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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Meister Jenzin bitten, dass ich dich heiraten darf«, sagte Wilhelm. Grenzenlos verblüfft, verharrte sie für einen Schritt.
    Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass er das vorhatte. Bis eben hatte sie in dem starken, bulligen Großknecht eher so etwas wie einen Vater und Beschützer gesehen. Doch er ließ ihr keine Gelegenheit für eine Entgegnung.
    »Dann können sie dich nicht mehr ganz so schlecht behandeln. Und wenn der Bursche so etwas noch einmal wagen sollte, gehen wir einfach fort. Ich finde auch anderswo Anstellung.«
    Änne erwiderte nichts vor Überraschung. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, mit Wilhelm verheiratet zu sein, auch wenn sie wusste, dass er ihr helfen wollte.
    »Immer vorausgesetzt, wir überleben die Belagerung«, wiederholte der Großknecht, als würde er ihr Schweigen nicht bemerken. »Jenzin und sein Weib haben sich in der Nacht beinahe bepisst vor Angst.«
    Ohne es zu wollen, musste Änne kichern.
    »Na ja, es war ja auch ganz schön schlimm«, brummte der Knecht. »Der arme Gürtler …«
    »Haben alle von seiner Familie überlebt?«, fragte das Mädchen besorgt.
    »Ja, das schon. Aber sie konnten nicht im Haus bleiben. Der Meister wollte sie nicht aufnehmen, deshalb mussten sie im Kloster um Hilfe bitten.«
    Wilhelm nahm ihren Arm, damit sie über die verkohlten Balken klettern konnte, die vor einem Haus den Weg durch die Burggasse versperrten. Eine Handvoll Zerlumpter sammelten Holzreste auf, um sich ein Feuer zum Wärmen machen zu können. Ein paar Schritte weiter waren zwei Männer damit beschäftigt, Löcher im Dach mit Brettern zuzunageln. Allem Anschein nach hatten sie dafür ein Bett auseinandergenommen.
    »Die beiden planen irgendwelche Heimlichkeiten«, berichtete Wilhelm mit gesenkter Stimme, während sie sich dem Burgtor näherten. »… der Meister und seine Frau. Sie haben den ganzen Morgen gestritten. Die Meisterin hat ihn als Schwächling beschimpft. Der Bürgermeister habe kein Recht, allein zu entscheiden, ob sich die Stadt ergibt oder nicht. Der Meister soll nun den Kramer, den Weinhändler und noch ein paar Ratsherren dazu bringen, dass sich der Rat gegen Nikol auflehnt. Wenn die Stadt nicht sofort kapituliert, müsse Nikol Weighart mit Gewalt aus dem Amt gedrängt werden. Und der Meister solle gefälligst einen Fluchtweg aus der Stadt suchen.«
    »Es gibt keinen«, meinte Änne verwundert. »Ich hab’s von der Burg aus gesehen. Rund um die Stadt lagern die Männer des Königs. Da kommt keine Maus durch, heißt es.«
    »Das wird sich zeigen«, brummte Wilhelm. »Ich verstehe nichts von Gesetzen. Aber eines weiß ich: Wenn der König jetzt schon die Stadt beschießen lässt, obwohl die Bedenkzeit noch gar nicht abgelaufen ist, dann will ich ihn lieber nicht hier wissen.«
    Sie waren nun vor dem stark bewachten Burgtor angekommen. Vorsichtig spähte Änne, ob dort jemand stand, den sie kannte und der sie beobachtete, am Ende vielleicht sogar Jan. Aber der war bestimmt am Peterstor oder hatte sich ein Plätzchen zum Schlafen gesucht. Oder er sah anderen Mädchen hinterher; vielleicht Sibylla.
    »Da wären wir. Gott schütze dich. Wenn das vorbei ist, heiraten wir. Abgemacht?«
    Wilhelm sah sie erwartungsvoll an.
    Bin ich jetzt verlobt?, fragte sich Änne. Sie konnte sich wirklich nicht vorstellen, die Frau des Großknechts zu werden, wenn das alles vorbei war. Aber was hatte sie zu verlieren? Wer weiß, ob sie überhaupt die nächste Nacht überlebte. Entweder sie würde sterben oder von Jenzin und seinem Neffen zuschanden gemacht.
    Sie zuckte mit den Schultern und sah ehrliche Freude auf Wilhelms gutmütigem Gesicht.

Der zweite Angriff
    D as feindliche Heer hatte die Stadt nun vollkommen umschlossen. Der hügeligen Landschaft folgend, lag es wie ein schwarzer Ring um Freiberg.
    Der Tag war schon reichlich vorangeschritten, der Himmel verhangen, aber bis zur Dämmerung blieb noch ein wenig Zeit.
    Vom Wehrturm aus schaute Ulrich von Maltitz hinab auf das feindliche Lager. Das Zelt des Königs – an seiner Größe, den Farben und dem Wappen zu erkennen – war direkt gegenüber der Burg errichtet, doch in zu großem Abstand, um von Pfeilen oder Armbrustbolzen getroffen zu werden.
    »Er will uns herausfordern, der Bastard«, stieß Reinhard von Hersfeld zwischen den Zähnen vor, der gemeinsam mit Niklas von Haubitz neben ihm stand. Zu Reinhards engsten Freunden hatte der Falkensteiner gezählt; er würde Rache für dessen Tod in Altenburg

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