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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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helfen würde? Ob sie ihn darum bitten sollte, jetzt gleich?
    Doch bevor sie fragen konnte, sprach er schon weiter.
    »Ja, wer von uns den morgigen Tag überlebt, sieht besser zu, dass er Freiberg für eine Weile den Rücken kehrt.«
    Dann
muss
ich Wilhelm heiraten, dachte Änne bekümmert. Allein kann ich in der Fremde nicht bestehen.
    Markus’ nächste Worte überraschten sie so sehr, dass sie ihm ungläubig ins Gesicht starrte.
    »Soll sich der Großknecht eine Magd nehmen und dein Vormund zusehen, wie er ohne dich zurechtkommt. Lass uns zusammen fortgehen und heiraten!«
    »Ja, ins Feenland, und da gibt es alle Tage Gebratenes und Gesottenes«, antwortete Änne gereizt. Widerworte waren überhaupt nicht ihre Art, aber sie fühlte sich zutiefst getroffen, weil er auf ihre Kosten solche Scherze machte.
    Sie hatte Markus immer nur verstohlen aus der Ferne beobachtet und bis vor ein paar Tagen kaum ein Wort mit ihm zu wechseln gewagt. Wenn nicht einmal Jan sich für sie interessiert hatte, wie sollte es erst sein älterer Bruder, der von allen Mädchen – und heimlich auch von ihr – bewunderte Hauptmann der Wache?!
    »Ich meine es ernst«, sagte er. »Ich mag dich. Sehr sogar.«
    Erneut schoss ihr das Blut ins Gesicht, und schon wieder wäre sie am liebsten im Erdboden versunken.
    »Ich hätte gern in aller Form um dich geworben«, meinte er lächelnd. »Doch dann dachte ich mir: Tu es lieber jetzt und hier auf Freiheitsstein, da kann sie dir nicht weglaufen.«
    Er sah in ihre grünen Augen, die ihn fasziniert hatten, seit sie auf die Burg gekommen war, um dem Feldscher zu helfen. Dann legte er ihr die Hand um den Nacken, zog sie behutsam an sich und küsste sie.
    Nach einem ersten Moment voller Verblüffung, Verlegenheit und Scham fühlte sie eine Welle von Glück in sich aufsteigen. Schüchtern erwiderte sie seinen Kuss.
    »Ich würde dich am liebsten auf der Stelle heiraten. Aber der Kaplan nimmt immer noch die Beichte ab«, flüsterte er.
    Zärtlich strich er über ihre Wange, dann bat er mit einem Blick um ihre Zustimmung und schob das Tuch einen Fingerbreit zurück. Es kam noch genug Helligkeit von draußen, damit er das Rotblond erkennen konnte.
    »Wette gewonnen! Ich war der Einzige, der auf Kupfergold gesetzt hat. Wegen deiner grünen Augen.«
    Sie fuhr zurück und entzog ihm mit einem Ruck ihre Hände.
    »Das alles nur wegen einer
Wette
?!«, fuhr sie ihn an. Tränen der Enttäuschung stiegen in ihr auf. »So etwas Gemeines hätte ich von
dir
nicht erwartet!«
    Sie wusste, dass viele der Männer in dieser Nacht versuchten, Trost in den Armen einer Frau zu finden. Doch sie hätte nie vermutet, dass ausgerechnet Markus deshalb zu ihr käme – und dann noch mit solch einer Hinterlist …
    Hastig stand sie auf und wollte fortlaufen. Doch er griff nach ihren Händen und zog sie wieder zu sich.
    »Nein!«, beteuerte er. »Nicht wegen der Wette. Glaub mir!«
    Nun wirkte er ungewohnt verlegen.
    »Ich meine es ernst mit der Heirat.«
    Mehr oder weniger unfreiwillig setzte sie sich wieder hin und wartete. Seine Hände hielten ihre immer noch umklammert.
    »Ich konnte meinem Bruder vieles nicht mehr sagen, das ich ihm eigentlich schon längst hätte sagen wollen«, begann er nach einigem Zögern. »Zum Beispiel, wie viel er mir bedeutet. Dass ich auf ihn stolz bin, auch wenn Stolz eine Sünde ist. Und dass es kein Fehler war, dich auf die Burg zu holen. Anfangs glaubte ich, du würdest es hier vor Angst nicht aushalten und uns nur im Wege stehen. Ich habe dich falsch eingeschätzt. Du bist der großherzigste Mensch, den ich kenne. Du hast so vielen meiner Männer geholfen und warst dabei mutiger als mancher, der zwei Köpfe größer ist als du.«
    »Sibyllas Verdienst«, murmelte sie abwehrend.
    Doch Markus tat ihren Einwurf mit einem Kopfschütteln ab.
    »Du warst es, der dort oben auf dem Wehrgang während des Angriffs die Wunde des Burgkommandanten ausbrannte. Und jemandem ein Bein oder einen Arm abzunehmen, damit er überlebt, sich zu den Sterbenden zu setzen, damit sie in diesem schweren Moment nicht allein sind – ist das
nicht
mutig?«
    Er holte tief Luft und hatte das Gefühl, noch nie in seinem Leben so viel geredet zu haben.
    »Ich konnte Jan nicht mehr sagen, was wichtig war. Aber – Gott sei mein Zeuge! – das passiert mir nicht noch einmal. Ganz gleich, was morgen passiert:
Dir
musste ich
heute
noch sagen, wie viel du mir bedeutest.«
    Er zog das angesengte Tuch über ihrem Haar wieder

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