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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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ist in der Früh schon aufgebrochen, eine Gräfin bei Schleißheim besuchen, die dem Kloster beitreten will«, erklärte die Pförtnerin.
    Umso besser, dachte Marie. »Notiert, dass ich abgerufen wurde, Schwester. Ihr habt gesehen, dass es dringlich ist.«
    Der Weg ins Hackenviertel war Marie mittlerweile so vertraut, dass sie die Kirchen und bunten Hausfassaden, die sich langsam belebenden Plätze mit ihren schreienden Marktweibern zwar wahrnahm, doch ihre Gedanken kreisten einzig um das bevorstehende Treffen mit Ruben. Dass er sie zum Schuhmacher rufen ließ, konnte nur bedeuten, dass etwas Bedeutsames geschehen war! Vorfreude und Angst hielten sich die Waage, als die Träger sie eine Querstraße entfernt von ihrem Ziel absetzten. Der hölzerne Schuh schwang quietschend über dem Eingang. Kinder spielten mit einem kleinen Hund auf der Straße, jemand zog an einem Seil ein Schwein hinter sich her, und dann sah sie eine große männliche Gestalt, die in einem Hauseingang nicht weit von ihr wartete und ihr winkte. Freudig schritt sie die Straße entlang, bis sie plötzlich zögerte und sich instinktiv umschaute. Sie hatte kaum ihren Schritt verlangsamt, als sie hinter sich ein Geräusch hörte, so als spränge jemand auf das Pflaster, dann wurde sie gepackt, und noch ehe sie schreien konnte, hatte man ihr einen Knebel in den Mund gestoßen. Als sie um sich zu schlagen versuchte, verspürte sie einen scharfen Schmerz an der Schläfe und versank in gnädiger Dunkelheit.
    In ihrem Kopf hämmerte das Glockenspiel von Sankt Elisabeth. Heilige Jungfrau! Marie blinzelte, bewegte ihren Mund, aus dem der Knebel verschwunden war, und tastete mit den Händen nach ihrem Kleid. Alles saß an seinem Platz. Man hatte ihr keine Gewalt angetan, abgesehen von der Entführung. In Erwartung eines düsteren, feuchten Verlieses tastete sie nach dem Untergrund. Erstaunt riss sie die Augen auf. Sie lag auf einem mit Seide bezogenen Diwan. Sofort dachte sie an Tulechows elegantes Stadthaus und sah sich um, doch der Raum war ihr gänzlich fremd. An der Wand gegenüber hing ein kostbarer Gobelin, daneben das Gemälde eines Jagdpferds, darunter stand ein Konsoltisch mit einer grünen Marmorplatte, auf der eine Karaffe, Gläser und eine Schüssel mit Früchten lockten. Verhungern lassen wollte man sie offenbar nicht. Sie entdeckte einen Bücherschrank mit verschließbaren Glastüren und sah schließlich zum Fenster, das mit schweren, dunklen Brokatvorhängen verhängt war. Durch einen schmalen Spalt fiel ein Streifen Tageslicht.
    Vorsichtig schwang sie die Beine über die Kante des weichen Tagesbetts und stützte sich beim Aufstehen an der Wand ab, die mit Stoff bespannt war. Ihr Entführer musste sehr wohlhabend sein. Als ein Schwindelgefühl ausblieb, schritt sie zum Fenster und schob die Vorhänge auseinander, musste jedoch enttäuscht feststellen, dass halbgeschlossene Fensterläden, die von außen verriegelt waren, den Ausblick verwehrten. Ihr Mund war trocken, und sie verspürte Hunger. Sie schnupperte an dem Krug und probierte das Wasser, das keinen Beigeschmack hatte. Bei den Erdbeeren zögerte sie.
    »Nehmt ruhig, sie sind nicht vergiftet, falls Ihr das glaubt.«
    Sie ließ die Frucht fallen und drehte sich mit raschelnden Röcken zur Tür, die sie nicht gehört hatte. Ein mittelgroßer grauhaariger Mann stand im Halbdunkel der Zimmerecke und trat langsam nach vorn. Hinter ihm schloss sich eine Tapetentür.
    »Graf von Larding!«
    Bedächtig machte er einen weiteren Schritt auf sie zu und musterte sie abwesend. Sie hatte dem Mann der Gräfin, der sich stets im Hintergrund hielt und mit den politischen Angelegenheiten des Herzogs beschäftigt war, nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Für Reue war es nun zu spät. Der Graf war edel, aber nicht auffällig gekleidet, nur ein kostbarer Dolch, der fein ziselierte Degen und die polierten Stiefel zeugten von nicht unerheblichen Mitteln.
    »Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten, die Ihr erfahren musstet.« Er machte eine Geste in Richtung ihres Kopfes.
    Automatisch tastete sie nach der Schläfe und spürte eine Schwellung. »Eine formelle Einladung hätte ihren Zweck auch erfüllt. Ich wäre ihr nachgekommen und hätte Euch zum Tode Eurer Gattin mein Beileid ausgesprochen. Wozu dieses Theater?«
    »Zweifelsohne wäret Ihr meiner Einladung gefolgt, nur hätte jeder gewusst, dass Ihr hier seid, und das wollte ich vermeiden.« Er lächelte fein und richtete seinen Blick auf den

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