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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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Aufnahme noch nachher. Sie besaß mehrere qipaos , die sie gelegentlich bei Konzerten trug, aber nicht jenen auf dem Foto.«
    »Bekam sie später Schwierigkeiten deswegen?«
    »Davon weiß ich nichts. Kurz darauf brach die Kulturrevolution aus. Ihr Schwiegervater starb, und ihr Mann beging Selbstmord, was damals als schweres Vergehen gegen die Parteidisziplin galt. Sie wurde daraufhin als ›schwarze Angehörige eines Konterrevolutionärs‹ gebrandmarkt und aus der Villa ausgewiesen. Sie mußte in der Dachkammer über der Garage hausen, während das Haupthaus von einem Dutzend ›roter Familien‹ in Beschlag genommen wurde. Mei war übelsten Repressalien ausgesetzt.«
    »War das der Grund ihres tragischen Todes?«
    »Nun, was die genauen Umstände ihres Ablebens anbelangt«, sagte Xiang und nippte an seinem Tee, »mögen meine Erinnerungen nach so langer Zeit nicht mehr ganz zuverlässig sein.«
    »Das ist nur verständlich, es ist mehr als zwanzig Jahre her. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Alles, was Sie mir erzählen, wird überprüft«, sagte Chen und trank ebenfalls einen Schluck. »Sehen Sie sich das Bild an. Man fühlt sich unwillkürlich an das Sprichwort erinnert, dem zufolge das Schicksal einer Schönheit am seidenen Faden hängt. Es wird Zeit, daß etwas getan wird für sie.«
    Das überzeugte Xiang.
    »Ist es Ihnen wirklich ernst damit?« fragte er. »Die Polizei hätte längst etwas unternehmen müssen.«
    Chen nickte nur, er wollte sein Gegenüber nicht unterbrechen.
    »Haben Sie von den Kampagnen der Mao-Zedong-Gedanken-Arbeiterpropagandatrupps gehört und was sie an Schulen und Universitäten angerichtet haben?« Doch Xiang fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten. »Sie verkörperten in jenen Jahren die politische Korrektheit. Ein solcher Trupp kam auch ans Konservatorium und hat uns unter dem Vorwand, die Intellektuellen umzuerziehen, herumkommandiert. Ihren Anführer nannten wir heimlich den ›Genossen Revolutionäre Aktivität‹, weil er die ganze Zeit von seinen ›revolutionären Aktivitäten‹ faselte. Darunter verstand er das Schlagen, Kritisieren und Beschimpfen des sogenannten Klassenfeinds. Ihn mit diesem Spitznamen zu belegen war die einzig mögliche Form des Protests.«
    »Gegen wen waren seine ›revolutionären Aktivitäten‹ denn gerichtet?«
    »Nun, er hielt ständig ›politische Sitzungen‹ mit ihr ab. Man munkelte über diese Sitzungen hinter geschlossenen Türen, aber fairerweise muß gesagt sein, daß ich nie etwas Verdächtiges beobachtet habe. Die Gespräche dauerten nie lange und fanden nicht wirklich hinter geschlossenen Türen statt – zumindest nicht immer. Jedenfalls kuschte sie vor ihm wie eine Maus vor der Katze. Und versuchte tunlichst, seine Gegenwart zu meiden.«
    »Haben Sie ihr von den Gerüchten erzählt?«
    »Nein. Es wäre einem Verbrechen gleichgekommen, ein Mitglied der Arbeiterpropagandatrupps in dieser Weise zu verdächtigen«, entgegnete Xiang mit bitterem Lächeln. »Dann gab es diesen Vorfall. An ihrer Gartenmauer wurde ein mit Kreide geschriebener antirevolutionärer Slogan entdeckt. Damals wohnten bereits mehr als zehn Familien im Haupthaus, doch das Nachbarschaftskomitee sah darin einen Angriff auf die Partei, der nur von einem konterrevolutionären Mitglied ihrer Familie stammen konnte. Einer der Nachbarn wollte ihren Sohn mit Kreide in der Hand gesehen haben, ein anderer behauptete, sie hätte ihn dazu angestiftet. Daraufhin sprach das Komitee im Konservatorium vor, wo es vom Genossen Revolutionäre Aktivität empfangen wurde. Sie bildeten eine gemeinsame Untersuchungskommission und unterzogen den Jungen einer Isolationsbefragung, das heißt, sie sperrten ihn in ein Hinterzimmer des Nachbarschaftskomitees, bis er geständig war.«
    »Das geht zu weit«, empörte sich Chen. »Haben sie ihn während der Isolationshaft gefoltert?«
    »Ich weiß nicht, was genau sie mit ihm gemacht haben. Genosse Revolutionäre Aktivität verbrachte viel Zeit in dem Anwesen, er war täglich dort. Mei hatte man nämlich nicht isoliert. Sie kam weiterhin ins Konservatorium, wirkte aber sehr mitgenommen. Dann ist sie eines Nachmittags, einfach so, unbekleidet aus ihrer Dachkammer gerannt und die Treppe hinuntergestürzt. Sie starb noch am Unfallort. Manche sagten, sie sei verrückt geworden, andere meinten, sie habe ein Bad genommen und sei beim unerwarteten Auftauchen ihres Sohnes aus der Wanne gesprungen.«
    »Wurde ihr Sohn denn an jenem Tag

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