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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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nickte, als man ihr ein Stück abschneiden wollte.
    »Ich lasse doch nicht jeden dahergelaufenen Fremden an meine Tafel! Zudem war er äußerst unhöflich und wenig mitteilsam!«, entrüstete sich Albrecht.
    »Er wollte Euch nur nicht sagen, was er Onkel Remigius mitzuteilen hat, und eine vertrauliche Botschaft für sich zu behalten ist nicht unhöflich«, sagte Marie. Die Apfelfüllung war mit Rosinen gemischt und quoll aus dem Teig auf ihren Teller. Hungrig griff sie nach dem Löffel.
    Erstaunt hob Doktor Kranz eine Augenbraue. »Ihr seid dem Mann begegnet?«
    Doch Marie zog es vor, sich ganz dem Kuchen zu widmen, und hielt sich für den Rest des Mahles mit Kommentaren zurück.
    Am nächsten Morgen erwachte sie bereits vor Sonnenaufgang, wusch sich mit eiskaltem Wasser und ließ sich von Vroni beim Ankleiden helfen. Als das Mädchen ihr wie üblich das abgewetzte Hauskleid reichte, schüttelte Marie den Kopf. »Heute nicht. Gib mir das maronenfarbene Samtkleid.«
    »Oh ja, das ist hübsch und steht Euch gut!« Eilig warf Vroni das unansehnliche Kleid auf einen Schemel und nahm das Samtkleid aus der Truhe.
    Marie stand in Hemd, geschnürtem Mieder und den unzähligen Unterröcken vor ihrem Ankleidetisch und schaute in den Spiegel, aus dem ihr heute Morgen eine strahlende junge Frau entgegensah. Entgegen ihrer Gewohnheit erwiderte sie den Blick des Spiegelbilds und lächelte. Ihre grünen Augen sahen unter langen Wimpern aufmerksam hervor, die Brauen waren in schönem Bogen geschwungen. Ihre Nase war nicht zu lang, aber auch nicht zierlich, das Kinn etwas zu energisch und die dunkelblonden Haare gewellt. Sie zog eine Grimasse. Eine Schönheit war sie wahrhaftig nicht.
    Vroni lachte. »Ihr seid aber guter Laune heute Morgen! Liegt das an dem Herrn aus München, diesem Doktor der Jurisprudenz? Der ist übrigens noch nicht aufgestanden.«
    »Was weißt denn du schon wieder alles?« Marie hob die Arme, damit Vroni ihr das Kleid überstreifen konnte.
    »Na, das Gesinde weiß immer Bescheid. Wir sind die Augen und Ohren des Hauses.« Vroni zog das Kleid herunter und grinste ihre Herrin an.
    »An dir ist ein Philosoph verloren gegangen.« Marie sah, wie Aras suchend in der offenen Truhe schnupperte.
    »Hoffentlich sind da keine Mäuse drin. Es stinkt widerlich, wenn eine zwischen den Sachen krepiert!«, meinte Vroni. »Was ist ein Philosoph?«
    »Jemand, der viele Bücher liest und kluge Dinge sagt und schreibt.«
    »Dann bin ich das gewiss nicht, denn ich kann nur meinen Namen schreiben.« Vronis Haarkringel wippten über den Ohren.
    »Du bist trotzdem ein kluges Mädchen, Vroni. Sag, ist der andere Gast schon auf?« Marie strich über den weichen Samt, dessen dunkler Ton ihrem Teint schmeichelte.
    »Der arme Mensch musste in der kalten Kammer neben dem Josef nächtigen, aber ich glaub, der ist Ärgeres gewohnt. Ja, ja, der ist auf und war schon bis zum Wald rauf.« Das junge Mädchen band die letzte Schleife und legte Marie die langen Haare über den Rücken, um sie zu frisieren. »Der Johannes sagt, er will bald wieder fortreiten.«
    »Aber nein!«, entfuhr es Marie. »Er wollte mit meinem Oheim sprechen, und Remigius kann so unleidlich sein«, murmelte sie mehr zu sich selbst.
    »Dann wollen wir Euch rasch frisieren.« Vroni hantierte geschickt mit Nadeln und Kämmen.
    Eine halbe Stunde später betrat Marie mit Aras die Küche, in der sie Ruben Sandracce beim Essen einer Portion Grütze vorfand. Martha scheuchte die Mägde an die Arbeit, doch die Mädchen kicherten und schauten ständig zu dem dunkelhaarigen Fremden, der sich ungerührt seinem Mahl widmete.
    »Guten Morgen, Herrin«, begrüßte Martha sie. »Wünscht Ihr zu speisen?«
    »Später, danke.«
    Der Fremde hob den Kopf. Im Tageslicht erkannte Marie, dass seine Haare tiefschwarz waren. Woher mochte er stammen? In Augsburg hatte sie einmal eine böhmische Gauklertruppe gesehen, unter denen Musiker gewesen waren, denen Sandracce vom Typus her ähnelte.
    »Ich reise ab«, sagte er, griff nach seinem Umhang, der neben ihm auf der Bank lag, und stand auf.
    »Habt Ihr mit meinem Oheim gesprochen?«
    »Nein, man hat mich nicht vorgelassen.« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist es besser so.«
    Er kam auf sie zu, und Aras schob sich knurrend vor, doch Ruben streckte einfach die Hand nach dem Hund aus und legte sie ihm kurz zwischen die Ohren. »Ein schöner Hund. Eurer?«
    »Aras. Was habt Ihr gemacht? Normalerweise hätte er gebissen oder zumindest nach

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