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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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versteckt.
    »Ich gehe nicht zurück zu meinem Vormund«, antwortete sie fest. »Markus und ich verlassen Freiberg.«
    »
Ich
verlasse Freiberg heute noch«, korrigierte Markus sie.
    Änne erstarrte und sah ihn fassungslos an. Wollte er sie nicht mehr, nun, da die Männer sie verunstaltet hatten? Oder war sein Heiratsplan doch nur ein flüchtiger Gedanke gewesen angesichts einer ungewissen Zukunft?
    »Sehr vernünftig, das Mädchen hierzulassen«, knurrte Marsilius, während er dem einstigen Hauptmann der Wache einen Verband anlegte. »Und sehr
unvernünftig
, heute selbst noch irgendwohin zu wollen, junger Mann!«
    »Ich weiß, was Ihr hier tut, Meister Conrad«, erwiderte Markus. »Und ich kann Euch nicht noch mehr in Gefahr bringen, Euch und Änne und meine Männer, die Ihr hier versteckt.«
    Der Stadtphysicus gab einen undefinierbaren Laut von sich.
    »Könnt Ihr Änne bei Euch aufnehmen? Sie wird Euch bei der Arbeit und im Haus helfen.«
    Zum ersten Mal in ihrem Leben erhob Änne Einspruch.
    »Mich fragst du erst gar nicht, ob ich nicht doch mit dir kommen will?« Vorwurfsvoll und enttäuscht sah sie Markus an.
    »Das geht nun nicht mehr«, erklärte er ruhig. »Ich bin auf der Flucht, das stehst du nicht durch.«
    Dies war nicht der wahre Grund. Schließlich hatte er selbst miterlebt, was sie unter schlimmsten Bedingungen zu leisten vermochte. Doch wenn er unterwegs an seiner Verletzung starb, würde er sie allein auf der Straße zurücklassen, und das wäre ihr Tod.
    »Ich werde versuchen, mich Markgraf Friedrichs Männern anzuschließen. Er wird früher oder später wieder Kämpfer um sich scharen.«
    Trotz seiner Schmerzen nahm er sie bei den Armen und sah ihr in die Augen. »Ich komme zurück und hol dich, ich versprech’s!«
    Dann fragte er den Stadtphysicus. »Meister Marsilius, kann ich Euch meine Braut anvertrauen?«
    »Geh mit Gott, mein Junge«, sagte der Arzt mit ungewohnter Wärme in seiner Stimme. »Und komm gesund wieder! Ich behüte das Mädchen derweil, so gut ich es vermag.«
    Als er sah, dass Änne Tränen in die Augen schossen, nachdem Markus die Tür hinter sich geschlossen hatte, fand er sofort zu seiner alten Knurrigkeit zurück. »Nun fang ja nicht an zu heulen!«
    »Ich weiß ja nicht einmal, ob er es lebend aus der Stadt hinausschafft«, klagte sie. »Die Tore sind bestimmt gut bewacht.«
    »Sind sie nicht«, entgegnete der Arzt zu ihrer Verblüffung. »Sie fühlen sich in ihrer Überzahl sicher. Sie saufen und glauben, nun wagt es keiner mehr, dem König den Gehorsam zu verweigern oder sich gegen ihn aufzulehnen. Die Leute fürchten sie wie den Leibhaftigen höchstpersönlich. Wir werden uns alle an das Leben in einer besetzten Stadt gewöhnen müssen.«
    Er sah den blutigen Fleck, der auf ihrem Kopftuch immer größer wurde, und löste zu Ännes Scham vorsichtig das festgeklebte Tuch. An ein paar Stellen hatte der Schwarzbärtige mit dem Dolch ihre Kopfhaut verletzt.
    Conrad Marsilius gab sich größte Mühe, seine Gesichtszüge zu beherrschen, als er den Schaden begutachtete.
    »Er kommt wieder«, brummte er, während er vorsichtig das Blut abtupfte. »Glaube das mir altem Mann. Wenn es sonst keiner schafft – der schon.«
     
    Rasch trieben Friedrichs Ritter ihre Pferde durch die Nacht. Sie hatten es nicht nur eilig, ihren Lehnsherrn zu treffen, sie mussten auch außer Reichweite des königlichen Heeres sein, bevor jemand bemerkte, dass sie sich durch Christians List ihre Schwerter aus der Waffenkammer der Burg geholt hatten.
    Das Lachen über den Streich des rothaarigen Burschen, von dem jeder hoffte, dass er schlau genug war, um trotz seiner Tollkühnheit in der besetzten Stadt zu überleben, hellte gelegentlich die Düsterkeit auf, die jeden von ihnen beherrschte.
    »Halte dich gut fest!«, rief Ulrich von Maltitz Sibylla zu, die hinter ihm im Sattel saß und ihn umklammerte. »Das wird ein steiniger Weg.«

[home]
    ZWEITER TEIL
    Die dunklen Jahre
    1 . Juni 1297 , einige Meilen vor Prag
    W ir rasten hier!«
    Heinrich von Görz-Tirol, Herzog von Kärnten, gab seinem Marschall ein Zeichen, und dieser ritt an die Spitze der fürstlichen Gesandtschaft, um den Befehl weiterzugeben. Mit einiger Verzögerung kam die prachtvolle Kolonne zum Stehen. Die Reiter saßen ab, die Knappen rannten herbei, um den Rittern und Damen die Pferde abzunehmen, und der Küchenmeister des Herzogs begann, ein paar Diener hin und her zu scheuchen, damit in aller Eile eine Zwischenmahlzeit gereicht

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