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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Bruder zu verstehen.
    So wie es Jan beinahe gleichgültig war, ob ihn die Schergen erwischten, schreckte auch ihn der Tod kaum noch, nachdem er die Liebe seines Herzens verloren hatte. Die gefangenen Gefährten aus dem Kerker zu befreien, dürfte kein allzu großes Risiko darstellen. Sobald das geschafft war, würde er sich darum kümmern, dass der neue Burgkommandant mit seinem Blut für die grausame Einnahme der Stadt zahlte. Wenn er dabei keinen Rückweg für sich einplanen musste, erhöhte das die Chancen, zum Ziel zu gelangen, beträchtlich.

Vorbereitungen
    A m nächsten Morgen verabschiedete sich Markus von den gerade erst wiedergefundenen Gefährten, um einen Erkundungsgang auf die Burg zu unternehmen. Die anderen hatten lange auf ihn eingeredet, um ihn davon abzuhalten. Doch er wollte die Befreiung der Geiseln nicht in Angriff nehmen, bevor er sich persönlich einen Eindruck von der Stärke der Burgbesatzung und möglichen Hindernissen für ihre Aktion verschafft hatte. Für den Fall, dass er erkannt und gefangen genommen oder getötet wurde, instruierte er sie genau, wo sie den Eingang zu Christians Pfad finden und wie sie Markgraf Friedrich eine Nachricht zukommen lassen konnten.
    Sie hatten verschiedene Verkleidungen diskutiert und verworfen. Jeder würde in dem muskulösen jungen Mann zuallererst einen Kämpfer vermuten.
    »Bevor ihnen dämmert, dass ich einst gegen sie gekämpft habe, sollen sie mich lieber für einen der Ihren halten«, entschied Markus die Debatte.
    So trug er an diesem Morgen die Kleidung eines der königlichen Besatzer, die seine Freunde zu Beginn ihres verborgenen Daseins jemandem abgenommen hatten, der nun vermutlich im neunten Kreis der Hölle für seine Missetaten schmorte. Den Wappenrock mit dem königlichen Adler und die Waffen hatten seine Gefährten zu ihrem Entsetzen mit drei Toten zu bezahlen, die als Geiseln hingerichtet worden waren.
    Der Vorbesitzer seiner Ausrüstung bekleidete einen mittleren Rang – ideal für seine Absichten. Die einfache Wachmannschaft würde ihn nicht für so hochrangig ansehen, um nachzugrübeln, wer er sei und warum sie ihn nicht kannten. Aber zweifelnde Blicke oder Fragen konnte er einfach mit ein paar Kommandos oder Beschimpfungen niederbrüllen.
    Wie er nun voll gerüstet durch die Vordertür des »Schwarzen Rosses« schritt, musste ihn jeder Passant für einen frühen oder späten Zecher halten – oder für jemanden, der gerade sein Fähnlein gesucht und zusammengeschrien hatte.
     
    An diesem Morgen herrschte schönstes Sommerwetter. Nun waren mehr Menschen unterwegs als am Nachmittag zuvor. Das erkannte Markus schon auf dem kurzen Weg bis zum Oberen Markt.
    Mägde hasteten oder schlenderten mit Körben zu den Ständen der Bäcker und Fleischhauer, um Einkäufe für ihre Herrschaften zu erledigen, manche in Begleitung der Hausfrau. Einige Käufer zog es in das obere Stockwerk des städtischen Kaufhauses, wo die Tucher, Kürschner und andere privilegierte Händler ihre Waren feilboten. Eine Gruppe Geistlicher lief zu St. Petri. Und auch am Brunnen auf dem Markt standen diesmal mehrere Frauen, um Wasser zu holen und dabei Neuigkeiten auszutauschen.
    Dennoch spürte Markus den Unterschied zu Freibergs früheren Tagen: Es fehlte das Lachen der Menschen, und er selbst wurde nun nicht als Fremder misstrauisch beäugt, sondern wegen des königlichen Symbols auf seinem Wappenrock gefürchtet. Kinder, die sonst wild umhersprangen und ihre Streiche trieben, machten einen großen Bogen um ihn und die anderen Bewaffneten.
    Während er den Marktplatz überquerte, erkannte er, dass die Frauen am Brunnen ängstlich erstarrten, weil ein paar Soldaten auf sie zuhielten.
    Er beschleunigte seine Schritte und ging geradewegs zum Brunnen, um eingreifen zu können, falls es nötig werden sollte. Die Männer riefen ein paar grobe Scherze und lachten, als die Frauen ihre Unterhaltung abbrachen und enger zusammenrückten. Einer der Bewaffneten griff die Jüngste am Arm und zog die ängstlich Widerstrebende an sich.
    Bevor sich die Lage weiter zuspitzen konnte, drängelte sich Markus durch die Menschentraube.
    »Gib mir zu trinken!«, befahl er schroff einer der Frauen. Erschrocken hielt sie ihm den gefüllten Eimer hin.
    »Und ihr da, habt ihr nichts zu tun?«, fuhr er die Soldaten an, die ihn verblüfft anstarrten. Einen Vorwurf hatten sie nicht erwartet; eher, dass er sich an ihren üblen Spielen beteiligte.
    »Los, bewegt euch auf eure Posten, aber

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