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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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mit der Delinquentin?«, rief es plötzlich von draußen, und die derbe Visage des Soldaten erschien im offenen Seitenfenster.
    »Scher dich, Marzinger, und gib lieber acht auf gartende Knechte!«, erwiderte Stoll, und der Schweiß rann ihm unter den Haarsträhnen über die Schläfen und in den engen Kragen.
    »Red nicht so! Wenn sie uns überfallen, machen sie aus dir zuerst ein Spanferkel!« Lachend gab der Soldat seinem Pferd die Sporen.
    Stoll zerrte ein fleckiges Taschentuch aus seinem Wams und wischte sich über das glänzende Gesicht. »Wo waren wir stehengeblieben?«
    »Geheime Beratungen wegen eines Mandates gegen den Aberglauben«, half Marie.
    »Oh ja, dahinter steckte weit mehr, als man meinen könnte.« Er atmete tief durch und legte den Kopf zurück. Die Zurechtweisung durch den Soldaten schien ihn in seinem Mitteilungsdrang noch zu bestärken. »Nur wenige wissen davon«, betonte der Secretarius. »Der vormalige Herzog von Bayern, Seine Fürstliche Gnaden Wilhelm V., wurde in dieser Angelegenheit konsultiert, weil man in ihm einen Fürsprecher weiß. Zudem berät sich Seine Gnaden aufs Engste mit den Patres Societatis.«
    Dass Maximilians Vater enge Beziehungen zu den Jesuiten pflegte, war allgemein bekannt, doch Wilhelms Lebenswandel hatte nicht immer in das Bild eines sparsamen, frommen Landesvaters gepasst, wie Marie auch wusste. Während seiner Regierungszeit hatte Wilhelm V. Unsummen für seine Kunstsammlung und Bauwerke wie Schloss Schleißheim ausgegeben und die Staatsfinanzen ruiniert. In seiner Verzweiflung hatte er Hilfe bei Marco Bragadino gesucht, einem Alchemisten aus Piacenza, der von sich behauptete, das Geheimnis des Goldmachens zu kennen, sich jedoch als Hochstapler entpuppte. Die Hinrichtung auf dem Münchner Weinmarkt geriet zu einem Spektakel und war lange Zeit in aller Munde, denn dem Scharfrichter gelang es erst mit dem dritten Hieb, dem Verurteilten den Kopf vom Leibe zu trennen.
    »Die Patres waren zu den geheimen Beratungen hinzugezogen worden, denn es sollte deutlich gemacht werden, dass Aberglauben und Hexerei große Sünden sind, keine Kindereien oder Narreteien, wie gern behauptet wird, und deshalb auch von der weltlichen Obrigkeit geahndet werden müssen. Seine Gnaden haben diesbezüglich auf den Herzog gewirkt, wie das neue Mandat zeigt.« Stolz brüstete sich Stoll mit seinem internen Wissen.
    »Aber es waren nicht nur Jesuiten an den Beratungen beteiligt?«, hakte Marie nach.
    Stolls Miene wurde verschlossen. »Hochrangige Mitglieder des Rates und von Stand, aber ich habe bereits zu viel offenbart, Gnädigste.«
    »Seid versichert, dass ich nicht ausplaudere, was Ihr mir unter dem Mantel der Verschwiegenheit anvertraut habt«, versicherte Marie dem Secretarius und grübelte über das Gehörte. Warum hatten sie nicht an Wilhelm V. gedacht? Remigius musste den abgedankten Herzog gekannt und um dessen exzentrische Neigungen und Sammelleidenschaft gewusst haben. Und dieser Mann war noch immer politisch aktiv. Warum sollte er nicht nach den Tafeln da Pescias forschen? »Seine Gnaden leben jetzt in der Veste bei Sankt Michael, nicht wahr?«
    »Daselbst, wenn Seine Gnaden nicht auf Schleißheim weilen. Im Vertrauen hat der durchlauchtigste Herzog dieses Privileg gewährt, obwohl die Eigentumsübertragung stattgefunden hat.«
    »Wie darf ich das verstehen? Herzog Maximilian hat seinem Vater das Schloss abgekauft?«
    Stoll grinste vielsagend. »Je nun, übernommen und vor dem Konkurs bewahrt. Zwölftausend Gulden standen an Fährnissen aus! Ich war mit Geheimrat Zeiner in der Kommission von Baron Lerchenfeld. Der Baron hat ein Gutachten über den Zustand von Schleißheim erstellt.« Eine Fliege setzte sich auf den durchgeschwitzten Kragen des Secretarius, und der Geruch von gedüngten Feldern kam durch die Fenster. »Der Herzog hat entsprechend unseren Ergebnissen Kürzungen durchführen lassen. So wurden die prächtigen Büffel abgeschafft, von einhundert Ochsen blieben nur dreißig, und die Brauerei wurde eingestellt, weil sie dem herzoglichen Hofbräuwesen unerwünschte Konkurrenz bereitet hatte. Das Gestüt wurde behalten, wäre auch schade um die edlen Tiere gewesen. Ach ja, die Käserei wird erfolgreich weiterbetrieben.«
    »Die Damen bei Hof sind ganz versessen auf den Käse aus Schleißheim. Ein lothringischer Schäfer hat die Schleißheimer in der Zubereitung von Parmesankäse unterwiesen.« Die Residenz rückte nicht nur in Gedanken näher, dachte Marie

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