Blut Und Knochen: Thriller
oder nicht?
Faulds: Ja, aber das hat doch im Grunde nichts zu sagen, oder? In der Berufungsverhandlung wegen einer formalen Spitzfindigkeit auf freien Fuß gesetzt zu werden ist doch nicht das Gleiche wie ein Freispruch wegen erwiesener Unschuld. Und er hat noch mal fünfzehn Jahre bekommen, weil er diesen Vergewaltiger in der Gefängnisdusche zu Tode geprügelt hat.
Off-Kommentar: Schon, aber wir sollten da lieber vorsichtig sein. Oder wir filmen einfach zwei Versionen: eine, in der Sie Wiseman beim Namen nennen, und eine, in der Sie nur »der Fleischer« sagen. Wie wär's?
Faulds: Okay.Ähm. [Hüstelt] Wenn wir die Situation realistisch einschätzen, müssen wir feststellen, dass ein Serienmörder in dieser Situation ... Moment, jetzt habe ich zwei Mal »Situation« gesagt. Könnten wir noch mal von vorn anfangen? Logan und Insch standen in der Küche und hörten zu, wie Faulds auch noch die dritte Aufnahme vermasselte. Der Inspector schüttelte den Kopf und murmelte: »Diese Amateure ... « Die Spusi hatte wie üblich ein Chaos hinterlassen. Sämtliche Oberflächen waren mit einer dünnen Schicht Fingerabdruckpulver überzogen - schwarz auf den Küchenschränken, weiß auf der Granitarbeitsplatte. Kleine gelbe Schildchen markierten die Tropfen trocknenden Bluts, einen verschmierten Handabdruck auf einem Küchenschrank, ein Büschel Haare, das an einem Türgriff klebte, einen abgebrochenen Zahn vor der Gefrierkombination ... »Wenn ich das schon sehe - kann nicht mal ein paar Sätze in die Kamera sagen, ohne sich zu verhaspeln. Und so was will mal Berufsschauspieler gewesen sein? Unglaublich ... « Insch schloss die Tür, als Faulds gerade zum nächsten Versuch ansetzte. »Was hat er über den Fall gesagt?« Logan zuckte mit den Schultern. »Nicht viel. Wir haben den ganzen Vormittag im Leichenschauhaus verbracht und zugeschaut, wie sie in kleinen Fleischstücken rumgestochert haben. Und dann haben wir die >Fleischer<-Akten aus dem Archiv ausgegraben. Ganze Berge von -« »Und über mich?«
»Über Sie? ... Äh ... nichts.«
Insch blickte sich finster in der ruinierten Küche um und kaute auf der Innenseite seiner Wange herum. Logan konnte beinahe hören, wie die machiavellistischen Rädchen in dem massigen rosa Schädel ratterten.
»Ich versteh das nicht«, meinte Logan, »wenn Sie Faulds nicht ausstehen können, wieso haben Sie ihn dann überhaupt hergebeten?«
»Weil das nun mal die Abmachung war. Wenn Sie einen Fleischer-Fall auf den Tisch kriegen, trommeln Sie das alte Ermittlungsteam zusammen - ganz gleich, ob Sie deren >Hilfe< brauchen können oder nicht. Diese Pfeifen kreuzen so oder so auf. Und siehe da, was für ein Glück für mich: Chief Constable Faulds hatte gerade nichts Besseres zu tun.« Der Inspector brütete eine Weile vor sich hin und schien dann zu einem Entschluss zu gelangen. »Rufen Sie die Leitstelle an - jemand soll sich die Aufnahmen der
Überwachungskameras vornehmen. Wer auch immer die Opfer verschleppt hat, muss dazu ein Auto benutzt haben, einen Lkw oder einen Lieferwagen. Finden Sie ihn. Und am besten sagen Sie den Pressefuzzis, sie sollen eine Konferenz einberufen. Sie sollen Fotos der Inglisens rausgeben - vielleicht hat ja irgendjemand etwas gesehen.« Er hielt einen Moment inne, um eine Kinderzeichnung zu betrachten, die am Kühlschrank hing: ein Gespenst, umgeben von fröhlichen Skeletten. »Armer kleiner Kerl ... Wir müssen mit dem Jungen reden und herausfinden, ob er den Täter - Mist.« Inschs Handy intonierte schrill »The Lord High Executioner« aus dem Mikado. Insch zog das Telefon aus der Tasche, stöhnte und drückte auf den Knopf. »Hallo, Gary ... Ja ... Ja, ich weiß, aber
-Weil es sich um eine laufende Ermittlung handelt, darum ... Nein ... « Er verdrehte die Augen und stapfte aus der Küche, um sich an Faulds und dem Kameramann vorbei in Richtung Ausgang zu schieben. Dann knallte er die Haustür hinter sich zu. Faulds seufzte. »Wie ich sehe, ist er immer noch so jähzornig wie eh und je.«
»Ja ... nun ja, er steht eben unter gewaltigem Druck, Sir.«
»Ist er ein guter Chef?«
Logan dachte darüber nach. »Er bringt viele Verbrecher hinter Schloss und Riegel.«
»Eine diplomatische Umschreibung für: >Er ist ein totales Arschloch.<«
Was sollte er darauf erwidern? Die Pressekonferenz war nicht gerade das reinste Vergnügen. Kaum war die vorbereitete Erklärung verlesen, da ging die Meute auch schon zur Attacke über. Wiseman lief frei herum, Menschen starben,
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