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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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dass er auf einem Hengst saß. Dennoch richtete er sich auf, so gut er konnte, und schwenkte wie verrückt die Arme, als das Tor in Sicht kam.
    »Eine Wette!«, brüllte er. »Wenn ich gewinne, teilen wir!«
    Es standen lediglich zwei Männer draußen, und die sahen durch den Regen nur das verrückte Hinkebein auf einem Gaul herumzappeln, hinter sich im Sattel einen königlichen Soldaten.
    »Wer weiß, was die Feuerlocke wieder ausgeheckt hat«, sagte einer grinsend. Sicher würde es ein Mordsspaß werden, die Geschichte erzählt zu bekommen. Ganz zu schweigen von der versprochenen Belohnung. Also ließen sie ihn passieren und winkten ihm noch nach.
    »Diese Tölpel!«, schrie Christian, außer sich vor Freude über den geglückten Streich, als sie schon fast eine Pfeilschussweite vom Tor entfernt waren.
    Beinahe im gleichen Augenblick hörte er etwas zischen und fühlte einen brennenden Schmerz am Kopf. Verwirrt legte er die Hand darauf, die sofort feucht wurde.
    »Duck dich, sie schießen auf uns«, keuchte Markus und trieb das Pferd noch schneller voran. »Sie sehen jetzt wohl, dass es auf der Burg brennt.«
    Christian wurde schwindlig, und hätte Markus ihn nicht weiter festgehalten, wäre er vom Pferd gestürzt.
    Niemand schien ihnen zu folgen.
    Sie galoppierten, vorbei am Judenviertel, in großem Bogen um die Stadt herum. Benommen von seiner Wunde und vom Blutverlust, wies Christian den Weg zu dem Versteck, das Marsilius und der Haberberger schon vor einiger Zeit ausgesucht hatten: ein halb verfallenes Huthaus in einer der entlegenen, lange verlassenen Gruben.
     
    Dort angekommen, sprang Christian vom Pferd und half Markus aus den Steigbügeln. Mit letzter Kraft führten sie das Tier in das Huthaus und ließen sich auf den vom Regen durchnässten Boden sinken.
    Schulter an Schulter lehnten sie an der hölzernen Wand.
    »Und ihr behauptet noch einmal, ich sei verrückt!«, stöhnte Markus.
    Er brauchte einige Zeit, um wieder zu Atem zu kommen; seine Arme und Beine zitterten von der Anstrengung nach der langen Haft, und der hämmernde Schmerz in seiner linken Hand verursachte ihm solche Übelkeit, dass er nicht wusste, wie lange er noch bei Bewusstsein bleiben würde.
    »Zeig mal deine Verletzung«, forderte er den Rotschopf auf. Der hatte den Handballen auf die Wunde gepresst, aber es sickerte immer noch Blut heraus.
    »Waren wir nicht toll?« Christian grinste matt. Er hatte inzwischen jede Farbe aus dem Gesicht verloren.
    »Du hast dir deinen Namen heute wirklich verdient«, lobte Markus. Mit der Rechten riss er mühsam einen Fetzen von seiner ohnehin zerrissenen Kleidung unter dem Wappenrock. »Drück das drauf.«
    Dann setzte er sich wieder hin und lehnte sich an die Wand. Seine letzten Kraftreserven waren verbraucht. Das Fieber glühte ihn innerlich aus, seine Hand schien loderndes Feuer. Sollte jetzt jemand kommen und ihn festnehmen wollen, würde er sich kaum widersetzen können. Waffen besaß er auch keine – ebenso wenig wie Christian, der für seinen Auftritt als Gaukler nicht mit dem Schwert an der Seite die Burg betreten konnte.
    »Wie entkommen Herrmann und Jan?«, fragte er voller Sorge. Beide mussten noch auf der nun verschlossenen Burg sein. Der Gedanke daran dämpfte die Freude über seine wiedergewonnene Freiheit.
    Christian, der wieder lebhafter wurde, seit kein Blut mehr aus seiner Wunde rann, wirkte nicht übermäßig besorgt. »Sie verstecken sich in einem der Geheimgänge, bis sich die Aufregung gelegt hat – notfalls ein paar Tage lang.«
    Dann lasst uns beten, dass sie heil da rauskommen, dachte Markus. Ich will nicht, dass sie mein Leben mit ihrem bezahlen.
    »Wir warten hier auf Marsilius«, plauderte der Rotschopf weiter. »Er bringt dir was zur Stärkung und zum Anziehen.«
    Marsilius.
    Allmählich erst sickerte dem jungen Hauptmann der Gedanke ins Bewusstsein, dass er frei war und Pläne für die Zukunft machen konnte, dass seine Zeit nicht mehr auf nur noch ein paar Tage bemessen war, sollte er lebend von hier fortkommen.
    »Änne!«, entschlüpfte ihm unwillkürlich.
    Er musste mit Marsilius reden, ihm klarmachen, dass er Änne mitnehmen würde.
    Christian unterbrach seine Überlegungen. »Sie lässt dir etwas ausrichten«, sagte er leise, und an seiner Stimme erkannte Markus, dass nun keine guten Nachrichten folgen würden.
    »Sie darf das Bett nicht verlassen, wenn sie das Kind nicht verlieren will«, flüsterte der Rotschopf beklommen. »Ich soll dir sagen, dass sie dich

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