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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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gesorgt. Hier drinnen benötigt Ihr es nicht«, erklärte Stoll.
    Marzinger lachte dröhnend, ging an ihnen vorbei und klopfte einem Hellebardier auf die Schulter. »Ist ja kein Hotel, euer hübscher Turm!«
    Der junge Hellebardenträger bemerkte Maries unglückliche Miene und verkniff sich eine gehässige Bemerkung.
    Im Erdgeschoss wirkte der Falkenturm wie ein vernachlässigtes Wohnhaus. Man nahm in der ersten Amtsstube ihre Personalien auf und brachte sie durch ein dunkles Treppenhaus hinauf in den dritten Stock. Als die eisenbeschlagene Tür der winzigen Zelle hinter ihr ins Schloss fiel, zuckte Marie zusammen und lief an den vergitterten Fensterspalt, durch den sie über den Stadtgraben auf die Bleichwiesen an der Isar blickte. Ihre Schreie würden unbeachtet verhallen und ihr nur Schläge seitens ihrer Bewacher einbringen. Sie tastete nach ihrem Gürtelbeutel, in dem sich der von Remigius aufgesetzte Kaufvertrag befand, der einzige ihr verbliebene Trumpf in einem Spiel, dessen Regeln sie nicht kannte. Und das, dachte Marie und nagte an ihrer Unterlippe, waren keine guten Voraussetzungen.
    Nach einer endlosen Nacht, in der sie sich ruhelos auf einer schmalen Pritsche hin- und hergewälzt hatte, war sie erst in der letzten Stunde vor dem Morgengrauen in einen leichten Schlaf gefallen, aus dem sie wie gerädert erwachte. Ihr Rücken schmerzte, und sie nahm den leicht ranzigen Geruch ihrer Haare und den strengeren ihres durchgeschwitzten Kleides wahr. Wenn Zeiner sie zermürben wollte, würde er sich eine andere Taktik überlegen müssen, denn alles, was sie fühlte, war eine unbändige Wut. »Unverschämt! So behandelt man keine Dame!«, fluchte sie und trat mit dem Fuß gegen die Tür. »Heda! Hört mich jemand?«
    Wieder und wieder trat sie gegen die mit Eisen beschlagenen Holzbohlen der Zellentür, trommelte mit den Fäusten dagegen, bis sie erschöpft nach Luft rang und sich mit dem Rücken anlehnte. Durch den Fensterspalt fiel ein Strahl warmer Morgensonne, in dem Staubkörner und Mücken flirrten. Sie betrachtete ihre schmutzigen Hände und das fleckige Kleid und konnte sich noch so viel Mühe mit ihrer Frisur geben, ohne Bürste und neue Kämme ließen sich die verknoteten Locken nicht bändigen. Die hölzerne Pritsche war das einzige Möbelstück in dem engen gekalkten Raum. Feuchter Schimmel kroch aus den Ecken herauf und verbreitete nebst dem Aborteimer einen durchdringenden Gestank.
    Endlich klirrten draußen Schlüssel, und Männerstimmen näherten sich. Als die Tür ihrer Zelle aufgestoßen wurde, stand Marie mit gefasster Miene und erhobenem Kinn an der gegenüberliegenden Wand.
    »Gott zum Gruße, Frau von Langenau!«, begrüßte sie der Geheimrat aufgeräumt. Hinter ihm drückte sich Stoll mit entschuldigender Miene herum, doch Marie ignorierte den windigen Secretarius, dem sie mittlerweile ebenso misstraute wie dem Hofbeamten.
    »Spart Euch höfliche Floskeln. Warum bin ich hier? War es nötig, mich einzusperren? Bin ich eine Gefahr für die Allgemeinheit? Dann ist es schlecht bestellt um unser Land!«, fauchte sie angriffslustig.
    »Ich bin untröstlich! Aber erst heute Morgen habe ich erfahren, dass Ihr bereits in München seid!« Zeiner zwirbelte seinen Schnurrbart und schnippte sich einen Fussel von seinem makellos sauberen schwarzen Wams, dessen goldene Knöpfe im Licht schimmerten.
    »Es ist meine Schuld, Gnädigste!« Schnaufend versuchte Stoll, sich zu verneigen. »Ich habe sofort nach unserer Ankunft nach dem Herrn Geheimrat gesandt, aber …«
    »Schweig Er, Stoll! Interna dürften für unseren Gast kaum von Belang sein. Lass Er einen Wasserkrug bringen!«, befahl Zeiner und machte einen Schritt in die Zelle. »Nicht sehr behaglich, aber man wird Euch für dieses Missverständnis entschädigen.«
    Marie schnaufte verächtlich.
    »Nun, wo wir einmal hier sind, kann ich Euch meine Fragen auch sofort stellen. Umso schneller könnt Ihr zu Eurem Bruder, der sich über Beistand freuen wird.«
    Erschüttert vergaß Marie ihre Wut. »Was ist mit Georg? So sprecht doch, geht es ihm gut?«
    »Oh, Ihr wusstet nichts davon?«, gab sich Zeiner zerknirscht. »Was müsst Ihr nur von mir denken? Aber zumindest kann ich Euch in dieser Hinsicht beruhigen – Euer Bruder ist bei bester Gesundheit. Ganz im Gegensatz zu einem jungen Pater seines Bekanntenkreises, der vor einigen Tagen tot in der Isar gefunden wurde.«
    »Pater Anselm?« Marie suchte Halt an der glatten Wand und spürte ihre Knie

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