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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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in den Magen traf.
    Damals wie heute war er sich sicher, dass dies nicht der wahre Grund gewesen sein konnte.
    Er glaubte auch nicht, dass sie ihn verlassen hatte, weil es ihr zu schwer gefallen war, ihr Versprechen einzulösen. Je öfter sie beieinanderlagen, desto größer wurde die Innigkeit und Vertrautheit, die sie miteinander verband. Eine Innigkeit, die jedes Mal erst dann jäh endete, wenn sie sein Bett verließ und die Standesschranken sie erneut trennten.
    So leidenschaftlich hatte ihn noch keine Frau geliebt, so sehr hatte ihn noch keine fasziniert, weder die flüchtigen Liebschaften aus jungen Jahren noch seine Gemahlin, die er auf Wunsch von Friedrichs Großvater geheiratet hatte, ohne dass sie etwas füreinander empfanden. Er hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen und auch nicht vermisst.
    Einfach aufgrund seines Ranges von Sibylla zu verlangen, dass sie blieb, brachte er aus Stolz nicht über sich. Also hatte er schweren Herzens Ausschau nach einer Gauklertruppe gehalten, die ihm groß und wehrhaft genug schien, damit Sibylla sich ihr anschließen konnte, und ihr alles Geld aufgenötigt, das er mit sich führte.
    »Für den Notfall«, hatte er gesagt, und ein Blick in ihre dunklen Augen sagte ihm, dass sie verstand, was er damit meinte: Falls du es dir anders überlegst und mir doch noch an den Hof des Herzogs von Kärnten folgst.
     
    Eine der Hofdamen aus dem Gefolge der Herzogin, eine lebenslustige junge Witwe, riss Ulrich aus den Gedanken, als sie mit einem allzu durchsichtigen Manöver gegen seine linke Schulter stolperte. Er stützte sie am Arm, murmelte eine höfische Floskel und blickte sofort wieder starr geradeaus in die Richtung, wo Friedrich und Heinrich von Kärnten es sich bequem machten.
    »Schaut nicht so finster, Maltitz«, versuchte sie hartnäckig, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, und sah ihn mit strahlendem Lächeln an. »Der Tag ist schön …«
    Nun kam sie näher und flüsterte ihm ins Ohr: »Und ich könnte ihn Euch noch mehr verschönern.«
    Er spürte ihren warmen Atem; eine blonde Strähne, die sich unter ihrem Gebende gelöst hatte, kitzelte seine Wange.
    Ungehalten rückte er ab. Er hatte kein Interesse an ihr, auch wenn sie sich sehr offensichtlich darum bemühte.
    Wie sollte er angesichts der Greuel von Freiberg und eines solch maßlosen Verrats das Gekicher und Geplapper dieser albernen Hofdamen ertragen, deren Inbegriff von Unglück es war, wenn das neue Kleid beim Reiten zerknitterte oder eine andere die Zöpfe schöner geflochten trug?
    »Verzeiht, Schönste, aber ich habe meine Pflicht zu tun«, entgegnete er schroff und wandte der Blonden den Rücken zu.
    Täuschte er sich, oder schlich da jemand durch das Gebüsch?
    Er rannte los und schaffte es gerade noch, die Gestalt zu packen und herauszuzerren, die ihm entwischen wollte.
    »Halt still, oder ich schneide dir die Kehle durch!«, brüllte er wutentbrannt, während er seinen Gefangenen in die Knie zwang und ihm den Dolch an den Hals drückte. »Wer hat dich geschickt?«
    Sein wilder Aufschrei alarmierte die gesamte Reisegesellschaft. Ein paar Damen kreischten erschrocken, Heinrichs Leibwachen kamen herbeigestürzt, um den unbekannten Attentäter zu greifen.
    Doch Markus war schneller.
    »Lasst ihn!«, redete er leise auf Ulrich ein, während er ihm beschwichtigend eine Hand auf den Arm legte. »Es ist nur ein Bauer, der fürchtet, dass die Pferde seine Saat zerstören.«
    Der Schleier vor Ulrichs Augen löste sich langsam auf. Nun erst betrachtete er seinen Gefangenen näher, nahm das Messer von der Kehle des Fremden und ließ ihn los.
    Die Hände über dem Kopf zusammenschlagend, sank der in Lumpen gehüllte, zahnlose Mann vor ihm in den Staub und hörte nicht auf, hastig und stoßweise in seiner Sprache auf ihn einzureden.
    Seiner Mimik entnahm Ulrich, dass er um Gnade bat. Tränen rannen dem Verzweifelten über die eingefallenen Wangen.
    Markus hatte wohl recht, das war kein gedungener Mörder, sondern ein Bauer oder Leibeigener; davon kündeten auch die schwieligen, mit Erdkrumen behafteten leeren Hände. Ein Blick zur Seite verriet ihm, dass die Pferde der Reisegesellschaft tatsächlich die Pflanzen auf dem schmalen Feld neben ihrem Lagerplatz mit den Hufen zu zertreten drohten.
    »Steh auf!«, brummte er und gab den Leibwachen Entwarnung. »Ein Missverständnis.«
    Beruhigend sprach Markus auf den Fremden in dessen Sprache ein. Unter vielen Verbeugungen wand sich der Zerlumpte hoch und wollte

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