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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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lachten, während Wilhelm mühsam auf die Füße kam. Marie beobachtete, dass einer von Tulechows Lakaien das Geschehen genau verfolgte und gewiss eingegriffen hätte, wäre Georg nicht so geistesgegenwärtig gewesen. Tulechow war mittlerweile am Ende des Saales vor die Gesellschaft getreten, ein Gong wurde geschlagen, alle Augen richteten sich nach vorn, und das Stimmengemurmel verklang. »Herzlichen Dank Maestro Johannes und seinen Musikern, die uns heute Abend begleiten werden!«
    Drei Geiger, eine Harfenistin, zwei Flötenspieler und ein Lautenspieler saßen hinter Tulechow in einer Ecke. Vor ihnen war eine Art Bühne durch Vasen abgegrenzt worden. Verschiedene Theaterrequisiten und ein Vorhang deuteten auf eine Vorführung hin. Unter beifälligem Klatschen fuhr Tulechow fort: »Das Leben ist ernst genug und viel zu kurz, weshalb etwas Kurzweil das Gemüt erfreuen soll. Und wer könnte uns besser zum Lachen bringen als der treffliche Pantalone!«
    Ein Schauspieler mit Maske lugte hinter Tulechow durch den Vorhang, und die Leute klatschten und johlten begeistert. Als er mit dem Zeigefinger auf sich deutete, riefen sie: »Komm schon, Pantalone, zier dich nicht!«
    Marie nahm den Trubel um die Schauspieler, welche die Commedia dell’Arte repräsentierten, zwar wahr, hatte jedoch Mitleid mit Wilhelm Fistulator, der sich auf Georg stützte und betroffen auf den Boden starrte.
    »Wenn das der Alte erfährt, Himmel, was ist denn bloß in mich gefahren?«, murmelte Wilhelm und raufte sich die Haare. »Ich muss hier heraus!«
    Georg winkte einem Lakaien. »Marie, ich bin gleich wieder bei Euch. Schaut Euch die Truppe an, sie sind gut, aus Mailand.«
    Gemeinsam mit dem Diener schaffte Georg den unglücklichen Stuckateur aus dem Saal. Marie seufzte und ging weiter nach vorn, um eine bessere Sicht auf die Bühne zu haben. Die Schauspieler verstanden ihre Kunst und machten aus dem bekannten Stoff eine mit Witzen und Anspielungen auf den Adel und die Jesuiten gespickte Farce. Neben dem trotteligen Pantalone agierten der geschwätzige Gelehrte Dottore Graziano, ein gerissener Diener und der dumme Arlecchino. Ergänzt wurde das aufgekratzte Ensemble von einer hübschen Kurtisane namens Elisabetta, die ein junges Liebespaar zu verkuppeln versuchte und es dabei nicht lassen konnte, den Gelehrten und einen Jesuiten zu verführen.
    Marie lachte ausgelassen und fragte sich im nächsten Moment, ob die Schauspieler nicht etwas zu weit gingen mit ihren Scherzen über Gier und Verderbtheit von Adel und Geistlichkeit. Als Georg neben sie trat, flüsterte sie ihm ihre Bedenken zu.
    »Die Schauspieler haben Narrenfreiheit, zumindest, solange der Herzog nicht direkt verunglimpft wird. Aber natürlich würden sie so nicht bei Hofe spielen, das ist das Besondere an privaten Festen, da darf über Dinge gelacht und gesprochen werden, für die man sonst im Gefängnis landen würde«, antwortete Georg ebenso leise.
    Ein Diener trat auf die Bühne und reichte der Kurtisane einen mit riesigen Blüten bestickten Umhang. Der Mann war groß und muskulös, sein Gesicht weiß geschminkt, und er musterte wie nebenbei das Publikum. Als ihre Blicke sich trafen, erstarrte Marie und sah, dass er sie ebenfalls erkannt hatte. Ruben vergaß, einen Bühnenstuhl umzusetzen, und wurde dafür von der Kurtisane wütend angezischt. Marie konnte die Augen nicht von Ruben abwenden und hörte nicht, wie Georg sie ansprach. Erst als er ihre Hand drückte, reagierte sie.
    »Was ist denn mit Euch, Ihr starrt auf die Bühne wie ein hypnotisiertes Kaninchen. Bruder Anselm ist gekommen«, sagte Georg.
    Marie riss sich von der Theaterdarbietung los und lächelte Anselm an, der in seiner schwarzen Tracht neben Georg stand und im Gegensatz zu ihr kein Interesse an der Vorstellung zu haben schien. Plötzlich klatschten die Leute, die Musik setzte ein und die Vorstellung war zu Ende.
    »Oh nein, jetzt habe ich den Schluss verpasst!«, beschwerte sich Marie.
    »Wenn Ihr Euch so für das Theater begeistert, lade ich Euch gern zu einem von Drexels Stücken ein, die bei uns aufgeführt werden, die sind sehr viel erbaulicher und …«, erbot sich Anselm.
    »Danke, aber das hier hat mir sehr gefallen. Ob ich wohl mit den Schauspielern sprechen kann?« Sehnsüchtig glitt ihr Blick nach vorn, wo die Truppe bereits mit dem Abbau der kleinen Bühne beschäftigt war.
    »Na, wenn Ihr meint. Aber wartet, ich möchte Euch jemanden vorstellen, der vielleicht sogar unseren Oheim kennt. Ein

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