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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Euch geschnappt.« Sie ging vor ihm aus der Küche in den Flur.
    »Er weiß genau, wer Euch Böses will und wer nicht.«
    »Dann weiß ich jetzt, dass Ihr aus Prag kommt, meinen Onkel sprechen wollt und mir nicht übel gesinnt seid.« Sie führte ihn zum Treppenaufgang in der Eingangshalle.
    »Ihr müsst mir nicht helfen«, sagte er und blieb an der Treppe stehen.
    »Das ist mir durchaus bewusst.« Sie wandte sich um und sah ihn direkt an. »Lasst es mich so sagen: Mein Bruder war unhöflich zu Euch, und die Gastfreundschaft ist eine Tradition, die man nicht mit Füßen treten soll. Außerdem sind Gäste selten auf Gut Kraiberg, und Besucher für meinen Onkel gab es bisher keine. Und ja, ich bin neugierig, was Ihr ihm zu berichten habt, denn ich schätze meinen Onkel mehr als alle anderen Bewohner dieses Hauses.«
    Sie fragte sich, ob sie nicht zu weit gegangen war, doch Ruben lächelte und sagte: »Abgesehen von Eurem Hund.«
    »Wollt Ihr mir dann bitte folgen?«
    Schweigend stiegen sie die Stufen hinauf in den ersten Stock, wo es noch ruhig war, nur aus dem Gästequartier drang lautes Schnarchen. Albrecht und Doktor Kranz hatten sich nach dem Essen mit Rotwein und ihren Pfeifen in die Bibliothek zurückgezogen. Am Ende des Korridors sah Marie einen Burschen die Kammerlauge der Herrschaft in einen Eimer gießen.
    Als sie vor Remigius’ Tür angekommen waren und sie nach dem Anklopfen eine gebührende Weile gewartet hatten, rief Marie: »Oheim! Ich bin es, Marie! Es gibt etwas Wichtiges!«
    Gedämpft vernahmen sie das Kreischen des Papageis, und endlich wurden die Riegel und Schlösser von innen geöffnet. Ein mürrischer Remigius lugte durch den Türspalt und beäugte misstrauisch den hochgewachsenen Fremden. Mit einem gichtigen Finger zeigte Remigius auf Ruben. »Was will der?«
    »Guten Morgen, Oheim. Darf ich Euch Ruben Sandracce vorstellen? Er hat den weiten Weg aus Prag unternommen, um mit Euch zu sprechen«, sagte Marie.
    Sofort wurde die Tür aufgezogen. »In welcher Angelegenheit wünscht Ihr mich zu sprechen?«
    Ruben musterte den alten Gelehrten, der in seinem bunten Mantel und mit den zerzausten weißen Haaren einen seltsamen Anblick bot. »Der selige Bernardus Sallovinus war mein Ziehvater.«
    »Was? Kommt mit! Marie, verriegelt die Tür hinter Euch!« Remigius schlurfte vor ihnen die Wendeltreppe hinauf und hieß sie in das erste Zimmer treten.
    Sollte Ruben die obskure Sammlung von Präparaten und exotischen Absonderlichkeiten anstößig finden, so ließ er es sich nicht anmerken. Marie kam mit Aras nach und öffnete die Ofentür, um das Feuer in Gang zu bringen, denn feuchte Kälte und modriger Gestank schlugen ihr unangenehm entgegen. Remigius von Kraiberg setzte sich in den einzigen Lehnstuhl des Raumes. »Wart Ihr es, der mich über Bernardus’ Tod unterrichtet hat?«
    »Ich habe mir die Freiheit genommen, da ich Euren Brief in Bernardus’ Wohnung fand.« Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte sich Ruben gegen den Tisch.
    »Was seid Ihr, ein zìgano ?«, fragte Remigius.
    »Wie kommt Ihr darauf?«
    »Der Brief. Das war kein reines Italienisch.«
    Ruben stieß sich vom Tisch ab und wanderte durch den Raum, wobei er einzelne Gegenstände näher betrachtete. »Südböhmisch, ein Erbe meiner Mutter, denke ich. Ich erinnere mich kaum an meine Eltern.« Vor dem Schrank, neben dem die eingewickelte Tafel stand, blieb er stehen. »Bernardus stand mir nahe, näher als je ein Mensch sonst, und ich will wissen, warum er ermordet wurde.«
    Erwartungsvoll sah Marie zu ihrem Onkel, der Ruben mit zusammengekniffenen Augen fixierte. Aras streckte sich vor dem Ofen aus.
    »Wie kommt Ihr darauf, dass ich Euch dabei helfen könnte? Ich bin ein alter Mann. Meine Tage sind gezählt, und ich bin schon lange nicht mehr am Hof. Mein Turm ist mein Refugium, meine Einsiedelei, und hier werde ich meine Seele dem Schöpfer übergeben. Oder der Teufel wird sie sich holen«, schloss Remigius dramatisch.
    »Ihr seid im Besitz einer Pietra-Dura-Tafel«, stellte Ruben unbeeindruckt fest und ignorierte Remigius’ theatralische Miene. »Kurz vor seinem Tod hat Bernardus mir vier Stiche gezeigt. Auf jedem war eine Tafel abgebildet. Ihr habt ihm diese Stiche geschickt und geschrieben, dass eine der Tafeln in Eurem Besitz ist.« Ruben legte wie zufällig eine Hand auf die Ecke der verhüllten Tafel, und Marie bemerkte, wie er dabei die Reaktion des Alten beobachtete.
    »An jenem Unglückstag wurde ich noch einmal in die

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