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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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schließen, dass Sie jemand ganz Bestimmten im Verdacht haben, wenn nicht gar beschuldigen.«
    »Und was geht Sie das an?«
    Leon ignorierte die berechtigte Frage. »Wen haben Sie gemeint, als Sie sagten: Schon in dem Moment, in dem sie hier angekommen ist, seid ihr entschlossen gewesen, sie wieder loszuwerden?«
    »Alle.« Er sah wieder zur Tür. Erwartete er Hilfe von seiner Frau? Oder die Erlaubnis, sprechen zu dürfen?
    »Wen genau meinen Sie mit alle?«, fragte Leon. »Bradleys Töchter?«
    »Die ganze verdammte Bagage«, wiederholte Julien Bresson trotzig. »Sie haben meine Mutter von Grund auf abgelehnt.«
    Leon dachte daran, wie Ginny Marquette Jacqueline Bressons Ankunft beschrieben hatte. Als ob etwas, das schon angeknackst war, endgültig zerbrochen wäre ...
    »Warum haben sie sie abgelehnt?«
    Julien Bresson blickte seinen ungebetenen Gast an. Aber nur ganz kurz. Dann sah er wieder weg. Auf den Boden. »Weil sie im Weg war. Was weiß denn ich.«
    »Wem im Weg?«
    Er antwortete nicht. »Sie haben sie wie ein Stück Scheiße behandelt«, sagte er stattdessen, und um seinen Mund erschien ein harter, bitterer Zug. »Sie war ganz heil, als sie hier ankam. Aber als sie starb, war sie ein Wrack.«
    Leon beobachtete sein Gesicht. Unter der weißen Haut spielten die Muskeln.
    »Dabei hat sie gedacht, sie lande geradewegs im Paradies.« Sein Lachen klang höhnisch. »Ein hübsches Haus mit einem adretten, weißen Zaun drum herum und Gesellschaftenjeden Samstag, Sie wissen schon. Aber er hat sie wie Dreck behandelt. Nicht mal 'n paar Blumen zum Hochzeitstag hat er ihr gekauft, der alte Geizkragen.« Er zog die Nase hoch und starrte vor sich hin. »Vergammelte Lebensmittel hat er uns fressen lassen. Und das Wasser, mit dem sie sein fauliges Gemüse gewaschen hat, musste sie anschließend in den Garten tragen, zum Blumengießen.« Sein Kopfschütteln war eine Mischung aus Hass und Fassungslosigkeit. »Geld wie Rockefeller, aber schlimmer als Dagobert Duck.« Er schleuderte das Zaumzeug, an dem er gearbeitet hatte, zu Boden. »Nur für seine unbegabte Tochter ließ er mal eben 'n paar tausend Pfund springen.«
    Leon wurde sofort hellhörig. »Wovon sprechen Sie?«
    Julien Bressons Kopf schnellte hoch, und auf einmal lag Angriffslust in seinem Blick. »Ich spreche von der Ausstellung, die er ihr schenken wollte. Zum Geburtstag.«
    »Sie meinen Mia?«
    »Natürlich hat er 'n Riesengeheimnis darum gemacht«, fuhr Julien Bresson fort, ohne auf Leons Rückfrage einzugehen. »Damit auch ja keiner denkt, es sei vielleicht doch was zu holen bei ihm. Aber meine Mutter ist ihm trotzdem auf die Schliche gekommen.« Die Worte sprudelten zwischen seinen bleichen Lippen hervor und Leon überlegte, wie lange Julien Bresson auf eine solche Gelegenheit gewartet haben mochte. Auf die Gelegenheit zu sprechen. Genau wie Mia, dachte er. Wenn die beiden wüssten, wie ähnlich sie einander sind, würden sie vermutlich kotzen. »Ein paar tausend Pfund sollte diese Scheiße kosten. Die schüttelte er eben mal aus'm Handgelenk. Aber meiner Mutter hat er nicht mal 'n paar Blumen zum Hochzeitstag geschenkt.«
    Lag hier die Erklärung für das Geld in Nicholas Bradleys Sekretär?
    »Und wie hat Ihre Mutter von der Sache erfahren?«
    »Sie hat den Kostenvoranschlag gefunden. Von so 'ner Scheißgalerie, drüben in Frankreich.« Er begann zu lachen. Ein müdes, sehr verlorenes Lachen. »Dabei hatte sie nicht einen Funken Talent.«
    »Erinnern Sie sich noch, wann das war?«, fragte Leon.
    »Kurz bevor sie ihn kaltgemacht haben«, antwortete Julien Bresson genüsslich. »Das debile Dummchen hat im September Geburtstag, und es sollte ja ein Geschenk sein.«
    »Haben Sie der Polizei davon erzählt?« Er hob den Blick. »Nein.«
    »Wieso nicht?«
    »Hat mich niemand nach gefragt.«
    Leon nickte nur. So simpel, dachte er. Und es passte alles: Nicholas Bradley hatte sich im Rahmen seiner Möglichkeiten sehr um seine jüngere Tochter bemüht. Nicht nur Ginny Marquette, auch Bernadette Labraque hatten sich über die Nachsicht gewundert, die er Mia stets entgegengebracht hatte. Und dabei hat er nur ihr Talent erkannt, dachte Leon. Als Einziger in ihrer Umgebung hatte er ihr Talent erkannt. Und ihr ein Atelier eingerichtet. Er hatte sogar vor, ihr eine Ausstellung zu finanzieren. Seine Augen wanderten von Julien Bressons Füßen aufwärts. Warum hätte sie ihn umbringen sollen?, dachte er. Sie wollte ja noch nicht einmal auf dem Festland studieren ...
    Kunst

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