden Brand in die Tat umgesetzt hatte.
    Ring. Sein privates Mobiltelefon schellte schrill. Alexander wurde klar, warum er dieses Mal früher erwacht war: Der penetrante Klingelton.
    Ring .
    Er würgte den Kloß in seinem Hals hinunter und schielte aufs Handydisplay. 22:34 Uhr. Er hatte gerade Mal eine halbe Stunde geschlafen. Immer noch benommen nahm er ab.
    »Ja, wer ist da?«
    »Ich hätte einen Auftrag für Sie«, meinte eine Männerstimme trocken.
    Alexander versuchte die Benommenheit abzuschütteln indem er sich die pochende Schläfe massierte. »Sie müssen falsch verbunden sein.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Hallo?« Alexander konnte sich schwer auf das Gespräch konzentrieren. »Was wollen Sie von mir?«
    »Sie arbeiten doch in einem einschlägigen Gewerbe und Sie sollen einer der Besten sein und …«
    »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist? Was soll der Schmarrn?«
    »Durchaus, aber man hat mir den Raben empfohlen.«
    Sein Herz begann mit einem Mal laut zu hämmern. Sofort war Kowalski hell wach, die Benommenheit verflogen. Seine Gehirnmechanik kam mit einem Ruck auf Vollgas.
    Hier stimmte etwas nicht, ganz und gar nicht!
    Jemand kannte seine private Nummer und wusste, dass er der Rabe war. Er unterbrach augenblicklich das Gespräch, indem er auf den roten Hörer drückte. Das konnte doch nicht sein!
    Seine penibel ausgeklügelte Deckung war aufgeflogen. Die Konsequenzen dieses kurzen Telefonates waren weitreichend, auf den ersten Blick nicht einmal absehbar.
    Ring.
    Erneut schellte das Telefon. Im Bruchteil einer Sekunde überschlug Alexander die Alternativen. Viele blieben ihm nicht. Da das Telefonat keine 90 Sekunden gedauert hatte und somit eine Ortung seines Handys schwierig war, entschied er sich für die Offensive. Er musste mehr über den mysteriösen Anrufer herausfinden. Zum zweiten Mal nahm er ab.
    »Wollen Sie mir nun doch zuhören?« fragte die Stimme des Anrufers.
    »Woher wissen sie von dem Raben?«
    Der Mann am Ende der Leitung seufzte steif. »Ich habe meine persönlichen Quellen und einflussreiche Freunde. Mir bleibt nichts verborgen.« Die Nüchternheit in der Stimme des Mannes verriet Alexander, dass die Worte todernst gemeint waren.
    »Was wollen Sie?« fragte er vorsichtig.
    »Ich möchte, dass Sie für mich eine Person beseitigen, die meinen Geschäften im Weg steht. Es soll nach einem Unfall aussehen. Das Ganze sollte aber bald passieren, am besten in den nächsten 48 Stunden. Lässt sich das einrichten?«
    48 Stunden! Alexander schluckte schwer. Er war von Bayern aus im gesamten deutschsprachigen Raum und in den Nachbarländern tätig. Polen, Tschechien, Frankreich. Seine Aufträge als Cleaner waren diffizil, da waren 48 Stunden Vorplanung ein schlechter Scherz. Aber seine Neugierde war erwacht.
    »Wen?« fragte er.
    »Erik Ritter.«
    Alexander schwieg. Erik Ritter war einer seiner gut zahlenden Kunden. Er vergab ihm zwar nie einen Mord, doch beständig tröpfelten Aufträge herein. Ein Hausbrand da, ein Unfall hier. Kleinvieh, das besten Mist produzierte.
    »Ich weiß, dass Sie für ihn arbeiten«, fuhr die Stimme ungeduldig fort. »Ich zahle Ihnen auch das Zehnfache eines normalen Auftrages. Geld spielt keine Rolle. Wie ich schon sagte, ich habe mächtige Verbündete.«
    Alexander zweifelte nicht daran. Ihm war vollkommen schleierhaft, wie der Anrufer von seiner Zusammenarbeit mit Herrn Ritter wissen konnte. Entweder er hatte wirklich sehr einflussreiche

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