Blut Und Knochen: Thriller
flackernden Neonröhre. Und zum ersten Mal konnte Heather ihren Mitgefangenen richtig sehen. Er war nicht sehr groß, aber er sah ... freundlich aus, mit seiner Glatze und seinem kleinen weißen Bart. Er trat über die Schwelle. »Ich verspreche Ihnen, ich komme wieder.« Und dann war Mister Neu verschwunden. Duncan schlang den Arm um sie und zog sie an sich. »Schsch. Es ist alles okay. Er wird bald wieder hier sein, und dann wird alles wieder gut.« Das Sonnenlicht begann schon zu schwinden, als das Suchte am den großen Garten hinter dem Haus durchkämmte. »Wissen Sie was, Sherlock«, meinte Steel, die Zigarette fest zwischen die Lip pen geklemmt, während der Rauch sich in den blass blauen Himmel kringelte, »Sie hatten auch schon mal bessere Ideen.«
Logan lehnte sich an das Terrassengeländer und sah zu, wie einer der Hundeführer seinen Schäferhund davon abzuhalten ver suchte, seinen Haufen in die Blumenbeete zu pflanzen. »Irgendetwas muss da doch sein.«
»Ich gebe uns noch zehn Minuten, dann packen wir ein und fahren zurück ins Präsidium.« Steel schnippte ihre Kippe auf den kleinen Berg, den sie in den letzten paar Stunden produziert hatte. »Aber zuerst dürfen Sie uns mal Teewasser aufsetzen.« Logan öffnete die Terrassentür, und sie betraten die Küche genau in dem Moment, als einer der Spurensicherer sich einen Dessertlöffel voll Eis in die Speiseluke schob. Er erstarrte, als er die beiden sah. »Waff iff?«, fragte er mit vollem Mund. »Daff wär' doch fowiefo nur verdorben ... « Steel riss ihm den Löffel aus der Hand. »Das hier ist offiziell ein Tatort!« Der Spusi schluckte, errötete und stellte den Becher auf die Arbeitsplatte zurück. »Ich hab doch nur -« »Kommen Sie mir nicht mit faulen Ausreden.« Sie zeigte zur Küchentür. »Und jetzt raus mit Ihnen, und sehen Sie zu, dass Sie uns ein paar Spuren finden, das ist schließlich Ihr Beruf, zum Donnerwetter!« Sie wartete, bis der Spusi verschämt die Tür hinter sich zugemacht hatte, ehe sie Logan fragte: »Und - was ist es?« »Mackies, Vanille.« »Oh, cool. Besorgen Sie uns doch mal saubere Löffel, ja?« Logan kramte einen aus der Küchenschublade heraus und reichte ihn Steel. »Danke ... Haben Sie was von Insch gehört?« »Seine Frau wird heute aus dem Krankenhaus entlassen. Für die Trauerfeier war sie noch zu schwach.« Steel war lange Zeit still. »Die Ärmsten.« Sie stieß ihren Löffel in das Eis und hebelte einen dicken Batzen heraus. »Wir haben jetzt an die zweihundert Pfund in der Kasse - dafür wollen wir eine von diesen Bänken im Duthie Park kaufen. Irgendein nettes Plätzchen, vielleicht mit Blick auf die Entchen oder so. Zum Gedenken an Sophie Inseh, 2003 bis 2007.Von allen schmerzlich vermisst. So was in der Art.« »Das wird ihm gefallen.« »Aye, na ja ... « Das Eis verschwand in ihrem Mund. »Das beste Geschenk, das wir Insch machen könnten, wäre, dieses miese Dreckstück von Wiseman für den Rest seiner Tage hinter Gitter zu bringen.« Sie stand da und starrte nachdenklich ins Leere, als wäre sie im Begriff, irgendeine bedeutende Ankündigung zu machen. »Schauen Sie doch mal, ob Sie irgendwo Schokoladensauce finden können.« Duncan behielt recht: Mister Neu kam tatsächlich zurück - bewusstlos und wie eine Schweinehälfte über die Schulter des Fleischers geworfen. Er wurde grob auf dem Metallboden abgeladen und landete in einer Pfütze seines eigenen Erbrochenen. Der Fleischer starrte eine Minute lang auf Mister Neu herab, dann drehte er sich um, ging hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Ließ Heather wieder im Dunkeln allein. Sie rutschte vor ans Gitter. »Mister Neu?« »Siehst du - ich hab dir doch gesagt, dass es eine schlechte Idee war.«
»Mister Neu, sind Sie tot?« Sie spitzte die Ohren und konnte gerade eben ein feucht klingendes Atemgeräusch ausmachen. Aber sie konnte nicht erkennen, ob es Mister Neu war oder das Dunkel. Heather winkte Duncan zu sich. »Ist er tot?« »Noch nicht. Aber bald.« Sie schraubte ihre Wasserflasche auf und streckte die Hand durch die Gitterstäbe, tastete mit den Fingern über den rostigen Metallboden: Metall, Metall, kaltes Erbrochenes - »Uargh!« - Metall, Haar. Sie drehte sein Gesicht zu sich und goss Wasser darüber. Husten. Spucken. Stöhnen. Und dann Tränen. »0 Gott ... « Sie hörte, wie er sich mühsam auf die Knie aufrichtete, hörte seinen gequälten, zischenden Atem. Dann ein Scheppern, als er zusammenbrach und an das Gitter
Weitere Kostenlose Bücher